Im April hat das Hotel Adula in Flims/GR das Arbeitszeitmodell Flex-Work in allen Abteilungen eingeführt und damit interessante Erfahrungen gemacht.
Vier Tage arbeiten, drei Tage frei bei 100 Prozent Beschäftigung. Die meisten Betriebe, die dieses Arbeitsmodell einführen, tun dies nur in der Küche. Das Hotel Adula in Flims hingegen hat es gewagt, allen Mitarbeitenden ein flexibleres Arbeiten zu ermöglichen. Dazu hat es das System Flex-Work eingeführt. «Wir arbeiten nun in Schichten, statt in Teildiensten», sagt Hoteldirektor Paul Urchs.
Entwickelt wurde dieses Arbeitszeitmodell unter Einbezug des Arbeitsinspektorats, des Landes-Gesamtarbeitsvertrags für das Gastgewerbe (L-GAV) und in Zusammenarbeit mit Maximilian Lude. Der Münchner Wissenschaftler hat sich auf Innovationen und Zukunftsgestaltung von Familienunternehmen spezialisiert. «Er hat uns geholfen herauszufinden, wo wir in Zukunft sein wollen und wie wir dorthin kommen», sagt Paul Urchs.
Den Mitarbeitenden flexible Arbeitszeiten zu ermöglichen, ist für das fast 140-jährige Hotel ein wichtiger Schritt auf diesem Weg. Zumal die jungen Leute, die auf den Arbeitsmarkt drängen, diesbezüglich ganz andere Vorstellungen und Bedürfnisse haben als frühere Arbeitnehmergenerationen. Für Paul Urchs ist klar: «Die Betriebe müssen sich ändern und an die veränderten Bedürfnisse anpassen. Nicht der Nachwuchs.»
Paul Urchs, Direktor Hotel Adula, Flims
Seit April lässt der Hotelier alle Mitarbeitenden entscheiden, ob sie nach dem klassischen Fünf-tagewoche- oder dem Flex-Work-Modell arbeiten möchten. Bei Letzterem arbeiten sie nur vier Tage pro Woche, dafür täglich eine Stunde länger als normal. Die restlichen Stunden, die bis zur Fünftagewoche fehlen, werden in der Hochsaison, in der sowieso Überstunden anfallen, geleistet.
Gemäss L-GAV hat jeder Mitarbeitende einen fixen Tag pro Woche frei. Die zwei anderen freien Tage werden im Hotel Adula, wenn immer möglich, diesem fixen Tag vorangestellt oder ihm angehängt.
«Am Anfang haben sich 20 Prozent der Mitarbeitenden für das neue System entschieden. Im Sommer waren es 25 Prozent. Mittlerweile sind es 30 Prozent. Bis zum nächsten Sommer möchten wir diesen Wert auf 60 Prozent steigern», sagt Paul Urchs. Er weiss, dass Veränderungen immer auf Vorbehalte stossen und es etwas Überzeugungsarbeit braucht, bis sich Menschen auf Neues einlassen. Dementsprechend freut es ihn, dass gerade jene, welche dem neuen Arbeitszeitmodell zuerst skeptisch gegenüberstanden, es nun mitgestalten. «Das Flex-Work-System ist nicht statisch. Laufend passen wir es auf die jeweiligen, aktuellen Bedürfnisse der einzelnen Abteilungen und ihrer Mitarbeitenden an. Denn nicht alles, was in der Theorie toll ist, lässt sich im Hotelalltag umsetzen», erklärt der Hoteldirektor. Er fügt an: «Die besten Entwicklungen werden dabei von den Mitarbeitenden selbst angeregt.» Ein Zeichen, dass die Belegschaft hinter dem neuen Arbeitszeitmodell steht und es mitträgt.
Ein wichtiger Faktor bei Flex-Work sind die Angestellten in Teilzeitpensen. «Wir haben viel mehr Stellen für Teilzeitmitarbeitende geschaffen und bieten Pensen ab 20 Prozent an. Dadurch können wir Berufsleute, zum Beispiel junge Mütter, in der Branche halten. Etwa ein Viertel unseres Teams arbeitet Teilzeit.» Diese Mitarbeitenden sind das Ass im Ärmel, dass der Hoteldirektor zieht, um Zeiten mit hohem Personalbedarf abzudecken.
Flex-Work hat sich für das Hotel Adula auch als Marketingtool auf dem Stellenmarkt bewährt. Während andere Betriebe händeringend Personal für die Wintersaison suchen, kann Paul Urchs verkünden: «Bei uns sind alle Stellen besetzt.»
(Riccarda Frei)