Wie kommuniziert man Nachhaltigkeit, ohne Greenwashing zu betreiben? Romy Bacher vom STV gibt wertvolle Tipps.
Romy Bacher, die Schweiz steht im internationalen Nachhaltigkeitsvergleich nicht schlecht da. Wo hapert es trotzdem noch?
Das Tourismusland Schweiz hat in Sachen Nachhaltigkeit tatsächlich eine sehr gute Ausgangslage. Darauf können wir uns aber nicht ausruhen. Insbesondere im wirtschaftlichen und sozialen Bereich gibt es noch Potenzial. Wir müssen die Akteure vermehrt dafür sensibilisieren, dass Nachhaltigkeit eben nicht nur die ökologische Ebene umfasst. Wichtig ist zudem, dass wir innerhalb des Landes besser zusammenarbeiten.
Wo genau besteht im Bereich der sozialen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit noch Verbesserungspotenzial?
Im sozialen Bereich gilt es vor allem, die lokale Bevölkerung noch mehr einzubeziehen. Gerade in Destinationen, die stark vom Tourismus abhängig sind, ist es wichtig, dass die Anliegen der Bevölkerung ernst genommen werden. Ein weiteres Thema ist die Inklusion. Die «OK:GO»-Initiative beispielsweise unterstützt Betriebe, ihre Zugänglichkeitsdaten zu publizieren. Im Bereich Wirtschaft ist das Thema Kooperation wichtig: Was kleinere Betriebe alleine nicht stemmen können, kann gemeinsam funktionieren. Beispielsweise, indem man gemeinsam einen Coach für die Mitarbeitenden engagiert.
Bei der ökologischen Nachhaltigkeit spielt insbesondere die Anreise der Gäste eine grosse Rolle. Wie bewegt man sie zum Umstieg auf den ÖV?
Das fängt schon beim Gästemix an – wenn ein guter Teil der Gäste aus der Schweiz kommt, entstehen viel weniger CO2-Emissionen. Will man die Gäste zum Umsteigen auf den ÖV bewegen, muss man entsprechende Angebote gestalten. Helfen können beispielsweise Gästekarten in der Destination, eine inkludierte Anreise mit dem ÖV oder komfortable Gepäcktransporte, gerade im Winter.
Wer sich für Nachhaltigkeit engagiert, tut etwas Gutes. Weshalb tun sich trotzdem viele Betriebe schwer damit, ihr Engagement entsprechend zu kommunizieren?
Tatsächlich wird in diesem Bereich relativ wenig kommuniziert. Dabei ist die Kommunikation der Nachhaltigkeitsmassnahmen zentral, damit man sein Engagement vermarkten und in konkrete Angebote umsetzen kann. Einerseits spielen hier sicher fehlende Ressourcen eine Rolle, aber auch die Angst vor dem Greenwashing-Vorwurf. Im Rahmen des Nachhaltigkeitsprogramms Swisstainable erarbeiten wir derzeit gemeinsam mit Schweiz Tourismus eine Toolbox für eine gute Kommunikation.
Wie lässt sich unbeabsichtigtes Greenwashing vermeiden?
Nachhaltigkeit ist ein Begriff, den man mit Inhalt füllen sollte. Statt also zu sagen: «Wir sind ein nachhaltiger Betrieb» oder «Wir bemühen uns um Nachhaltigkeit» sollte man besser transparent aufzeigen, welche Massnahmen konkret umgesetzt werden. Wichtig ist auch die Botschaft, dass die Bemühung um mehr Nachhaltigkeit ein fortlaufendes Engagement ist, welches nie abgeschlossen ist. Das ist auch unser Ziel mit dem Swisstainable-Programm: Es soll zeigen, dass man einer Bewegung angehört. Nicht, dass man nun nachhaltig ist und das Thema abgehakt hat.
Was ist noch wichtig für eine erfolgreiche Kommunikation?
Dass man sie ganzheitlich umsetzt. Die Gäste sind zwar im Fokus, aber auch die Mitarbeitenden, Investoren, Partner oder die Medien müssen informiert werden. Zudem sollten Nachhaltigkeitsbemühungen durch gutes Storytelling emotional erlebbar gemacht werden. Zum Beispiel, indem ein Koch erzählt, weshalb er nur lokale Produkte verwendet.
Das Swisstainable-Programm soll die Schweiz als nachhaltige Destination positionieren. Sieht man hier bereits Effekte?
Unser Ziel ist, eine Bewegung zu schaffen, in der sich Betriebe und Destinationen nachhaltig positionieren und weiterentwickeln können. Nach drei Jahren sehen wir am Markt tatsächlich schon sehr positive erste Effekte. Bereits 2700 Betriebe machen mit und innerhalb der drei Stufen konnten zahlreiche auf eine höhere Stufe aufsteigen. Unternehmen wie Railaway oder Raiffeisen haben Angebote geschaffen, die auf Swisstainable basieren. Und auch international wird das Programm sehr positiv wahrgenommen. Wir haben Anfragen aus aller Welt, die sich für das Konzept interessieren.
Was ist das Erfolgsrezept?
Die Niederschwelligkeit. Als Betrieb kann man relativ einfach mitmachen, ohne bereits zahlreiche Zertifizierungen zu haben. Das ist ein einfacher, aber wirksamer Ansatz, um gemeinsam mit den Betrieben die nachhaltige Entwicklung des Schweizer Tourismus voranzutreiben.
(Angela Hüppi)
Romy Bacher ist seit September 2022 Leiterin des Bereichs Nachhaltigkeit beim Schweizer Tourismus-Verband STV. Bereits zuvor beschäftigte sie sich als Projektmanagerin Nachhaltigkeit intensiv mit dem Nachhaltigkeitsprogramm Swisstainable und dem Aufbau des Kompetenzzentrums Nachhaltigkeit.