Am 15. Mai stimmt die Schweiz über drei Vorlagen ab: den Frontex-Ausbau sowie die Änderungen des Transplantations- und Filmgesetzes. Pro und Kontra der Vorlagen.
Europa hat einen eigenen Wachhund, der dafür sorgt, dass die Aussengrenzen des Schengenraums geschützt sind. Die Rede ist von Frontex, der europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache. Diese steht im Verdacht, die Menschenrechte mit Füssen zu treten. Deshalb gehen die Wogen bei Diskussionen zur Frontex-Abstimmung nicht selten hoch.
Die Frage lautet nun: Soll die Schweiz, die 2005 das Schengen-Abkommen unterzeichnet hat, sich am weiteren Ausbau von Frontex beteiligen und den finanziellen Beitrag von jährlich 24 auf 61 Millionen Schweizer Franken im Jahr 2027 erhöhen?
Geht es nach den Befürwortern, zu denen auch das Tourismuskomitee «Ja zu Schengen-Frontex» gehört, steht dies ausser Frage. Das Komitee befürchtet bei einem Nein das Ende der Reisefreiheit in der heutigen Form. «Wird der Visumsprozess für Touristinnen und Touristen aus Fernmärkten verkompliziert, würden viele die Schweiz auf ihrem Europatrip auslassen», so Philipp Niederberger, Direktor des Schweizer Tourismus-Verbands. Das Komitee geht davon aus, dass ein Nein zu Frontex für den Sektor jährliche Einbussen in der Höhe einer halben Milliarde Schweizer Franken zur Folge hätte.
Auch der Bundesrat empfiehlt, die Vorlage anzunehmen. Bei einem Nein zur Weiterentwicklung droht der Schweiz laut Bundesrätin Karin Keller-Sutter der Ausschluss aus dem Schengen-/Dublin-Verbund. Dublin deshalb, weil die beiden Abkommen rechtlich miteinander verknüpft sind. Das Dubliner Übereinkommen regelt, welcher der Staaten für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der EU gestellten Asylantrags zuständig ist.
Das Referendumskomitee empfiehlt, die Vorlage abzulehnen. Die Grenzwache Frontex sei unter anderem an illegalen Pushbacks beteiligt, also dem gezielten Abdrängen von Geflüchteten auf dem Meer, was diese zur Umkehr zwingt. Zudem arbeite Frontex immer häufiger auch mit Drittstaaten zusammen. Darunter etwa die libysche Küstenwache, die migrantische Boote abfange und gewaltsam nach Libyen zurückführe, wo die Geflüchteten unter massiv gewaltvollen Bedingungen festgehalten würden.
Die zweite Vorlage hat zum Ziel, bei der Organspende die Widerspruchslösung einzuführen.
Diese Regelung gilt laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) bereits in den meisten europäischen Ländern. In diesen Ländern sei auch die Anzahl der Organspenden höher als in der Schweiz, wo die Zustimmungslösung gilt. Bei der Zustimmungslösung müssen jene, die ihre Organe nach dem Tod spenden wollen, dies zu Lebzeiten festhalten. Das hat zur Folge, dass jene, die auf eine Organspende angewiesen sind, zum Teil lange auf ein passendes Organ warten müssen. Die Wartezeiten variieren dabei laut BAG stark. Es kann gar Jahre dauern, bis ein passendes Organ gefunden wird. Mit dem Wechsel von der Zustimmungs- zur Widerspruchslösung sollen diese Wartezeiten kürzer werden. Die Angehörigen hätten nach wie vor ein Mitspracherecht.
Jene, die das Referendum gegen die Änderung des Transplantationsgesetzes ergriffen haben –allen voran die SVP –, sehen unter anderem die körperliche Unversehrtheit in Gefahr. Sie befürchten, es könnten Menschen Organe entnommen werden, die das nicht gewollt hätten. «Schweigen heisst nicht Zustimmen», steht auf der Webseite des Komitees.
Bei der dritten und letzten Vorlage geht es um die Änderung des Filmgesetzes. Streamingdienste wie Netflix oder Disney Plus sollen künftig dazu verpflichtet werden, in das Schweizer Filmschaffen zu investieren. So wie dies inländische Fernsehsender schon heute tun müssen. Die Streamingdienste machen gemäss Bundesrat hierzulande gut 300 Millionen Schweizer Franken Umsatz. Davon müssten sie vier Prozent ins Schweizer Filmschaffen investieren. So würden rund 18 Millionen Schweizer Franken zusätzlich in hiesige Produktionen fliessen. 30 Prozent der gezeigten Filme und Serien müssten zudem aus europäischer Produktion stammen.
Die Gegner stören sich an der Bevormundung und befürchten zudem, dass die Abonnemente für Streamingdienste mit einer Annahme der Vorlage teurer werden könnten.
(Désirée Klarer)