Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

Sind sie gekommen, um zu bleiben?

«Roboter arbeiten präziser und schneller als Menschen», so eine gewagte These. Doch ist schneller auch besser? Das Gastgewerbe ist sich einig.

  • «Mario», der kleine Entertainer, ist Angestellter im belgischen Marriott-Hotel in Gent. Er ist vor allem eins: ein Gästemagnet. (Bilder Fotoplus / ZVG)
  • Personifizierte Schriftzüge, Figuren, ja sogar menschliche Abbildungen lassen sich mit dem 3D-Drucker formen:
    eine kreative Ergänzung in der Küche. Genauso wie «Pepper» an der Réception, der den automatischen Check-in macht.
  • Personifizierte Schriftzüge, Figuren, ja sogar menschliche Abbildungen lassen sich mit dem 3D-Drucker formen:
    eine kreative Ergänzung in der Küche. Genauso wie «Pepper» an der Réception, der den automatischen Check-in macht.
  • Personifizierte Schriftzüge, Figuren, ja sogar menschliche Abbildungen lassen sich mit dem 3D-Drucker formen:
    eine kreative Ergänzung in der Küche. Genauso wie «Pepper» an der Réception, der den automatischen Check-in macht.

Ein Softeis, das Schwung für Schwung in makelloser Einheitlichkeit ins Cornet fliesst ist hypnotisch. Perfektion – und das Mal für Mal. Von Menschenhand: unmöglich. Da war ein Roboter am Werk. Sogar die Streusel packt er noch oben drauf. Doch kann er auch freundlich lächeln, das Geld kassieren, die Maschine nachfüllen und Extraschokosauce drauftun? Dort hört’s dann auf.

Langsame Arbeit mit wenig Möglichkeiten

«Monotone Arbeiten können Roboter sogar besser als Menschen ausführen», erzählt Roland Siegwart, Robotik-Professor an der ETH Zürich. «In den USA wird ein Roboter eingesetzt, der nur eine Aufgabe hat: Burger-Patties wenden. Jedoch die Fingerfertigkeit, um ein Ei zu schälen, wird ein Roboter auch in den nächsten 20 Jahren nicht haben.» Auch Geschichten von Kochrobotern oder welchen, die Wäsche zusammenlegen, machen aktuell die Runde. Diese Storys schüren die Angst, dass der Mensch dereinst von Robotern abgelöst wird. Diese Furcht ist noch völlig unbegründet. Denn Roboter sind vor allem eins: langsam. Wenn ein Angestellter zwanzig Minuten benötigte, um ein Set Bettwäsche zu falten, würde er den Job wohl nicht lange behalten. Und doch hält Robotik im Housekeeping bereits Einzug. Staubsaugerroboter oder Waschautomaten erleichtern die Arbeit. Doch verdrängen sie tatsächlich Menschen? 43 Prozent der Lernenden haben zumindest Angst geäussert, ihre Arbeit deswegen zu verlieren, wie aus einer Befragung durch die Hotel & Gastro Union hervorgeht. «Die Angst ist völlig unbegründet», sagt Elvira Schwegler, Geschäftsführerin des bvhh, «erst möchte ich sehen, wie ein Roboter verstreute Sachen aufräumen oder ein Bild zurechtrücken will.»

Roboter sind dumm

Ein Roboter kann eben nicht denken, er kann nicht spüren, sehen oder verstehen. Dazu fehlen ihm die Sensoren. «Menschen haben Millionen von Sensoren, alleine schon in den Fingerkuppen», erklärt Roland Siegwart am Gastro Trend Day. Sobald etwas Unprogrammiertes passiert, sind Maschinen überfordert. Praktisch sind hingegen Transportroboter. Von A nach B fahren – das können sie. Und das tun sie auch in einigen amerikanischen Hotels. «Savioke» ist ein fahrender Behälter, der Snacks, Getränke oder Handtücher bei Gästewunsch aufs Zimmer fährt. Beladen wird er jedoch noch von einem Menschen.

Für die Servicekraft sind Roboter eine Ergänzung. So haben die Angestellten mehr Zeit, sich individuell um die Gäste zu kümmern. Und der Burgerbrater, der vorher die Patties im Restaurant gewendet hat? «Dort ist die Chance gross, dass diese Person jetzt einen besseren Job hat», meint Roland Siegwart, «für die Schweiz ist diese Entwicklung eher ein Gewinn als ein Verlust. Wir sind das Silicon Valley der Robotik, wir werden das Land sein, das die Roboter herstellt», erklärt er weiter. Und denke man erst noch an Jobs, die dadurch entstehen könnten. Wer haftet beispielsweise bei einem Unfall? Ein Anwalt in Roboterrecht muss erst noch her. Doch bis dahin sind kleine Maschinchen im Gastgewerbe der pure Entertainment-Faktor. Bis sie tatsächlich einen realen Menschen ersetzen können, müssen sie um einiges klüger werden.

Roboter sind Gästemagneten

Roboter sind eine unbekannte Spezies. Es liegt in der Natur des Menschen, Angst oder Faszination Unbekanntem gegenüber zu empfinden. In jedem Fall lösen die Roboter Emotionen aus. Und diese können die Hotellerie und Gastronomie geschickt für sich nutzen. Seit zwei Jahren steht im Marriott Hotel in Gent «Mario» an der Réception. Er spricht 19 Sprachen. Ein unbezahlbarer Mitarbeiter, könnte man denken. Doch leider kann er fast nur dieses eine, denn er ist ein Roboter. Schlüsselkarten kann er noch herausgeben, singen und Powerpoint-Folien vorlesen. Dort hören die Fähigkeiten dann aber auf. Und spätestens nach 90 Minuten ist die Batterie leer und der «Mitarbeiter» braucht eine Pause.

«Gäste fasziniert das besondere Erlebnis. Diesen Tag werden sie nie vergessen. Alleine deshalb hat sich die Anschaffung schon gelohnt », erzählt Roger Langhout, General Manager des Hotels. Doch wie es mit Innovationen nun mal immer ist, irgendwann werden sie zur Selbstverständlichkeit. «Drei, vier Jahre gebe ich Mario noch, danach brauchen wir etwas Neues», so Langhout. «Praktisch wäre es, wenn der Roboter Gesichter erkennen würde. So könnte man jeden Gast persönlich begrüssen.»

Zwei bis drei Mitarbeitende sind in Belgien im Hotel an der Réception und das wird auch so bleiben. Ausser der mobile Check-in gewinnt massiv an Bedeutung. In diesem Fall überlegt Langhout sich «Pepper» zuzulegen, einen humanoiden Roboter mit Touchpad, der den automatischen Check-in durchführt. «Momentan checken etwa nur drei Prozent unserer Gäste online ein. Doch selbst wenn diese Zahl wächst, wird man immer die Wahl zwischen Mensch und Maschine haben», so Langhout. Robotertechnik im Hotel ist für jene, die nicht nach mehr verlangen. Der Wunsch nach persönlichem Service und Aufmerksamkeit wird nicht gänzlich verschwinden.

Kunstvoll und köstlich: Essen aus dem 3D-Drucker

Für Routinearbeiten sind Roboter gut genug. Doch nicht nur. Denn sie haben Fähigkeiten, die Menschen nicht besitzen. Speziell für Köche wird es interessant: Eine Maschine hat keine zitternde Hand und bekommt keine müden Arme. Diese Fähigkeit kann man einsetzen, um Kunstwerke auf dem Teller oder in der Konditorei zu kreieren. Ein 3D-Drucker arbeitet in Perfektion und erschafft Unmögliches: ein Labyrinth aus Schokolade oder Croutons in Form von Bäumen. Sogar Schloss Neuschwanstein kann man aus Marzipan nachbilden.

Melanie Senger präsentierte am Gastro Trend Day ihren Drucker «Bocusini», der jahrelanger Forschungsarbeit entstammt. «Im Prinzip ist es nichts anderes als ein präziser Spritzbeutel. Drucken lässt sich alles, was fliessfähig ist: Hummus, Fruchtpürees, Marzipan, Kartoffelstock oder neu sogar Pasta», erzählt die Forscherin. Personalisiertes Kaffeegebäck und Pasta in ausgefallenen Formen wäre beispielsweise eine Idee für die Gastronomie oder für aufwendiges Dekor in der Konditorei. Aus Marzipan lassen sich sogar Gesichter, Büsten oder ganze Figuren herstellen – eine Marktlücke für die Hochzeitsbäckerei. Mit einer Kamera kann man jede beliebige Figur sowie jedes Gesicht einscannen und detailgetreu ausdrucken. Reklamationen? Fehlanzeige. Es entstehen perfekte, essbare Nachbildungen.

Sind Roboter also ein Fluch oder ein Segen? In den kommenden Jahren kann man sicherlich nur von einem Segen sprechen: Sie sind ein Gästemagnet, sie übernehmen repetitive Standardarbeiten oder erschaffen etwas, das von Menschenhand nicht möglich wäre. Doch im Endeffekt wollen alle Gäste jemanden, der ihnen die Wünsche von den Augen abliest.

(Anna Shemyakova)