Während der Pandemie umgebaut, erlebt das Restaurant und Hotel Löchlibad das wohl verrückteste Kapitel seiner Geschichte.
Der Mittwoch, 1. Juni, ist ein regnerischer Tag. Trotzdem ist der Parkplatz voll. Im Restaurant Löchlibad in Obergoldbach im Emmental sind bis auf den letzten Stuhl alle Plätze besetzt. «Seit der Eröffnung vor einem Monat werden wir täglich überrannt», sagte Gastgeber Adrian von Weissenfluh kurz und bündig, schenkte Wein nach und war auch schon wieder weg. Später erzählte er, dass sein Team im ersten Monat doppelt so viel Umsatz erzielte wie budgetiert war und er weitere Mitarbeiter suche.
Die Geschichte des heutigen Restaurant und Hotel Löchlibad begann als «Baad Wirthschaft am Brandiswald». 1688 sah sich die Obrigkeit genötigt, das Baden vorübergehend zu verbieten weil «an Samstagen und Sonntagen ein gottloses Leben geführt werde». Im 18. Jahrhundert tauchte erstmals der Name «Löchlein-Bad» auf. Bis 1928 wurde gebadet. Danach war das «Löchlibad» lange Jahre ein beliebtes Ausflugsrestaurant. 2019 wollte die letzte Wirtin altershalber das Haus verkaufen und betraute damit die Grossen Immobilien AG in Muri bei Bern.
Erste Interessenten scheiterten an der Finanzierung, weiteren kam die Corona-Pandemie in die Quere. Das brachte Urs Grossen auf den Plan, das Haus zu kaufen. Für den ehemaligen Bauunternehmer und heutigen Immobilienmanager war dies eine Herzensangelegenheit. Denn Urs Grossen wuchs in der Gemeinde Obergoldbach im Emmental auf und trank im «Löchlibad» sein erstes Bier. «Ich wollte, dass das Haus als Restaurant erhalten bleibt», sagte er.
Ohne Budget und Bauprogramm begann Urs Grossen die Sanierung. «Ein so altes Haus steckt voller Überraschungen. Wir mussten Wand für Wand erneuern», sagte er. Dabei bescherten ihm Bauvorschriften zahlreiche schlaflose Nächte. «Auch wollte ich keine Baumaterialzentrale errichten. Deshalb konzentrierten wir uns auf Bestehendes und ergänzten mit Naturstein, Holz und Leinen. Neben Naturfarben dominieren Schwarz und Weiss», erklärte der Bauherr.
Dass ihm Details, die Wärme verströmen, wichtig sind, sieht man auf den ersten Blick. So hat er die alten Tische restauriert und bestehende Stühle mit solchen von Horgenglarus ergänzt. Die Fassungen der Lampen mit drei aus weissem Messing gegossenen Kuhköpfen fand Grossen in Appenzell. Mit Schweizer Möbeln ausgestattet sind auch die beiden Hotelzimmer. «Weil das ‹Löchlibad› abgelegen im Emmental liegt, dort wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, nannten wir die Zimmer ‹Fuchs› und ‹Hase›. Unser Ziel ist es, das kleinste Swiss Historic Hotel zu werden.»
Das Speiseangebot ist klein. Küchenchef Michael Schütz fokussiert sich auf Regionales. Rösti mit Kalbsleberli oder Bratwurst von Metzger Gygax aus Lützelflüh/BE sind Renner. Die Weinkarte spiegelt die Vorlieben von «Löchlibad»-Besitzer Urs Grossen. Nebst vielen Schweizer Crus bietet sie beste Flaschen aus Frankreich und Italien.
Das Restaurant ist nach wie vor jeden Tag sehr gut besucht und noch sind nicht alle Stellen besetzt. «Doch mittlerweile haben wir Routine und kennen die Betriebsabläufe. Dadurch konnten wir unsere Effizienz steigern», sagte Adrian von Weissenfluh vergangene Woche. «Ausser, dass wir einen Grill aufgestellt haben, mussten wir am Konzept nichts ändern.»
(Gabriel Tinguely)
Sitzplätze
70 im Restaurant
65 auf der Terrasse
Öffnungszeiten
Ganzjährig von Mittwochs bis Sonntags von 10 bis 23 Uhr
Mitarbeitende
3 Personen im Service, 2,5 in der Küche sowie 1 Person für die Reinigung
Fuchs und Hase
Zwei Zimmer mit Doppelbetten und Duschen.
Das 1851 erbaute Gasthaus strahlt seit April in neuem Glanz.