In der Küche rund ums Mittelmeer ist Olivenöl unverzichtbar. Auch für Backwaren eignet sich das aromatische Öl.
Das Kulturgut Olivenöl hat eine über 8000-jährige Geschichte. Auch in der Schweiz wird es täglich eingesetzt. Grund genug, sich das Produkt einmal genauer anzuschauen – von der Ernte bis zur erlesenen Delikatesse.
In Spanien, wo die Hälfte aller Olivenöle produziert wird, pflücken Landwirte die Früchte nach wie vor von Hand, schlagen sie mit Ruten von den Zweigen oder schütteln sie maschinell von den Bäumen. Wichtig ist, dass die geernteten Oliven so rasch wie möglich verarbeitet werden. Erst gilt es, Blätter und Zweige zu entfernen. Dann werden die Oliven gewaschen, im Cutter zu Brei zerkleinert und das Öl in der Zentrifuge ausgeschieden. Nach kurzer Zeit in einem Stahltank wird das Olivenöl abgefüllt und ist bereit für den Konsum. Noch wird nicht die gesamte Produktion Spaniens als solche vermarktet.
Mehrere Faktoren bestimmen die Qualität und den Geschmack von Olivenöl. Nebst moderner Technik sind dies die Olivensorten. Rund 2500 davon gibt es weltweit. Dann beeinflusst auch der Erntezeitpunkt den Geschmack des Öls. Im Oktober grün geerntete Oliven enthalten acht bis zehn Prozent Öl. Seine Farbe ist grasig grün. Sie stammt vom Chlorophyll in der Schale der Oliven. Ihr Öl hat eine gewisse Schärfe. Öl aus im November geernteten Oliven schimmert olivgrün. Im Dezember oder Januar reif geerntete Oliven haben eine violette bis schwarze Schale und ergeben eine Ausbeute von 25 Prozent Öl. Dieses leuchtet aufgrund des Carotins in der Schale goldgelb und ist cremig mild.
In der Schweiz konsumieren wir ein Prozent der weltweiten Olivenölproduktion – häufig in Form banaler Mischungen. «Extra vergine» einer bekannten Marke klingt vertrauenswürdig. Kaum jemand liest das Kleingedruckte. Dort steht nämlich nicht nur «produziert in Spanien» oder einem anderen Land. Die Deklaration «miscela di oli comunitari» verrät, dass Öle aus mehreren europäischen Ländern gemischt wurden und «miscela di oli comunitari e non comunitari» sagt, dass Olivenöle aus allen Produktionsländern enthalten sein können.
Der deutsche Begriff für das spanische «virgen extra» oder das italienische «extra vergine» lautet «natives Olivenöl extra». Diese höchste Qualitätsstufe wird direkt aus Oliven, ausschliesslich mit mechanischen Verfahren und ohne Wärmeeinwirkung gewonnen. Das Öl darf nicht mehr als 0,8 Prozent Ölsäure enthalten. Bei der sensorischen Prüfung liegt die Fehlertoleranz bei null Punkten. Zahlreiche weitere vom International Olive Council IOC definierte Grenzwerte müssen eingehalten werden. Bei nativem Olivenöl oder eben «virgen» darf der Ölsäuregehalt zwei Prozent nicht übersteigen. Die Fehlertoleranz bei der sensorischen Prüfung liegt bei 3,5 Punkten. Öl mit mehr als zwei Prozent Säure wird als «Lampantöl» bezeichnet und früher als Brennstoff für Lampen verwendet. Raffiniert wird es nur als Olivenöl bezeichnet.
(Gabriel Tinguely)