Im Frühling verlor Luzern mit Oscar de Matos einen Spitzenkoch. Nun hat das «Maihöfli» einen neuen Küchenchef, der das Niveau hochhalten wird.
Robert Steuris erstes Praktikum in einer Restaurantküche war vor allem eines: langweilig. Der Küchenchef liess ihn den ganzen Tag lang Spargeln schälen, die Sauce hollandaise war für den damals 13-Jährigen tabu. «Eine Woche später holte ich beim regionalen Bauern Spargeln und bereitete aus Trotz Spargeln mit Sauce hollandaise für meine Eltern zu», erinnert sich der gebürtige Frankfurter. Der erste Baustein für die Kochkarriere war gelegt.
Nach verschiedenen Stationen in Deutschland kam Steuri 2016 für eine Saison ins Grand Hotel Giessbach in Brienz/BE. «Dort habe ich gelernt, was man aus einem Produkt alles machen kann, ohne dabei die Vielfalt an Geschmäcken und Texturen auf dem Teller zu vergessen. Das hat unglaublichen Spass gemacht und mir den Ärmel reingezogen.» Es folgten weitere Stationen im Kanton Bern: das Hotel Eden Spiez und das Boutiquehotel Glacier in Grindelwald. Dort war er zuletzt als Küchenchef tätig und wurde direkt nach der Übernahme von «Gault Millau» zum Koch des Monats gewählt und mit 15 Punkten ausgezeichnet.
Nach fünf Jahren in Grindelwald war es Zeit für eine Veränderung. «Ich war gerade Vater einer Tochter geworden. Und die Arbeit in einem Hotel, welches sieben Tage die Woche geöffnet ist, hat mich enorm beansprucht.» Der 30-Jährige wollte seine Tochter aufwachsen sehen und mehr Zeit für die Familie haben: «Ein solches Pensum konnte ich daher nicht mehr verantworten.» Nach einer Auszeit in den USA und Mexiko sowie verschiedenen Praktika bei Nick Bril, Sergio Herman und Jeroen Achtien kam die Anfrage aus Luzern: Sternekoch Christoph Aebersold und Gastronom Agron Tunprenkaj suchten für das frei gewordene «Maihöfli» einen starken Partner in der Küche. «Da musste ich nicht lange überlegen», sagt Steuri. «Oscar de Matos hat das ‹Maihöfli› von einer Quartierbeiz zu einem Sterne-Restaurant gemacht – so ein Haus übernehmen zu können, ist ein Glücksgriff.» Ein weiterer Vorteil: Das Restaurant ist nur von mittwochs bis samstags geöffnet. «Das ist auf diesem Niveau Luxus und gibt mir die Freiheit, für meine Familie da zu sein.»
Seine Küche beschreibt Robert Steuri als «weltoffen» und «ohne Grenzen». «Basis sind die besten Produkte, die ich bekommen kann. Natürlich suche in zuerst in der Region und der Schweiz, aber manches besorge ich auch international, beispielsweise Austern.» Sein Motto: «Kochen soll Spass machen. Daher möchte ich mich nicht auf bestimmte Länder oder Zubereitungsarten beschränken.»
Von der Vielfältigkeit von Steuris Küche kann man sich seit Oktober im «Maihöfli» überzeugen. Das erste Menü mit drei bis sieben Gängen ist äusserst kreativ und aufwendig: Unter anderem gibt es Reh mit Rande, Tom Kha und Curry oder zum Dessert Quitte mit Ayran, Chai und Verbene. Alle zwei Wochen werden einzelne Komponenten ausgetauscht, so dass die Gäste spätestens alle drei Monate ein komplett neues Menü erwartet. Besonders spannend ist Steuris veganes Menü, auf welches er genauso so viel Wert legt wie auf das Fleisch- und Fischmenü. Unter anderem schickt er eine äusserst aromatische «Noix gras», eine Alternative zu Foie gras auf der Basis von Cashewkernen und Pilzen. Dazu gibt es Rotkraut, welches zwei Tage lang gekocht wurde, um einen besonders intensiven Geschmack zu erzielen. In beiden Menüs kommt Steuris Liebe zu Zitrusfrüchten zum Tragen: die Säure kommt in keinem Gericht zu kurz, sei es in Form von Salz-Zitronen, Sauerkraut oder Sauerklee.
Robert Steuri kocht auf hohem Niveau – er will den Stern, den Oscar de Matos sich in Luzern erkocht hat, unbedingt halten. «Aber natürlich muss man realistisch sein. Im ersten Jahr müssen wir erst einmal ankommen, uns einspielen und die besten Lieferanten finden.» Der Erfolg gibt ihm aber jetzt schon recht: bereits einen Monat nach der Eröffnung waren die Wochenenden im «Maihöfli» komplett ausgebucht.
(Angela Hüppi)