Digitalisierung und künstliche Intelligenz verändern die Arbeitswelt rasant. Niemand weiss, welche Jobs in zehn Jahren gefragt sind und wie der Berufsnachwuchs vorbereitet werden muss. Oder etwa doch?
Die technischen Entwicklungen und gesellschaftlichen Veränderungen schreiten so schnell voran, dass man kaum mitkommt. Trotzdem müssen Berufsleute heute so ausgebildet werden, dass sie die Fach- und Führungskräfte von morgen sein können. Doch welche Fähigkeiten sind in fünf oder zehn Jahren gefragt? Gibt es die Berufe, für die heute ausgebildet wird, dann noch? Und wie bildet man Nachwuchs für Berufe aus, die es noch gar nicht gibt?
Mit solchen Fragen hat sich das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation befasst. Es hat 26 Berufsprofile aus sechs Berufsbereichen des Gastgewerbes in Bezug auf aktuelle und zukünftige Veränderungen analysiert. In der Studie «Future Hotel Employee Profiles» kommen die Forschenden zum Schluss: «Viele Arbeitsplätze verändern sich grundlegend oder fallen weg. Es werden aber deutlich mehr neue Berufe entstehen, bei denen vor allem die Interaktion zwischen Mensch und Technik im Fokus sein wird.» Auch werde es, so die Forscherinnen und Forscher, mehr Hoteljobs geben, bei denen der Mitarbeitende nicht mehr zwangsläufig vor Ort sein muss, um seine Tätigkeit auszuführen. Dies, weil immer mehr Arbeiten von Maschinen erledigt werden und man Kontrollfunktionen zunehmend auch vom Homeoffice aus wahrnehmen kann.
Eine grosse Herausforderung für Unternehmen besteht darin, den Anschluss an die Digitalisierung nicht zu verpassen und mit der Entwicklung Schritt zu halten. Das Forscherteam mahnt: «Die Implementierung von Digitalisierungslösungen in die Arbeitsprozesse erfordert entsprechende Schulungen und fortwährende Trainings. Arbeitgebende müssen ihre Angestellten daher laufend aus- und weiterbilden.»
Urs Masshardt ist Geschäftsleiter der Hotel & Gastro Union sowie Stiftungsratspräsident der SHL Schweizerischen Hotelfachschule Luzern. Für ihn ist mit Blick auf die Zukunft klar: «Es ist wichtiger denn je, dass Lernende neben fachlichen Fähigkeiten auch über soziale Kompetenzen wie Empathie, Kreativität und Flexibilität verfügen. Auch gilt es sie zu lehren,
wie man diese Softskills entwickelt und wie man lernt.» In der Berufsbildung wird deshalb bereits jetzt vermehrt auf das Vermitteln von praxisbezogenen Handlungskompetenzen und Softskills wie Kommunikation oder vernetztes Denken gesetzt.
Die Bereitschaft, ständig zu lernen und sich zu verändern, wird künftig noch erfolgsbestimmender sein als heute. Davon ist Julian Ferrante, Mitgründer der Union-Fachgruppe Next Generation, überzeugt und blickt positiv in die Zukunft: «Die Vertreterinnen und Vertreter der Generation Z sind, wie ich, sehr offen und affin für technologische Entwicklungen und Veränderungen.»
Neue Berufe und Arbeitsmodelle kämen dem Lebensgefühl der Gen Z daher sehr entgegen. «Berufe in Buchhaltung, Revenue Management und HR werden wegfallen, weil die künstliche Intelligenz die Aufgaben besser erfüllt als der Mensch.» Davon geht Wilhelm K. Weber, Partner und Verwaltungsratsmitglied bei Swiss Hospitality Solutions, aus. Dafür bleibe den Menschen mehr Zeit für die individuelle Gästebetreuung und die Beziehungspflege mit Gast und Mitarbeiter.
Mit Fantasie und Blick auf Trends wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung oder Selbstoptimierung kann sich jeder ausmalen, welche neuen Berufe entstehen könnten: von Erlebnisdesigner über Roboter-Dompteur bis Feel-Good-Manager. Welche Jobs das Team des Fraunhofer Instituts für wahrscheinlich hält, zeigen die Stelleninserate auf dieser Seite.
Zu all den Prognosen, was sich verändern könnte, setzt Gastrosuisse einen Kontrapunkt. Auf die Frage, wie sich die bestehenden Berufe verändern, antwortet die Arbeitgeberorganisation, dass im Gastgewerbe kaum neue Berufe entstünden und es wohl eher eine Konzentration auf Fachrichtungen geben werde. Wegen des demographischen Wandels müsse die Branche künftig aber mit weniger Mitarbeitenden auskommen. Deshalb werde es zum Einsatz von Robotern kommen. Dies jedoch mit beschränkten Einsatzmöglichkeiten.
(Riccarda Frei)