Er hat nie im Gastgewerbe gearbeitet, aber eines der führenden Fünfsternehotels des Landes aufgebaut. Jürg Opprecht ist ein Macher, der sich mit Erfolgen und Rückschlägen auskennt.
Hotellerie Gastronomie Zeitung: Jürg Opprecht, Sie sind Unternehmer, Künstler, Entwicklungshelfer, Organisator des Forums christlicher Führungskräfte und Hotelbesitzer. Wie bekommen Sie alles unter einen Hut?
Jürg Opprecht: Ich habe diese Tätigkeiten bis zum Ausbruch meiner Krankheit (siehe zur Person) immer mit Begeisterung und Leidenschaft ausgeübt und nie als Last empfunden. Unternehmer sein, heisst, neue Dinge anzupacken. Ein Hotel zu bauen, ist eine Möglichkeit, kreativ tätig zu sein, Kunst ist ein Ausgleich. Ich bin ein kreativer Unternehmer, aber ich brauche gute Manager, die meine Visionen im Detail umsetzen.
Es heisst, Sie hätten sich mit dem «Lenkerhof» einen Bubentraum erfüllt.
Das stimmt. Ich sage jeweils, dass 90 Prozent der Hoteliers jammern und zehn Prozent begeistert sind. Ich habe versucht herauszufinden, was diese zehn Prozent richtig machen. Sie sind kreativ, leidenschaftlich und wagen Neues. Ich wollte zu diesen zehn Prozent gehören und suchte ein in die Jahre gekommenes Hotel, das total erneuert werden musste. Mir gefiel die Landschaft an der Lenk und das schlummernde Potenzial des Kurhotels mit Schwefelquelle.
Welchen Traum möchten Sie sich in Zukunft noch erfüllen?
Wir haben mittelfristig Pläne für den Ausbau des Hotels. Abgesehen davon sind es aber weniger grosse, neue Projekte, die mich beschäftigen. Vielmehr möchte ich meine Kinder mit meinen Aktivitäten vertraut machen und ihnen Schritt für Schritt Verantwortung übertragen. Was sie machen, ist dabei sekundär. Viel wichtiger ist, dass sie das, was sie machen, professionell und mit Leidenschaft tun.
Sie leben und führen Ihre Unternehmen nach christlichen Werten. Wie tun Sie das?
Unsere Werte sind im Leitbild festgehalten. Mit diesem arbeiten wir intensiv. Als Führungsteam sind wir die Vorbilder unserer Mitarbeiter. Ich pflege zu sagen, dass wir unsere Mitarbeiter lieben müssen. Mit Transparenz, Lob, Tadel und Weiterbildung in der Lenkerhof-Akademie setzen wir das im Alltag um. Alle 120 Mitarbeiter sind Gastgeber.
Haben Sie selbst einen direkten Bezug zum Gastgewerbe?
Ich habe nie in der Hotellerie gearbeitet, war aber immer ein aufmerksamer Beobachter. Gastgeber zu sein, habe ich mir von meiner Mutter abgeschaut. Sie war glücklich, wenn sie das Haus voller Gäste hatte.
Der Titel Ihrer Biografie lautet «Rückschläge und andere Erfolge». Wie haben Sie Rückschläge genutzt?
Ich habe nach einer Denkpause analysiert, was falsch lief und wo ich Fehler gemacht habe. Dazu führte ich viele Gespräche, holte mir Rat und liess meine betriebsblinden Bereiche durchleuchten.
Welcher Rückschlag hat sich als Segen herausgestellt?
Als ich vor knapp 20 Jahren eine Firma im IT-Bereich verlor, zog ich folgende Schlüsse: Investiere nur in Aktivitäten, von denen du etwas verstehst oder wo du erfahrene, fähige und integre Mitarbeiter in Führungspositionen hast. Leidenschaft und Hingabe, gepaart mit Demut und Bescheidenheit müssen die innere Triebkraft sein. Ich habe daraufhin diverse Aktivitäten abgebaut und jene, für die ich Leidenschaft und Berufung empfand, ausgebaut.
Was sehen Sie als Ihren bisher bedeutendsten Erfolg?
Das ist wohl die Stiftung BPN. Wir durften bis Ende 2017 in allen BPN-Ländern zusammen 1270 Workshops und Seminare durchführen, 1141 Unternehmerinnen und Unternehmer coachen und 21 135 Arbeitsplätze fördern.
Welche drei Tipps würden Sie als Mentor einem jungen Mitarbeitenden geben?
Erstens: Teamarbeit ist äusserst wichtig. Das spürt der Gast. Ein kenianisches Sprichwort sagt: «Wenn du schnell gehen willst, gehe allein. Wenn du weit gehen willst, gehe als Team». Zweitens frage dich: Hast du Leidenschaft für deine Tätigkeit? Wenn nicht, was könnte diese in dir wecken, und bist du am richtigen Platz? Drittens: Ein Spruch im Alten Testament lautet: «Wo keine Vision ist, geht das Volk zugrunde.» Deshalb: Stecke dir Ziele und verfolge sie.
(Interview Riccarda Frei)
Jürg Opprecht übernahm von seinem Vater die Maschinenfabrik Soudronic. Diese verkaufte er 1998 und erwarb zwei Jahre später das in Konkurs geratene Kurhotel in Lenk. Opprecht hat das Hotel für rund 40 Millionen Franken umgebaut. Heute ist der «Lenkerhof» eines der führenden Häuser der Schweiz. Parallel dazu betreibt der Unternehmer weitere Firmen, ist erfolgreicher Maler und hilft mit seiner Stiftung Business Professional Network BPN Handwerkern in Kirgistan, Nicaragua und Ruanda, Kleinunternehmen aufzubauen. Gesundheitliche Probleme (Krebs, Parkinson) bremsen ihn zwar aus, halten ihn aber nicht davon ab, seine Ziele weiterzuverfolgen. Im Mai ist das Buch «Rückschläge und andere Erfolge» mit Opprechts biografischen Erinnerungen erschienen.