Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

«Digitalisieren, um Zeit zum kochen zu haben»

Christoph Reichenbach hilft Köchen und Betrieben, durch Digitalisierung zeitgemässer und effizienter zu arbeiten.

  • Christoph Reichenbach sieht die Chancen und Gefahren von KI. (zvg)
  • Food Waste, ade! Gäste-Forecast- und andere digitale Systeme helfen, Wareneinkauf, Lagerhaltung und Produktion so zu steuern und zu kontrollieren, dass immer die benötigte Menge in optimaler Qualität zur Verfügung steht. (Keystone-SDA)

Wie digital sind die Küchen bereits unterwegs?
Beim Beantworten dieser Frage muss man zwischen Industrieküchen und den Küchen von Restaurants, Hotels und Heimen unterscheiden. Im Gegensatz zu den Indus­trieküchen wird in den Gastronomieküchen kaum digitalisiert. Dies obschon die Lebensmittel­industrie Tools entwickelt hat, die auch kleineren Küchen dienen.

Woran liegt das?
An der Führungsperson. Sie muss technikaffin sein und das digitale Verknüpfen von Systemen – beispielsweise Kasse mit Rezepten, Rezepte mit Lieferantendatenbanken und Economat – vorantreiben. Sie muss dafür Ressourcen bereitstellen. Etwa Zeit, um die Systeme mit Daten zu füttern, zu unterhalten und zu pflegen.

Von wie viel Zeit sprechen wir?
Das ist von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich. Bei unseren Beratungen gehen wir von etwa zwei Arbeitswochen aus, um ein System zu implementieren. Danach rechnen wir für dessen Unterhalt und Pflege mit einem Arbeitsaufwand von vier Stunden pro Woche. Im Gegenzug spart der Kunde pro Woche durch die Digitalisierung acht Arbeitsstunden ein. Zeit, die er nun zum Beispiel in die Führung und Schulung seiner Mitarbeitenden investieren kann.

Wie verändert Digitalisierung das Berufsbild eines Kochs?
Sobald eine Küche prozessorientiert arbeitet, vereinfacht sich die tägliche Arbeit. Im Idealfall muss sich der Küchenchef weniger mit Bestellungen, Lagerbewirtschaftung, Dienstplanung und Kalkulationen herumschlagen. Er kann sich stattdessen mehr auf das Kochen selbst, die Rezeptierung, das Ausbilden und Führen seiner Mitarbeiter sowie kreative Aufgaben konzentrieren. Etwas, das im Prinzip jeder Koch will und das auch dem traditionellen Berufsbild entsprechen würde.

Welche weiteren Vorteile bringt die Digitalisierung?
Ob Hygiene, Deklarationen, Herkunft, Rezepturen oder Mengen – die Qualität kann gesichert werden. Egal welcher Mitarbeitende gerade am Herd steht, der Gast bekommt das Gericht immer in konstanter Qualität. Neben der Qualität wird auch das Know-how gesichert, so dass Personalwechsel weniger stark ins Gewicht fallen als bisher. Zudem können individuelle Gästebedürfnisse besser erfasst, sichtbar gemacht und verarbeitet werden. Durch Gästeprognose- und No-Food-Waste-Systeme wird die Planung von Wareneinkauf, Arbeitseinsätzen, und Mise en place einfacher. Greifen alle diese Punkte ineinander, steigen zu guter Letzt die Produktivität und die Rendite.

Gibt es Bereiche, in denen Digitalisierung unnötig ist?
Skeptisch bin ich bei der Tierhaltung. Ich möchte nicht, dass Tiere zu Produkten ohne Geschichte gemacht werden. Digitalisierung darf auch nicht dazu führen, dass Mitarbeitende zu Nummern werden, in der Küche kein Platz mehr da ist für Menschliches und statt gekocht nur noch produziert wird. In Zukunft wird es wohl darum gehen, auch die weichen Faktoren in die digitalen Systeme einzubauen. Wie das gehen könnte, weiss ich leider auch nicht.

Wie steht es mit künstlicher Intelligenz? Ist KI schon in den Küchen angekommen?
Abgesehen von einigen Algorithmen ist KI noch kaum in den Küchen im Einsatz. Aber sie wird es bald sein. Und das ganz gross! Rezepturen, Menüs, Events, Küchen-Technik bis hin zur Planung von Küchen – all das wird in Zukunft durch KI konzipiert und gesteuert werden. Was das für die Aus- und Weiterbildung von Köchen und Konzept-Beratern bedeutet, ist für mich noch nicht abschätzbar. Aber es wird sich zu 100 Prozent alles verändern. Vor allem die Lernmethodik und der Wissenstransfer.

(Riccarda Frei)


Zur Person

Christoph Reichenbach ist Konditor-Confiseur, Koch und Hotelier-Restaurateur HF. Als Schulungs- und Kursleiter bei Hugentobler Schweizer Kochsysteme AG und als Geschäftsführer der Gastroperspektiv AG hilft er Betrieben beim Transfer vom «Old-School-Modus» zur modernen, kreativen, qualitäts- und erfolgsorientierten Arbeitsweise.

Mehr Informationen unter:

gastroperspektiv.ch