Wie eine Klette an jemandem kleben. Bereits das Sprichwort besagt, wofür sich Klettpflanzen eignen. Vor 70 Jahren nutzte ein Romand die Pflanze für seine Erfindung: den Klettverschluss.
Juni 1941. Der Zweite Weltkrieg war in vollem Gang. Die deutsche Wehrmacht marschierte in die Sowjetunion ein und begann mit dem «Unternehmen Barbarossa» einen Vernichtungskrieg zwischen Berlin und Moskau. Japan bombardierte Pearl Harbor und Hitler erklärte den USA den Krieg.
Wie mag es im Vergleich dazu angenehm gewesen sein in der neutralen Schweiz. Ringsum tobte der Weltkrieg. Aber im Waadtland hatte George de Mestral (1907–1990) Zeit für Jagdausflüge. Als er von einem dieser Ausflüge nach Hause kam, entdeckte er – so besagt es die Legende – an seinen Hosen und am Fell seines Hundes grüne Kugeln, sogenannte Kletten, die Früchte der Grossen Klette. Die Neugier des Ingenieurs war geweckt. Flugs untersuchte er die Pflanze unter dem Mikroskop und entdeckte winzige, elastische Haken.
Dieses Prinzip machte sich de Mestral zunutze, um an einem neuartigen Textilverschluss zu tüfteln. Es dauerte Monate, bis er eine akzeptable Lösung fand: ein Band mit Haken und ein Gegenstück mit Schlaufen. Der Klettverschluss war geboren. 1951 beantragte de Mestral einen Patentschutz, den er ein paar Jahre später auch erhielt. Das erste von ihm gestaltete Produkt hatte Haken und Ösen in einem Band, nicht wie heute in zwei getrennten Bändern.
George de Mestral interessierte sich bereits als Kind für technische Prozesse und liess sich im Alter von zwölf Jahren ein mit Stoff bespanntes Modellflugzeug patentieren. 1959 gründete der studierte Ingenieur für die Produktion von Klettbändern das Unternehmen Velcro Industries. Der Name ist ein Kofferwort aus den französischen Wörtern Velours für Samt und Crochet für Haken.
Kommerziell nahm de Mestrals Errungenschaft erst 1969 Fahrt auf und zwar mit der ersten Mondlandung. Die Anzüge der Astronauten waren mit Klettverschlüssen versehen und an ihren Handgelenken sass die Monduhr von Omega mit Klettarmband.
Übrigens verhalf die Klett-Technik de Mestral zu einer weiteren Erfindung: den Lockenwickler mit Klettverschluss, der noch heute in der Coiffeurbranche zum Einsatz kommt. Aber auch im Bekleidungssektor findet der Klettverschluss Verwendung, so zum Beispiel bei Berufsschuhen. Dort hat er allerdings einen eher schweren Stand, wie Christian Rausser von der gleichnamigen Firma in Ebmatingen/ZH weiss: «Der Anteil von Schuhen mit Klettverschluss liegt lediglich bei ein bis zwei Prozent. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass ein Schuh mit Klettverschluss nicht besonders elegant wirkt.» Doch diese Schuhe hätten den Vorteil, dass sie schnell geöffnet und angepasst werden können. «Ich finde den Klettverschluss eine feine und geschätzte Erfindung», so Rausser.
(Ruth Marending)