Ehemalige und aktuelle Studierende der SHL Schweizerischen Hotelfachschule Luzern geben Einblick in ihre Karrieren.
Hotels üben eine magische Faszination aus. Darin zu arbeiten, ist ein harter Job. Was fasziniert Sie an der Hotellerie und Gastronomie?
Stefanie Gilgen: Ich bin in die Branche hineingerutscht, wollte ein paar Monate Geld verdienen. Während meiner ersten Saison gefiel mir jedoch der Kontakt zu den Gästen und deren Wertschätzung bei unerwarteten Überraschungen. Da habe ich mich für ein Studium an der SHL entschieden.
Peter Caprez: In Davos, wo ich aufgewachsen bin, gibt es ja einige Hotels. Als Bub zogen die mich magisch an. Ich durfte aber nicht hinein. Die Hotels waren für die «Mehrbesseren» reserviert. Nach der Schule machte ich eine Banklehre. Danach arbeitete ich als Praktikant in Hotels bis ich an die Hotelfachschule gehen konnte. Das war mein Traum.
Christa Augsburger: Schon als Kind waren Hotels für mich eine eigene Welt. Ich habe ein Studium begonnen, das mir dann nicht so gefallen hat und kam eher per Zufall in die Hotellerie. Ganz besonders gefiel mir der Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen.
Mit welchem Ziel haben Sie das Studium begonnen?
Peter Caprez: Mein Ziel war, Direktor zu werden. Dazu brauchte ich eine fundierte Ausbildung. Mein Vater wollte aber nicht, dass ich nur studiere. Das praxisbezogene Angebot der SHL überzeugte ihn und so meldete ich mich an. Ich musste aufgrund der langen Warteliste aber noch eine Weile Geduld haben. Die Bedingung meines Vaters war, dass ich das Zimmer in Luzern bezahle und er das Schulgeld übernimmt. Von meinem Lohn musste ich meinem Vater später die Hälfte des Schulgeldes zurückzahlen.
Eine Wartezeit gibt es heute übrigens immer noch. Stefanie Gilgen, hatten Sie übergeordnete Ziele?
Stefanie Gilgen: Ja. Mir wurde klar, dass ich eine fundierte Ausbildung brauche, um in der Branche weiterzukommen. Ich will Verantwortung übernehmen, Mitarbeitende motivieren und vieles anders machen als ehemalige Vorgesetzte.
Wie die Hotellerie hat sich auch die SHL verändert. Was ist Ihnen in Erinnerung geblieben?
Peter Caprez: Ich konnte den Administrationskurs auslassen, weil ich ein Handelsdiplom hatte. Der Koch- und Servicekurs wurden im alten Hotel Montana unterrichtet. Die Lehrer Sommer und Casanova waren streng, und wir Studenten hatten ein bisschen Angst vor ihnen. Wie die Arbeit in den Hotels war auch der Schulbetrieb hierarchisch geregelt.
Christa Augsburger: Ich war in der letzten Klasse unter Küchenchef Casanova und eine der ersten Studierenden unter dem neuen Direktor Kurt Imhof. Ich habe die alte Schule und den Wandel miterlebt. Höhepunkte waren die Verknüpfung von Theorie und Praxis genauso wie die intensive Arbeit und die ausgelassenen Feste unter den Studierenden.
Welche Erinnerungen werden Sie mitnehmen?
Stefanie Gilgen: Ich kann nur bestätigen, dass die Semester streng sind. Vor allem jetzt in der Endphase vor den Prüfungen. Höhepunkte waren ganz sicher die Ausflüge nach Salez, wo wir ein Schwein geschlachtet haben, die Besuche bei Winzern und der Mystery Check in einem Hotel, bei dem wir uns schon ein bisschen wichtig vorkamen. In Erinnerung bleiben sicher auch die zahlreichen Kolleginnen und Kollegen.
Die vielbeschworenen SHL-Seilschaften. Pflegen Sie noch Kontakte zu Studienkolleginnen und -kollegen?
Peter Caprez: Damals war ich nicht in einer Stammklasse. Als ich ins Ausland ging, sind viele Kontakte im Sand verlaufen. Es ist aber schon so, dass viele gute Stellen über persönliche Beziehungen vergeben werden. In Asien sprach man diesbezüglich lange Zeit von der «Schweizer Mafia».
Christa Augsburger: Ich habe nach wie vor Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich ein paar einprägsame Semester verbrachte. Zahlreiche Kontakte konnte ich wieder aufleben lassen, als ich als Direktorin an die SHL zurückkehrte. Daraus entstanden wertvolle Freundschaften.
Sie kennen den heutigen Stundenplan. In welchen Fächern hätten Sie sich gerne weitergebildet?
Christa Augsburger: In den Finanzen und dem Marketing waren wir gut aufgestellt. Und wir hatten schnelle Beine und flinke Hände. Was mich in der Hotellerie immer wieder fasziniert, ist der zwischenmenschliche Austausch. Darauf wurden wir als Führungspersonen damals viel zu wenig vorbereitet. Das ist heute anders. Sozialkompetenz, der Umgang mit Gästen und Mitarbeitern, ist uns sehr wichtig.
Wenn Sie noch einmal zurück an die SHL könnten, welches Fach würden Sie sich wünschen?
Peter Caprez: Wir waren top ausgebildet und hatten das Rüstzeug, um ein Hotel zu führen. Doch damals schauten wir kaum über die Grenzen. Geopolitik, die unser Geschäft beeinflusst, internationale Märkte oder Hotelketten waren nur am Rande ein Thema. Auch Fallbeispiele und Studien gab es damals noch nicht.
Stefanie Gilgen: Das ist heute anders. Wir stecken mitten in der Projektarbeit, in die wir unsere Erfahrungen einbringen können. Letztes Jahr haben wir immer wieder internationale Fälle durch- genommen und diskutiert, was wir täten, wenn dies oder jenes eintreffen würde.
Jetzt passiert gerade viel. Hat Corona Ihre Erwartungen verändert?
Stefanie Gilgen: Ja, es hat sich definitiv etwas verändert. Ich hab immer gedacht, wenn ich die Schule fertig habe, stehen mir alle Türen offen. Dem ist nun nicht so. Deshalb bin ich offen für alles. Auch für Jobangebote aus anderen Branchen als der Hotellerie. Denn auf die Wintersaison wird es nicht jede Menge Stellen zu besetzen geben.
Wo sehen Sie Ihre Zukunft?
Stefanie Gilgen: Am liebsten würde ich in der Salesabteilung eines Luxushotels arbeiten. Es ist eine spannende Aufgabe, den Kunden ein tolles Produkt präsentieren zu können und Gäste für einen Aufenthalt oder ein Event zu begeistern.
Was würden Sie Stefanie Gilgen mit auf den Weg geben?
Peter Caprez: Stefanies Plan ist gut. Sales Manager haben heute gute Chancen auf General-Manager-Posten. Der Verkauf ist in den Augen zahlreicher Hotelbesitzer ein zentraler Punkt. Wer eine internationale Karriere anstrebt, sollte sich bei einer Kette wie Marriott in der Schweiz oder Europa bewerben.
Welchen Einfluss hat Corona auf Ihr Geschäft?
Peter Caprez: Seit April dieses Jahres einen verheerenden. Ich musste Hunderte Mitarbeiter entlassen. Auch rechne ich damit, dass wir im Tourismus erst 2024 wieder einigermassen normale Verhältnisse haben werden. Dies jedoch auf einem viel tieferen Niveau. Einiges wird sich grundlegend ändern. Globale Tiefschläge und Höhepunkte gab es in der 111-jährigen SHL-Geschichte sicher einige: zwei Weltkriege, Wirtschafts-, Öl- und Finanzkrise, aber auch die Golden Twenties, das Aufkommen des Massentourismus, die Globalisierung und Hotelketten.
Wie hat sich die SHL angepasst und immer wieder neue Visionen entwickelt?
Christa Augsburger: Wenn ich an der SHL Gäste empfange, sagen diese immer, dass sie hier eine spezielle Atmosphäre wahrnehmen. Wir nennen dies den SHL-Spirit. Das beginnt beim Stiftungsrat, der uns sehr viel Spielraum lässt. Wir haben in der Schulleitung eine flache Hierarchie. Auch sind die Mitarbeitenden und Dozierenden ein eingeschworenes Team. Nicht zuletzt haben wir die Narrenfreiheit, schnell zu reagieren und manchmal auch unkonventionell Neues auszuprobieren.
(Nicole Martin/Gabriel Tinguely)
Einen Podcast dazu gibt es auf shl.ch.