Verhandlungen rein sachlich zu führen, das ist landläufig das Ideal. In der Realität beeinflussen Emotionen Verhandlungen jedoch stärker, als es vielen Gesprächspartnern lieb und bewusst ist.
Viele Menschen versuchen, bei Verhandlungsgesprächen Emotionen zu ignorieren. Ein Unterfangen, dass ziemlich unsinnig ist. Gefühle prägen die Verhandlungen so oder so – ganz egal, wie stark man sie wegzudrücken oder zu ignorieren versucht. Schlauer und lösungsorientierter wäre es, gezielt mit den Emotionen zu arbeiten. Dies am besten schon, bevor man in die eigentliche Verhandlungsphase einsteigt.
Bis vor einigen Jahren beschäftigten sich Psychologen vor allem mit dem Entwickeln und Erforschen der Wirkung von Verkaufs- und Verhandlungsstrategien. Inzwischen nehmen die Wissenschaftler auch die Wirkung von spezifischen Emotionen unter die Lupe. Sie erforschen, wie Wut, Traurigkeit, Enttäuschung, Angst und Neid, aber auch Begeisterung, Freude und Vertrauen das Verhalten von Verhandlungspartnern beeinflussen. Die Psychologen haben zudem untersucht: Was passiert während der Verhandlung und mit dem Verhandlungsergebnis, wenn Menschen ihre Gefühle ihrem Gegenüber offenbaren?
Eine Erkenntnis dieser Forschungsarbeit lautet: Für eine langfristig anhaltende Beziehung zwischen Verhandlungspartnern ist das Verstehen der Emotionen des Gegenübers wichtiger als transaktionsgetriebene Verhandlungen, bei denen es nur um ein einzelnes Geschäft geht.
Ein Gefühl, das in Bezug auf Verhandlungen extrem ins Gewicht fällt, ist das Fairnessempfinden. Verhandlungsparteien sind bestrebt, den für sie jeweils besten Deal herauszuholen. Gleichzeitig befürchtet jede Seite, vom anderen übervorteilt zu werden. Die Lösung für dieses Dilemma heisst: Fairness und Respekt.
Alle Menschen haben ihre eigenen Vorstellungen davon, was fair ist und was nicht. Deshalb sind Verkaufssätze wie «Das ist ein faires Angebot» oft bedeutungslos. Verhandlungstechnisch geschickter wäre zum Beispiel der Satz: «Unterbrechen Sie mich, wenn Sie der Meinung sind, dass mein Angebot unfair ist.» Er ermöglicht einen offenen Dialog und bringt den Verhandlungsprozess wieder in Gang, wenn dieser mal ins Stocken geraten sein sollte.
An der University of California in Los Angeles/USA wurde eine Untersuchung zum Thema Fairness in Verhandlungen durchgeführt. Eine Versuchsperson bekam einen Geldbetrag, den sie mit jemand anderem nach eigenem Gutdünken teilen sollte. Stimmte die andere Testperson der vorgeschlagenen Teilung zu, durften beide Probanden das Geld behalten. Lehnte sie das Teilungsangebot jedoch ab, gingen beide Probanden leer aus.
Die Vermutung liegt nahe, dass das unverhoffte Geldgeschenk gerne angenommen wurde. Die Studie zeigte jedoch ein anderes Resultat. Lag der angebotene Geldbetrag unter 20 bis 30 Prozent des vollen Betrags, den die erste Testperson bekommen hatte, wiesen die meisten Probanden das Angebot als unfair zurück. Die Gehirnscans zeigten, dass bei den Testpersonen, die das Angebot als unfair taxierten, jenes Hirnareal stark auf das Angebot reagierte, das für Ekel und Empörung zuständig ist.
(Riccarda Frei)
Wer gut verhandeln kann, ist im Vorteil – im Beruf genauso wie im Privatleben. Nicole Soames ist Coach, Emotional Intelligence Practitioner und Gründerin einer Firma, die in zwölf Ländern Verkäufer zu Verhandlungscracks ausbildet. In ihrem Werk «Das Buch des Verhandelns – in 33 Schritten zum Verhandlungsprofi» hilft sie den Lesenden, ihre emotionale Intelligenz und eine gewinnende Ausstrahlung zu entwickeln. Soames erklärt, wie man unterschiedliche Verhandlungssituationen erkennt und sich optimal darauf vorbereitet. Gleichzeitig stattet sie die Lesenden mit Werkzeugen und Techniken aus, mit denen diese die jeweiligen Verhandlungssituationen gut meistern und zu einem erfolgreichen Abschluss bringen können. Praktische Tipps und Übungen runden den Ratgeber ab.
«Das Buch des Verhandelns – in 33 Schritten zum Verhandlungsprofi»
Nicole Soames
Midas-Verlag
ISBN 978-3-03876-519-6,
Fr. 22.00