Die aktuellen Strom- und Gaskosten sowie die ungewisse Energiesituation stellt Bäckereien vor grosse Herausforderungen.
Die hohen Energiekosten sind das eine. Die Sorge, dass der Bundesrat eine Mangellage ausrufen und es zu Energiebegrenzungen oder -ausfällen kommt, ist das andere.
Vorausschauend hat sich Roni Merz bereits kurz nach Kriegsausbruch im Februar auf die Suche nach Lösungen gemacht. Der Vorsitzende der Geschäftsleitung und Mitinhaber der Merz-Gruppe in Chur/GR sagt: «Ein Unterbruch der Erdgaslieferungen wäre schlimm, da wir unsere Öfen mit Gas betreiben.» Dieses Problem hat er entschärft, indem er einen mobilen Flüssiggastank installiert hat. «Wir haben unsere Backöfen so vorbereitet, dass wir bei Bedarf innert fünf Stunden auf den Betrieb mit Flüssiggas umstellen können.» Dieses Gas wird von einer Schweizer Firma in der Romandie hergestellt und zwar als Abfallprodukt aus der Benzin- und Dieselproduktion.
Auch bei der Firma Hug in Malters/LU ist die Energieversorgung ein grosses Thema. 2021 hat Hug die Standorte Malters und Trimbach/SO zusammengefügt und das Backhaus, eines der modernsten Backwaren-Produktionszentren der Schweiz, eröffnet. «Dadurch konnten wir den Energieverbrauch um 12 Prozent senken», erklärt Marianne Wüthrich Gross. Sie leitet das Unternehmen zusammen mit Anna Hug.
Marianne Wüthrich Gross,Co-Geschäftsführerin Hug
Auf dem Areal gibt es zwei Wasserspeichertanks. «Unter uns befindet sich ein Grundwasserstrom, den wir zum Kühlen nutzen.» Auch beim Strom setzt Hug auf Wasser und kauft durch Wasserkraft erzeugte Energie. Zudem produziert das Unternehmen seit Jahren auf dem Dach des Bürogebäudes Strom mittels einer Fotovoltaik-Anlage. Nun soll auch das Dach des Backhauses mit Fotovoltaik bestückt werden.
Der eigene Strom reicht aber bei weitem nicht aus, um Hugs Bedarf zu decken. «Wir werden immer Energie kaufen müssen», sagt Marianne Wüthrich Gross. Um diese Kosten möglichst klein zu halten, werden verschiedene Massnahmen umgesetzt.
Die Co-Geschäftsleiterin zählt einige auf: «Wir investieren viel in Technik, um grosse Energieverbraucher zu ermitteln und auszumerzen. Wir professionalisieren das Beschaffungswesen und sensibilisieren die Mitarbeitenden.» Diese werden motiviert, Vorschläge einzureichen, wo man in ihrem jeweiligen Aufgabengebiet energiesparender und -effizienter arbeiten kann. «Das sind oft Kleinigkeiten wie Bewegungsmelder einbauen oder Lüftungen herunterfahren, aber in der Menge macht das schon etwas aus», findet Marianne Wüthrich Gross.
Zwar sei es für sie unvorstellbar, zu wenig Strom zur Verfügung zu haben, doch sollte der Bundesrat die Energiezufuhr begrenzen müssen, wäre Hug vorbereitet. «Wir haben die verschiedenen möglichen Eskalationsstufen durchdacht und entsprechende Handlungsmodelle erstellt.» Je nach Modell gebe es mehr oder weniger einschneidende Auswirkungen auf die Produktionsabläufe, die Produktlinien und die Arbeitszeiten und -einsätze der Mitarbeitenden. Sollte es hart auf hart kommen, brauche es grosse Flexibilität seitens des Unternehmens, der Mitarbeitenden, der Kunden, aber auch der Behörden. Marianne Wüthrich Gross ist jedoch überzeugt: «Mit schlauer Planung werden wir immer produzieren können.»
(Riccarda Frei)