Das Spannungsfeld zwischen Lebensmittel, Verpackung und Food Waste ist gross. Auf allen Ebenen wird nach Lösungen geforscht.
Am zehnten Ostschweizer Food Forum, das Anfang März in Weinfelden/TG stattfand, stand die Zukunft der Schweizer Ernährungswirtschaft im Fokus. Dabei ging es um die Versorgung der Bevölkerung mit Proteinen bei gleichzeitiger Reduktion des ökologischen Fussabdrucks.
Dass die Frische des Produkts, dessen Plastikverpackung und die Vermeidung von Food Waste eng miteinander verknüpft sind, erklärte Hanna Krayer anhand einzeln verpackter Salatgurken. Die Projektleiterin Nachhaltigkeit beim Migros-Genossenschaftsbund hat ausgerechnet, dass zwei Gramm Plastik pro eingepackter Gurke weniger CO2 verursachen als der Food Waste unverpackter, aber schrumpeliger und somit nicht mehr verkaufbarer Gurken. Das Beispiel aus dem Detailhandel beschäftigt auch Olivia Menzi, Präsidentin des Vereins Mehr als zwei. Dieser baut einen Marktplatz auf, der Überschüsse und Nebenprodukte vermittelt. Anschliessen können sich Landwirte, Lebensmittelproduzenten und Gastronomen.
Um Klimaziele einzuhalten, müssen alle mithelfen
Simone May von der Agro Marketing Thurgau AG und Frank Burose von der Kompetenznetzwerk Ernährungswirtschaft AG, die Organisatoren des Ostschweizer Food Forums, luden dazu auch Andreas Koch, Geschäftsführer KSSET Kompetenz-Zentrum Erneuerbare Energie-Systeme Thurgau ein. In seinem Referat ging es um die Dekarbonisierung der Land- und Ernährungswirtschaft. «Schweizer Unternehmen und ihre Lieferketten haben einen weitaus grösseren Einfluss auf das Klima als die Schweiz als Staat», sagte Andreas Koch. «Jedes Unternehmen muss festlegen, wie viele Treibhausgase es ausstossen darf, wenn die Erderwärmung nicht über 1,5 Grad Celsius steigen soll.» Öko-Label auf Produkten wären demzufolge sinnvoller als Nutriscore-Angaben. Denn häufig werden Produkte eingekauft und weiterverarbeitet, in denen viel nicht deklarierte Energie steckt.
Andreas Koch und Frank Burose unterstützen Firmen bei der Umsetzung ihrer Klimaziele. In einem ersten Schritt geht es um eine Auslegeordnung sowie die spezifischen Bedürfnisse des analysierten Unternehmens. Danach zeigen sie die wichtigsten Einsparpotenziale und technischen Möglichkeiten auf.
In Schritt zwei geht es um eine umfassende Analyse der Daten. Dazu gehören Betriebs- und Prozessabläufe, der Energiebedarf und -verbrauch, Abwärme sowie Treibhausgasemissionen.
In Schritt drei werden Lösungsvarianten für erneuerbare Energiesysteme berechnet. Immer unter Berücksichtigung der mittel- und langfristigen Wirtschaftlichkeit. Vom Erstgespräch bis zum Umsetzungsplan ist erfahrungsgemäss mit rund sechs bis neun Monaten zu rechnen – je nachdem, wie komplex sich die Umstellung auf erneuerbare Energien präsentiert.
Die Science-based Targets Initiative SBTi ist die weltweit standardisierte Methode für Klimaschutzziele. Rund um den Globus engagieren sich rund 4600 Firmen für die SBTi. In der Schweiz sind es 112 Unternehmen mit einem kumulativen Umsatz von mehr als 500 Milliarden und 300 Millionen Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr.
Zur Reduktion von CO2-Emissionen werden alternative Proteine beitragen. Zu deren Produktion wagt Lukas Hartmann von der Hochdorf-Gruppe einen Blick in die Zukunft. «Heute ernähren wir uns von pflanzlichen und tierischen Proteinen. Aufgrund der Zusammensetzung der Aminosäuren haben pflanzliche Proteine nicht den gleichen nutritiven Wert», sagte der Chief Innovation Officer. «Proteine auf der Basis von gezüchteten Stammzellen von Tieren werden eine Nische bleiben. Der Anteil pflanzlicher Proteine wird nicht mehr so rasch wachsen wie aktuell. Neu werden Proteine auf der Basis von Mikroorganismen stark zunehmen.» Die Technologie sei ausgereift. Wir würden sie vom Bierbrauen oder der Produktion des Medikaments Insulin kennen.
(Gabriel Tinguely)