Oliver Reinhard wurde vom Forstwart zum Köhler. Mit seinen Produkten überzeugte er schon Schweizer Spitzengastronomen.
Diese Geschichte nahm ihren Anfang vor einigen Jahren auf einem Grillfest. Damals befand sich Oliver Reinhard, genannt Oli, im zweiten Ausbildungsjahr zum Forstwart. Er nahm die Grillkohle unter die Lupe und stellte fest, dass sie aus Paraguay kam. Er recherchierte und merkte, dass die Schweiz 99 Prozent der Holzkohle importiert. Und die Produkte oft aus Ländern stammen, die für illegalen Holzschlag bekannt sind.
«Ich dachte mir, dass Holzkohleproduktion auch in der Schweiz möglich sein muss», erzählt Reinhard. Der Gedanke blieb, bis er das Studium als Forstingenieur begann. Dort entstand der erste Businessplan für «Olis Kohle». Heute trennt Oliver Reinhard nur die Bachelorarbeit vom Studienabschluss. Seit einem Jahr verkauft der 24-Jährige zudem seine eigene Holzkohle.
Für die Produktion setzt er auf neue Technologie und arbeitet mit einem Münchner Start-up zusammen, dessen Maschine er nutzt. Sie besteht aus einem etwa zweieinhalb Meter hohen Metallzylinder, fasst 400 Kilo Holz und ist so konstruiert, dass sie nicht während des ganzen Prozesses überwacht werden muss.
«Das Holz wird in der Maschine ohne Sauerstoff gekocht, den Prozess nennt man Pyrolyse», erklärt Reinhard. Für eine Stunde wird in einer separaten Kammer der Maschine ein Feuer gemacht. Werden im Inneren des Zylinders 270 Grad erreicht, fangen die Abgase an auszutreten. Die Abgase und Partikel gelangen in einen erneuten Verbrennungsprozess und liefern so genügend Energie, um den Prozess selbst zu erhalten. Sind keine Abgase mehr da, stoppt dieser automatisch. Insgesamt dauert es etwa sechs Stunden, bis aus dem Holz Kohle geworden ist.
Das Besondere an dieser Produktionsart ist, dass Temperaturen von bis zu 800 Grad entstehen. «So bleiben keinerlei Reststoffe in der Kohle übrig», so der gelernte Forstwart. Das Resultat: eine Koh-le, die beim Grillieren keinen beissenden Rauch verursacht.
Das Holz, das Reinhard zu Kohle verarbeitet, stammt grösstenteils aus einer nahen Sägerei, wo er Holzabschnitte einkauft. «Ich will Holz, das nicht mehr gebraucht wird, neue Wertschätzung geben.» So nutzt er neben Esche und Buche unter anderem auch Rebholz von regionalen Weinbauern. Die Sorten verarbeitet und verkauft Reinhard dann separat. Denn der Porenaufbau der verschiedenen Holzarten beeinflusse die Hitze und die Brenndauer der Kohle. Je nach Grill und Bedürfnis passe eine andere. «Für eine Bratwurst ist zum Beispiel Esche super, die wird sehr schnell heiss. Für eine Pizza, die sehr viel Hitze braucht, ist die dichtere Rebholz-Kohle sehr gut geeignet.» Dasselbe gilt für Keramikgrills wie das Big Green Egg.
Wer auf nachhaltige Schweizer Holzkohle setzen will, muss finanziell deutlich mehr investieren als für ein konventionelles Produkt aus dem Ausland. Fünf Kilo Eschen- und Buchenkohle kosten im Webshop bei «Olis Kohle» 25 Franken, bei der Kohle aus Rebenholz sind es 50 Franken.
Zu Reinhards Kunden gehören bereits namhafte Gastronomen, darunter Spitzenkoch Sven Wassmer vom Restaurant Memories in Bad Ragaz/SG. Dieser setzt für seinen japanischen Grill auf Eschenkohle. «Das Kochen mit Feuer ist Teil unserer DNA», sagt Wassmer. «Kohle zu verwenden, die hochwertig ist und nachhaltig produziert wurde, ist mir ein Herzensanliegen.»
(Alice Guldimann)
Oliver Reinhard (24) ist auf dem elterlichen Bauernhof in Waltalingen/ZH aufgewachsen, wo er heute auch seine Kohle produziert. Seit 2021 studiert der gelernte Forstwart Forstwirtschaft an der Berner Fachhochschule.