Gut 70 Prozent der Internetnutzer weltweit setzen auf Chrome, wenn sie im Internet surfen. Nun möchte Google Third-Party-Cookies auf Chrome ab 2023 verbieten. Also Datensätze, die domainübergreifend Nutzerinformationen sammeln. Das hat Konsequenzen, auch für das Hotelmarketing.
Cookies bringen die meisten Internetnutzer primär mit einem lästigen Übel in Verbindung. Jenem nämlich, dass Cookies beim Besuch einer Website entweder angenommen oder abgelehnt werden müssen. Doch was sind Cookies überhaupt? Cookies sind salopp gesagt kleine Textdateien, die über eine Website im Browser eines Nutzers gespeichert werden.
Mithilfe dieser Textdateien können zum Beispiel die Artikel im Warenkorb eines Nutzers gespeichert werden. Im Fall einer Hotelwebsite könnte dies zum Beispiel eine Übernachtung sein. Dadurch muss der Nutzer bei der Rückkehr auf die Hotelwebsite nicht noch einmal von vorne mit der Zimmersuche beginnen.
Dieses Cookie ist ein First-Party-Cookie und gehört zu den so genannten funktionalen Cookies (siehe Kasten), die das Surfen im Netz angenehmer machen. First-Party-Cookies stammen in der Regel vom Betreibenden jener Website, auf welcher der User gerade unterwegs ist. Die Nutzerdaten bleiben somit an einem Ort.
Anders verhält es sich mit Third-Party-Cookies. Tatjana Hein, Referentin und Projektmanagerin beim Verband der Internetwirtschaft e. V. in Deutschland, erläutert: «Third-Party-Cookies werden von Werbetreibenden genutzt, die über ihre Werbeschaltungen auf anderen Seiten mit den Cookies Nutzerinformationen sammeln. Es handelt sich dabei um Datensätze, die im Browser des Nutzers hinterlegt werden, wenn er eine Seite mit besagter Werbung besucht.» Begebe sich der Nutzer nun erneut auf eine Website mit Werbung des gleichen Anbieters, werde er wiedererkannt.
«Third-Party-Cookies werden dazu genutzt, das Surfverhalten eines Nutzers über einen längeren Zeitraum auch ohne explizite Anmeldung durch den Benutzer auf einer Website und über mehrere Webangebote hinweg zu beobachten». Dabei liefern die Third-Party-Cookies Werbetreibenden nützliche Informationen wie zum Beispiel die Navigation des Nutzers, die Verweildauer auf unterschiedlichen Webseiten, die verschiedenen Seitenaufrufe sowie deren Häufigkeit. Die Gesamtheit dieser Informationen ergebe ein klares Bild davon, wofür sich die Nutzer interessierten.
«Es kann über mehrere Domains hinweg nachverfolgt werden, wofür sich ein Nutzer interessiert. Betreiber von Websites können auch zusammenarbeiten, um einen Besucher über verschiedene Websites und serverübergreifend hinweg zu verfolgen», führt Hein aus. Wenn nun die Third-Party-Cookies auf Chrome wegfallen, wird dies kaum mehr möglich sein. Safari und Firefox blockieren Third-Party-Cookies schon seit einigen Jahren standardmässig, der Internet Explorer blockiert zumindest einige davon. Die beiden Browser, die Third-Party-Cookies bisher nicht blockieren und auch keine Anstalten machen, das zu tun, sind laut Technik-Redakteur Michael Wlosik Opera und Edge.
Gemäss verschiedener Statistiken nutzen gut 70 Prozent der Internet-Surfenden weltweit Chrome. Die Ankündigung von Google, Third-Party-Cookies auf diesem Server zu verbannen, kam daher für viele Werbetreibende zu Beginn einer Hiobsbotschaft gleich. Schaut man jedoch genauer hin, ist alles halb so schlimm.
Heiri Angele, Digital Advisor der Firma Tourismus Consult in Winterthur/ZH, ist der Ansicht, dass es schwieriger werden dürfte, gesammelte Daten nach dem Wegfall der Third-Party-Cookies in ihrer Gesamtheit in den richtigen Kontext zu setzen.
«Das bedingt ein Umdenken bei der Planung und Durchführung von Kampagnen, da viele Informationen, die bis anhin einfach zur Verfügung standen, nun selber gesammelt und analysiert werden müssen», hält Angele fest. Er geht davon aus, dass es bald branchenbezogene Anbieter geben wird, die die Interessen der Internetnutzer sammeln und für kleinere Agenturen und Betriebe zur Verfügung stellen werden.
Für Fabian Weidmann, Gründer und Senior Consultant der Marketingagentur Stammgast in Baden/AG, wird es künftig einen deutlich höheren Aufwand an Ressourcen und Technik benötigen, um Gäste mithilfe von Funnel- und Trackingsystemen gezielt anzusprechen (siehe Glossar). Auf welche Datensätze Werbetreibende dafür zugreifen können beziehungsweise wie detailliert diese sein werden, ist noch nicht ganz klar.
«Aktuell gibt es eine Vielzahl von Ansätzen und Projekten, welche sich den Alternativen zum klassischen Tracking mittels Cookie widmen. Dies sowohl seitens der Plattformbetreiber als auch seitens der werbetreibenden Agenturen», sagt Weidmann. Klar sei für ihn heute einzig, dass künftig neue Technologien benötigt würden, um auch in einer Welt ohne Cookies von Drittparteien mit derselben Präzision zielgruppenspezifische Marketingaktivitäten realisieren zu können, wie dies aktuell der Fall sei.
Für das Marketing kleiner und mittelgrosser Hotels dürfte sich laut Fabian Weidmann kaum etwas verändern. «Diese Betriebe nutzen die heute sehr einfach zugänglichen Daten aus First- und Third-Party-Cookies nicht oder nur marginal für die zielgruppenspezifische Kommunikation. Im Sinne einer aktiven Weiterentwicklung empfehlen wir unseren Kunden jedoch in Hinblick auf die bevorstehenden Änderungen nun die Basisarbeit in Angriff zu nehmen», so Weidmann. Dies bedeute, eine Auslegeordnung über sämtliche digitale und analoge Kontaktpunkte der Gästeinteraktion zu erstellen. Auf dieser Basis lasse sich klassifizieren, wo welche Informationen entstünden, wo diese gespeichert und letztlich verwendet werden könnten.
Die eigene Marketingstrategie angesichts der Neuerungen zu überdenken, ist auf jeden Fall ratsam. Doch Thierry Geissmann, Gründer Marketingfirma Dig.id aus Basel und Dozent der SHS Academy in Bern, gibt Entwarnung: «Die Abschaffung der Cookies von Drittanbietern ist nicht das Ende des Trackings.» Auf Browsern wie zum Beispiel Safari sei bereits ersichtlich, dass Trackingsysteme auf andere Lösungen zurückgriffen und so das Nutzerverhalten weiterhin analysieren könnten.
«Allerdings», räumt er ein, «wird man zukünftig neue Ansätze verfolgen müssen. Mit angepassten Strategien können Hotelières und Hoteliers dieselbe Kapitalrendite bei der Werbeschaltung erreichen wie mit der Nutzung von Third-Party-Cookies.»
(Désirée Klarer)
First-Party-Cookies sind jene Cookies, die direkt vom Websitebetreibenden gesetzt werden und den Website-Besuchenden nicht domainübergreifend verfolgen. Nicht alle Cookies sind also dazu da, Informationen über die Nutzer zu sammeln und diesen über Domains hinweg mit Werbung zu verfolgen. Drei von gesamthaft vier Arten sind laut Software-anbieter Cookie Script sogar recht nützlich für die Nutzer.
Diese Cookies sind für eine funktionsfähige Website unerlässlich. Zu diesen Funktionen gehört beispielsweise die Möglichkeit, sich anzumelden oder Artikel in den Warenkorb eines Online-Shops zu legen. Sowohl unter der gesetzlichen Regelung in der Schweiz als auch unter der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist es für zwingend notwendige Cookies nicht nötig, die Zustimmung des Nutzers einzuholen.
Das Formular auf einer Website nur einmal ausfüllen und danach davon profitieren können, dass sich das Formular quasi von alleine ausfüllt – das ist eins von vielen Beispielen dafür, welche Aufgabe funktionale Cookies erfüllen. Die Informationen des Nutzers sind bei funktionalen Cookies anonymisiert. Die Cookies selbst sind einwilligungspflichtig und können durch die Nutzer jederzeit in den Cookie-Einstellungen deaktiviert werden.
Performance Cookies überwachen die Leistung der Website und verfolgen die Aktionen der Besucher einer Website, doch sie sammeln keine identifizierbaren Informationen. Die Daten werden anonym gesammelt und zur Verbesserung der Website genutzt.
Diese Art von Cookie kann zum Beispiel die Seitenbesuche zählen, untersuchen, wie viel Zeit ein Nutzer auf einer bestimmten Seite verbracht hat und die Ladegeschwindigkeit analysieren, um die Leistung zu verbessern. Performance Cookies sind in der Regel First-Party-Cookies. In einigen Fällen können sie jedoch auch von Drittanbietern stammen, die damit beispielsweise die beste Stelle für die Platzierung personalisierter Werbung ermitteln können. Diese Cookies bedürfen der Zustimmung durch den Nutzer.
Targeting Cookies sind zustimmungspflichtig und haben zum Ziel, Kunden mit gezielter, personalisierter Werbung anzusprechen. Mit Targeting-Cookies gesammelte Daten können auch an andere Werbetreibende weitergegeben werden. Die Nutzerdaten helfen diesen dabei, domainübergreifend Nutzerprofile zu erstellen. Dies wiederum ermöglicht es Websites, Nutzern jene Werbung zu zeigen, die deren Bedürfnissen am ehesten entsprechen.
Bei Targeting-Cookies handelt es sich fast immer um solche von Drittparteien. Sie sind verantwortlich dafür, dass man sich beim Browsen beinah verfolgt fühlt. Zum Beispiel, weil man auf Facebook plötzlich Werbung für ein Hotelzimmer erhält, das man sich kurz davor auf der Hotelwebsite angesehen hat.
(Désirée Klarer)
Retargeting
Mit Targeting wird im Online- Marketing versucht, Nutzer möglichst zielgruppengerecht anzusprechen. Als Retargeting bezeichnet man die einfachste der personalisierten Targetingstrategien, häufig im Bereich des E-Commerce. Hierbei werden Nutzer beim Besuch bestimmter Webseiten durch Cookies markiert. Diese sammeln Nutzerdaten und geben sie zum Beispiel an Adserver weiter. Das sind Server, mithilfe derer Werbung aus Webseiten ausgespielt wird.
Tracking
Tracking heisst auf Deutsch übersetzt Verfolgung. Dies ist auch das Ziel: Mithilfe des Trackings kann zum Beispiel herausgefunden werden, über welche Website und Backlinks der Besucher einer Hotelwebsite gekommen ist.
DSGVO
Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vereinheitlicht laut Gabler Wirtschaftslexikon die Regeln zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch Firmen, Behörden und Vereine in der EU. Die Verordnung betrifft sowohl Schweizer Firmen, die eine Niederlassung in der EU haben, als auch solche, die ihren Sitz in der Schweiz haben, aber im europäischen Raum tätig sind.
revDSG
In der Schweiz regelt das Datenschutzgesetz, wie und zu welchen Zwecken personenbezogene Daten verarbeitet werden dürfen. Das Gesetz wird derzeit revidiert und soll laut Datenrecht.ch am 1.September 2023 in Kraft treten.
Opt-in und Opt-out
«Möchten Sie den folgenden Newsletter abonnieren? Dann klicken Sie auf das Kästchen.» Dies ist ein typisches Beispiel für Opt-in, der aktiven Entscheidung des Nutzers für oder gegen ein Angebot einer Website. Von Double-Opt-in spricht man, wenn zum Beispiel die E-Mail-Adresse nach der Anmeldung via Link in einer Mail bestätigt werden muss. Bei Opt-out wird davon ausgegangen, dass seitens Nutzer so lange eine Einwilligung vorliegt, bis er dieser ausdrücklich widerspricht.
Funnel-Systeme
Mit Funnel (auf Deutsch Trichter) bezeichnet man im Marketing ein Modell, das die einzelnen Phasen eines Nutzers vom ersten Interesse an bis zum Abschluss einer gewünschten Aktion visualisiert.