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Esther Lüscher: «Wir sind auf gutem Weg, aber noch nicht am Ziel»

Im Frühling hat sich die Präsidentin der Hotel & Gastro Union an die Mitglieder gerichtet und das Jahr des Aufrüttelns eingeleitet. Nun ist es an der Zeit, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen

Esther Lüscher, Präsidentin der Hotel & Gastro Union. (ZVG)

HGZ: Esther Lüscher, was steckt hinter dem Aufrütteln?

Esther Lüscher: Wir, die Mitglieder der Hotel & Gastro Union, deren Geschäftsleitung sowie der Zentralvorstand haben uns während vieler Jahre einen festen Platz in der Branche erarbeitet. So sind wir beispielsweise führend bei den L-GAV-Verhandlungen. Jeder im Gastgewerbe Tätige profitiert davon, dass wir organisiert sind und nimmt es als selbstverständlich hin, dass es einen 13.  Monatslohn gibt. Die Sozialpartner nehmen uns aber nur ernst, wenn wir als starker Branchenverband auftreten.

Ist dieser Auftritt gefährdet?

Noch nicht. Dass wir in den vergangenen Jahren Mitglieder verloren haben, bereitet mir jedoch Sorge. Wenn das so weitergeht, verlieren wir an Gewicht in den Gremien wie in den L-GAV-Verhandlungen und in der Berufsbildung. Deshalb haben wir die Mitglieder aufgerufen allen Nichtmitgliedern zu erklären, was sie verlieren, wenn es die Hotel & Gastro Union nicht mehr gibt: Nebst den Minimallöhnen, dem 13.  Monatslohn und maximalen Arbeitszeiten sind dies fünf Wochen Ferien sowie kostengünstige Weiterbildungsmöglichkeiten.

Welche Massnahmen haben Sie eingeleitet?

«Einer für alle, alle für einen», ist keine leere Parole. Mitglieder zu halten und neue zu gewinnen, ist ein Beziehungsgeschäft. Diesbezüglich haben alle Vorstandsmitglieder, Regionalpräsidenten und Netzwerkleiter grossartige Arbeit geleistet. Sie sollen in Zukunft bei ihrer Arbeit noch besser unterstützt werden.

Greifen die Massnahmen?

Ja. Aus der Mitgliederstatistik lassen sich positive Signale ablesen. Zwar stagnieren die Eintritte, doch die Verweildauer hat sich verlängert. Wir sind auf dem richtigen Weg, aber noch lange nicht am Ziel.

Welche Schritte sind als nächste geplant?

Menschen sprechen Menschen an. Mitglieder gehen auf Nichtmitglieder zu. Wir setzen alles daran, die Beziehungen zu unseren Mitgliedern weiterhin zu pflegen und neue Berufsleute dazuzugewinnen. Eine gute Möglichkeit dafür bietet die Igeho. In Basel laden wir alle Gastgewerbler herzlich ein, uns im Wohnzimmer der Gastronomie (Halle 1, Stand D160) zu besuchen. Dort stellen wir die Berufsverbände vor, zeigen die Kompetenz der Berufe und feiern unsere Mitglieder an der Nacht der Gastronomen.

Wie geht es nach der Igeho weiter?

Wir warten nicht bis nach der Igeho. Vieles ist bereits angelaufen. Seit dem Juli-Treffen mit den regionalen Präsidenten ist bereits Vieles am Laufen. Ich bedanke mich nochmals für die wertvollen Ideen und Denkanstösse. Alle, die mitdenken, tun dies auf freiwilliger Basis und in ihrer Freizeit.

Können Sie konkrete Beispiele nennen?

Wir sind dabei, die Regionen zu entlasten. Die Geschäftsführer der Berufsverbände werden intensiver mit den Netzwerkleitern zusammenarbeiten und diese unterstützen. Jeder der fünf Berufsverbände wird ein Jahresmotto bestimmen, zu dem die Netzwerkleiter dann Anlässe organisieren. Zudem sollen Mitglieder, die in einer Region verwurzelt und aktiv sind, weiterhin dort mitmachen können, auch wenn sie in einer anderen Region arbeiten. Diesbezüglich werden wir an der Delegiertenversammlung 2018 die Statuten anpassen.

Was erwarten Sie von jedem einzelnen Mitglied?

Ich erwarte von allen gastgewerblichen Mitarbeitern, dass sie stolz darauf sind, einen so guten L-GAV zu haben. Ich rufe allen in Erinnerung, dass wir als Arbeitnehmerverband zusammen mit Hotelleriesuisse und Gastrosuisse aktiv daran beteiligt sind, unsere Berufsfelder zu gestalten. Das ist längst nicht in allen Branchen so und ein kostbares Gut, das es zu erhalten lohnt. Zudem ist das der grosse Unterschied zur Unia, die sich nicht für die Berufe ihrer Mitglieder einsetzt.

Und jetzt können wir mit Tatjana Caviezel eine Weltmeisterin feiern.

Auf jeden Fall. Vom Sieg unseres Mitglieds profitieren alle Mitglieder. Davon ausgehend, dass unsere 22 000 Mitglieder aus Überzeugung bei ihrem Berufsverband dabei sind, erwarte ich, dass sie mit Stolz von ihrer Mitgliedschaft erzählen und damit Teil des Erfolgs an den World Skills sind.

Nehmen die Nichtmitglieder ihre Verantwortung gegenüber ihren Berufen zu wenig wahr?

So ist es. Jeder sollte sich sagen: «Ich bin im Verband und unterstütze meinen Beruf.»

Das klingt kämpferisch.

Ja. Unser Verein, die Hotel & Gastro Union mit den fünf Berufsverbänden, ist eine Kostbarkeit. Selbst ohne kurzfristige, individuelle Gewinne lohnt sich der Einsatz dafür. Sei dies als aktives oder stilles Mitglied. Ich kämpfe dafür. Ich wünsche mir, dass Sie das auch tun.

(Interview Gabriel Tinguely)


Mehr Informationen unter:

www.hotelgastrounion.ch