Nicht nur mehr Lohn, auch ein grösseres Netzwerk und bessere Marktchancen bieten sich jenen, die sich beruflich weiterbilden.
Eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD bringt es auf den Punkt: «Menschen mit einem höheren Bildungsabschluss haben bessere Berufsaussichten. Und: je höher der Berufsabschluss, desto besser der Verdienst.»
Machen wir die Milchbuchrechnung für das Gastgewerbe. Ein Ungelernter verdient mindestens 3582 Franken monatlich. Nimmt er die berufliche Bildungsleiter in Angriff, liegen für ihn bis zu 1000 Franken pro hochgekletterter Stufe im Monat drin. Hochgerechnet auf noch gut 35 vor ihm liegende Berufsjahre, könnte er rund 1,5 Millionen Franken mehr verdienen, als wenn er ein Leben lang auf der ungelernten Bildungsstufe verharren würde.
Es zählt aber nicht nur die monetäre Seite. «Schon als ausgebildeter Koch ist die Weiterbildung ein Muss», sagt Reto Walther, Geschäftsführer des Schweizer Kochverbands. «Nebst der praktischen Erfahrung in verschiedenen Betrieben, welche die Basis für eine erfolgreiche Karriere bildet, sind sämtliche Bildungslehrgänge für das weitere Berufsleben wertvoll. Die Durchlässigkeit von der Basisqualifikation über die berufliche Grundbildung bis hin zur höheren Berufsbildung ermöglicht es grundsätzlich jedem Profi, die Leiter hochzusteigen. Selbst nach dem Erreichen eines eidgenössischen Diploms gibt es zahlreiche Anschlussausbildungen, die ein Erweitern der persönlichen Kompetenzen ermöglichen.»
Was für die Köche gilt, gilt natürlich auch für die Berufsleute in der Restauration, der Hauswirtschaft, im Hotelmanagement und in der Administration sowie in der Bäcker- und Confiseur-Branche.
Allerdings: So gut die Aufstiegs- und höheren Lohnperspektiven auch sind, ein Bachelor- oder Master-Titel liegt hierzulande nur für Absolventen eines Hochschulstudiums drin. Ein parlamentarischer Vorstoss, die beiden Titel auch für Berufsleute einzuführen, scheiterte jüngst in der Frühjahrssession im Ständerat.
Nun liegt ein neuer Vorschlag auf dem Tisch. Wie der «Tagesanzeiger» berichtetet, befürwortet das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI die Einführung von «Professional Bachelor» und «Professional Master». Und zwar als Ergänzung zu bestehenden Titeln. So könnte dereinst eine Köchin oder Köchin mit Berufsprüfung zusätzlich den Titel «Professional Bachelor», eine Leiterin Hotellerie-Haus-wirtschaft mit eidgenössischem Diplom die Zusatzbezeichnung «Professional Master» tragen. Mit diesen Titeln würden sich nicht nur die Chancen von Schweizer Berufsleuten auf dem internationalen Markt vergrössern. Sie könnten aber auch ein Signal an Schulabgänger senden, die vor dem Entscheid stehen, ein Studium oder eine berufliche Grundbildung in Angriff zu nehmen.
Investitionen in die heutigen und zukünftigen Bildungswege sind keine Selbstläufer. Mit der aktuellen Unterschriftensammlung «Gemeinsam gegen Personalmangel» weist die Hotel & Gastro Union darauf hin, dass die Branche unbedingt qualifizierte Arbeitnehmende und Arbeitgebende braucht. Deshalb fordert sie die unbefristete Fortsetzung der kostenlosen Aus- und Weiterbildung über 2023 hinaus. Sie will, dass die Anforderungen an die Berufsbildner zugunsten der Lernenden erhöht werden und fordert für Mitarbeitende mehr bezahlte arbeitsfreie Zeit für die Teilnahme an Aus- und Weiter-bildungskursen.
Wer diese Forderungen mitträgt, setzt seine Unterschrift auf die Webseite gegen-personalmangel.ch und sagt es seinen Arbeitskolleginnen und -kollegen im Betrieb weiter.
(Jörg Ruppelt)