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Gastgeber soll man sein – statt Gastnehmer

Drei eigene Betriebe, Prominenz und Fleisch vom Schwarzmarkt – Herbert Huber blickt in seinem Buch auf 60 Jahre Gastronomie zurück. Auf eine Zeit ohne Convenience, Tripadvisor und Saftpresse.

Herbert Hubers Gäste im «Giessenhof», Dallenwil: damalige Skirennfahrerin Erika Hess und Hans Niederberger vom Zentralschweizer Skiverband. (ZVG)

Seine Meinung ist dominant. Oder nur leidenschaftlich? Seit 26 Jahren schreibt sich Herbert Huber durch die helvetische Gastrolandschaft. Er teilt aus, sein Ton ist bestimmt: «Unhöfliches Personal, lieblose Speisekarten, zu Tode dekorierte Menüs – viele Schweizer Restaurants beherrschen ihr Kerngeschäft nicht: mit Hingabe kochen und mit Herzblut Gastgeber sein.» Als Berater kennt er die Probleme der Betriebe. Und er benennt sie unverblümt: «Die Wirte spielen Discounterlis. Sie geben den Fünfer und das Weggli und die Bäckersfrau mit dazu.»

Doch der 76-Jährige hat sich das Recht zum Austeilen hart erarbeitet. Denn er musste auch einstecken. Und wie. 

Huber als Architekt? Eher nicht.

1958 – eine Zeit, in der es kaum Convenience gab. Alle Fonds und Saucen machte man frisch. Glacen kühlte man in einem Solebad, Organgensaft presste man von Hand für Hunderte von Gästen. 

Es war auch das Jahr, in dem der damals 17-jährige Herbert Huber mit weisser Weste, Dreieckshalstuch und Toque zum ersten Mal in die Betriebsküche hineinspazierte. Ein Fauxpas zu Beginn der Lehre sicherte dem Lehrling prompt das Missfallen des Chefs im Luzerner «Continental»: «Man sollte ihn einsperren, damit er nicht noch mehr Unheil über das Gastgewerbe bringt», fluchte dieser. Besagten Fauxpas kann man mit den Worten «Dessertplatte, voller Saal, Teppichrand» beschreiben. Der Rest sei der Fantasie überlassen.

Huberts Lehrjahre waren steinig: 70 Stunden pro Woche, der Schultag galt als freier Tag. Am freien Halbtag ging man mit dem Chef auf Einkaufstour, meldete sich beim Metzger zum Ausbeinen oder ging zum Comestibles, um seine Fischkenntnisse zu erweitern. «Wer solches nicht tat, hatte nur eine geringe Chance, die Abschlussprüfung zu bestehen», erinnert sich Huber. Und er bestand. 

Liz Taylor sorgt für Beförderung

Die frühen Sechzigerjahre zogen auf. Für Herbert Huber eine Zeit voller Inspiration, Kameradschaft und Liebe. Unter seinem grossen Vorbild Otto Schlegel verbrachte er vier Saisons im «Gstaad Palace». Monatslohn: 320 Franken, während die Gäste teilweise 180 Franken für eine Flasche Dom Pérignon zahlten. Huber fühlte sich dennoch inspiriert: «Ich sah zum ersten Mal Hummer rot werden, öffnete Austern und Seeigel. Ich lernte, dass Kochen nicht nur Handwerk, sondern Kunst ist.» 

Louis Armstrong, Marlene Dietrich oder Liz Taylor zählten zu seinen Gästen. Dass Taylor mal für seine Beförderung sorgen würde, hatte Huber damals nicht wissen können. Doch so kam es. 

«Wer weniger als 70 Stunden pro Woche arbeitete, hatte keine Chance.» -Herbert Huber

Sie warb den jungen Huber ab und lud ihn als Leibkoch nach London ein. Doch er musste ablehnen: «Da habe ich die Rechnung ohne Otto Schlegel gemacht. Er pfiff mich wieder in die Niederungen des normalen Lebens zurück.»

Restauranteröffnung statt Flitterwochen

Ein Leben lang «kochend am Herd schwitzen», das wollte er nicht. Seine Vision: ein eigener Betrieb. Sein Weg: die Schweizerische Hotelfachschule Luzern SHL. Sein Angebot nach der Ausbildung: Direktionsposten im Hotel-Restaurant Goldenes Kreuz in Gerzensee/BE. Frisch verheiratet, übernahm Herbert Huber 1967 mit seiner Gertrude – ebenfalls Absolventin der SHL – den Aufbau des Betriebs. Die Flitterwochen? Eher pragmatisch als romantisch, mit Schreibmaschine, Block und Bleistift. «Wir engagierten Mitarbeiter und schrieben Tabellen.» Es zahlte sich aus: Königsfamilien und Bundesräte gingen im «Goldenen Kreuz» ein und aus. Auch im folgenden Betrieb, dem «Giessenhof» in Dallenwil/NW, wirbelten Herbert und Gertrude Staub auf. Sie besuchten lokale Wirte und beschlossen, zusammenzuspannen – als «Dalleweyler Beizer». Sie kauften gemeinsam günstig ein, lancierten Spezialitätenwochen und schickten einander Gäste. «So einfach war das. So einfach ist es!», sagt Huber. 

Nach insgesamt 25 Jahren als Gastgeber – nach Dallenwil zog es das Paar nach Stans – war es genug. Huber machte es sich zur Aufgabe, sein Wissen mit anderen zu teilen: als Berater, Kolumnist und Gastrokritiker. 

Das Fazit seines Buches in einem Satz zusammengefasst: Sei weniger Gastnehmer und mehr Gastgeber. 

(Anna Shemyakova)


Buchtipp

«Geschichten & Gekochtes»
Tanz mit der Gastronomie von Herbert Huber

Werd Verlag
232 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-85932-911-9
Fr. 39.00


Mehr Informationen unter:

www.werdverlag.ch