Monika Janicka leitet die Hiltl Akademie in Zürich. Sie ist überzeugt, dass es sich für jedes Restaurant lohnt, kreative vegane Gerichte anzubieten.
Noch immer ist die einzige vegane Option in vielen Restaurants ein Teller Tomatenspaghetti. Wären vegane Menüs nicht eine Chance, kreativ zu sein?
Ich sehe definitiv mehr Potenzial in der veganen Küche als nur den Teller Tomatenspaghetti. Die Herausforderung, tierische Produkte zu ersetzen, erfordert Kreativität und Experimentierfreude. Indem man tierische Produkte durch pflanzliche Alternativen ersetzt, eröffnet sich ein Spektrum an Aromen, Texturen und Geschmacksrichtungen.
Mit welchen Produkten arbeiten Sie?
Man kann mit einer Vielzahl von Gemüsen, Hülsenfrüchten, Getreidesorten, Nüssen, Samen und Gewürzen arbeiten, um innovative und feine Gerichte zu entwickeln. Traditionell pflanzliche Produkte wie Seitan, Tofu oder Tempeh eignen sich hervorragend für herzhafte Gerichte. Zudem kann man Fleischalternativen wie Planted nutzen, um traditionelle Gerichte neu zu interpretieren. Für Desserts, Saucen und Dressings bieten sich Produkte wie Hafermilch, Erbsenmilch oder Cashewkäse an.
Wie sinnvoll sind sogenannte Fleischalternativen?
Sie können in der veganen Küche eine sinnvolle Rolle spielen, da sie eine Möglichkeit bieten, traditionelle Gerichte nachzuempfinden und gleichzeitig tierleidfrei zu bleiben. Sie erleichtern den Übergang zu einer pflanzlichen Ernährung. Dennoch ist es nicht zwingend notwendig, auf sogenannte Alternativen zurückzugreifen. Die vegane Küche bietet eine grosse Auswahl an natürlichen Zutaten, die auf kreative Weise kombiniert werden können.
Bei veganer Ernährung ist die Zusammensetzung der Nährstoffe besonders wichtig. Worauf müssen Köche achten?
Es ist wichtig, eine ausgewogene Mahlzeit anzubieten, die Proteine, Kohlenhydrate, gesunde Fette, Vitamine und Mineralstoffe enthält. Dazu können verschiedene pflanzliche Proteinquellen wie Hülsenfrüchte, Tofu oder Tempeh kombiniert werden. Zudem ist es wichtig, auf eine ausreichende Zufuhr an Vitamin B12, Eisen, Kalzium, Omega-3-Fettsäuren und Vitamin D zu achten, die bei einer rein pflanzlichen Ernährung möglicherweise etwas mehr Beachtung erfordern. Unabhängig von der Ernährungsform sehen die Teller in vielen Restaurants allerdings nicht sehr ausgewogen aus. Dies, obwohl wir eine grosse Verantwortung unseren Gästen gegenüber haben. Da können wir uns einiges von den Kolleginnen und Kollegen aus der Gemeinschaftsgastronomie der Heime und Spitäler abschauen.
Wenn die Zeit fehlt: Was sind einfache und doch überraschende vegane Gerichte?
Ein Beispiel wäre eine bunte Bowl mit unterschiedlichem gebratenem Gemüse, regionalem Getreide, marinierten Tofuwürfeln und einem hausgemachten Dressing. Auch eine leckere Pasta mit frischem Gemüse, Kräutern und einem feinen Nusspesto kann schnell zubereitet werden. Oder wie wäre es damit, eine herzhafte Linsensuppe zu kochen und einzufrieren, um sie bei Bedarf aufzukochen und mit Gewürzen und Kräutern zu verfeinern?
Zum Abschluss gibt es ein veganes Dessert. Eine besondere Herausforderung?
Für ein veganes Dessert bieten sich verschiedene pflanzliche Produkte an. Eine Möglichkeit ist die Verwendung von Kokos- oder Hafermilch für die Zubereitung von Cremes oder Puddings. Frisches Obst kann zu einem erfrischenden Sorbet verarbeitet werden. Auch sehr lecker sind Nüsse, Samen oder vegane Schokolade in Desserts wie Brownies, Schokoladenkuchen oder Nussriegeln. Es ist sicher eine Herausforderung, im Dessertbereich Klassiker zu veganisieren. Der Geschmack kann stark von dem abweichen, was wir von Rahm, Eiern und Butter gewohnt sind. Deshalb gilt es, die Herausforderung anzunehmen und kreativ zu werden, um die Gäste immer wieder aufs Neue zu überraschen.
In der Schweiz ernährt sich nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung vegan. Wieso lohnt es sich trotzdem, als Betrieb kreative vegane Menüs anzubieten?
Es lohnt sich für uns als Gastronomen und Gastronominnen, weil wir damit unsere Zukunft sichern. Denn nur mit einem gesunden Planeten wird es diese geben. Oder, um es weniger pathetisch auszudrücken: Veganismus gewinnt weltweit an Popularität. Mit kreativen Menüs kann man neue Gästegruppen ansprechen, die nach pflanzlichen Optionen suchen. Es kann eine Möglichkeit sein, sich von der Konkurrenz abzuheben und in der Gastronomiebranche als Vorreiterin wahrgenommen zu werden.
(Angela Hüppi)
Seit 2019 leitet Monika Janicka die Hiltl Akademie in Zürich. Die Kölnerin studierte erst Politikwissenschaften, bevor sie ihren Nebenjob in einer Restaurantküche nach einer Kochausbildung zum Hauptberuf machte. Bevor sie zu «Hiltl» kam, führte sie mehrere Restaurants in Zürich.