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Nur die Guten sollen überleben

Wenn unrentable Betriebe verschwinden, haben die rentablen bessere Chancen auf Topmitarbeiter und mehr Gäste.

Beizen- oder Beizersterben? Gibt ein Wirt auf, kommt ein anderer. (Adobe-Stock)

Um die 30 000 Betriebe – so beziffern verschiedenste Branchenquellen die ungefähre Anzahl gastgewerblicher Betriebe – und das seit drei Jahrzehnten. Wer es ganz genau wissen will: Die Aufsichtskommission des gastgewerblichen Landes-Gesamtarbeitsvertrags L-GAV zählte im vergangenen Jahr 31 939 Gastrobetriebe. Marktkenner betonen immer wieder, dass viele Betriebe mehr schlecht als recht über die Runden kommen, Inhaber sich keinen Lohn auszahlen und nichts für die Pension zurücklegen können.

Kritik am Fall der Wirteprüfung 

Seit Jahren ist der Begriff Strukturbereinigung in aller Munde. Warum diese ausbleibt, wusste der ehemalige Gastrosuisse-Präsident Klaus Künzli. Im Interview mit dem «St. Galler Tagblatt» bemängelte er bereits vor zehn Jahren: «Es gibt kein Beizensterben, sondern ein Beizersterben.» Wenn ein Wirt aufgebe, sei es aus Altersgründen oder weil das Lokal nicht rentiere, komme ein anderer drauf. Seiner Einschätzung nach hänge dies mit der Liberalisierung des Gastgewerbes zusammen, konkret mit dem Fall der Wirteprüfung in vielen Kantonen.

Luzern: mehr Konkurse als Neugründungen

Dass tatsächlich immer mehr Gastgeber in Schwierigkeiten stecken, zeigt sich auch im Kanton Luzern. Im vergangenen Jahr ha­be es erstmals mehr Konkurse als Neugründungen gegeben, meldete die «Luzerner Zeitung» Ende Januar dieses Jahres. Vor allem auf dem Lande würden die Gäste ausbleiben und so manche Beiz in Schieflage bringen. Darob beunruhigt zeigte sich Ruedi Stöckli, Präsident von Gastro Luzern, indes nicht: «Das Verhältnis zwischen Konkursen und Neugründungen wird sich wieder einpendeln», gab er sich gegenüber der «Luzerner Zeitung» überzeugt. Vom Gegenteil geht die Hotel & Gastro Union aus. Ihr Standpunkt: Noch immer ist das gastronomische Angebot grösser als die Nachfrage von Gästen. «Die Defizite in Struktur und Qualität des Angebotes der Schweizer Hotellerie und Gastronomie stehen in ursächlichem Zusammenhang mit dem insgesamt ungenügenden Qualifikationsniveau der Unternehmer und Arbeitgeber, der Kader und nicht selten auch der Mitarbeitenden der Branche», heisst es im Manifest der Hotel & Gastro Union. Die Arbeitnehmerorganisation legt seit Jahren den Finger auf die wunden Punkte der Branche und fordert unter anderem mehr Investitionen in die Bildung. Denn ungenügend qualifizierten Unternehmern laufen Kader und Berufsleute davon. «Sie leiten davon die Notwendigkeit ab, Löhne zu senken oder tief zu halten. Die Branche muss aus der Abwärtsspirale herausfinden», sagt Roger Lang, Leiter Sozialpolitik bei der Hotel & Gastro Union. Aber wie? Die Union vertritt den Standpunkt, dass eine intakte Sozialpartnerschaft die Voraussetzung für die Konkurrenzfähigkeit der Branche ist. Damit qualifizierte Mitarbeiter bleiben und die Branche an Ansehen gewinnt, braucht es attraktive Arbeitsplätze.

Zu viele Betriebe buhlen um die Gunst der Gäste.

Die Arbeitgeberorganisationen sind aufgefordert, ihre Führungsverantwortung wahrzunehmen und von der Verhinderungs- und Verzögerungstaktik zu offensiven Strategien für die Konkurrenzfähigkeit der Branche überzugehen, so die Forderung der Hotel & Gastro Union. Konkret geht es um den Abschluss eines neuen, zeitgemässen L-GAV.

Ein weiterer Aspekt: Die Gäste müssen endlich bereit sein, einen fairen Preis für gute Dienstleistungen und handwerkliche Leistungen zu bezahlen. Umgekehrt gilt aber auch: Wird ein Betrieb den Ansprüchen der Gäste nicht gerecht, hat er auf dem Markt nichts zu suchen.

(Jörg Ruppelt)


Mehr Informationen unter:

hotelgastrounion.ch