Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

HGU-Standpunkte: Bitte keine Schnellbleichen

Mit neuen Kursen locken Verbände Quereinsteiger in die Branche. Dabei gibt es bewährte Angebote mit Perspektiven.

Beheben schnelle Servicekurse den Fachkräftemangel? (Keystone-SDA)

Der Branche fehlen Fachkräfte. Lösungen müssen her. Und das so schnell wie möglich. Potenzial, um neue Mitarbeitende zu engagieren, sehen Gastro Luzern und Luzern Hotels bei den Quer- und Wiedereinsteigern. Kostenlose Servicekurse auf gastrojetzt.ch werden für all jene angeboten, die sich neu orientieren möchten wie etwa Väter und Mütter, die nach einer Kinderbetreuungsauszeit wieder ins Berufsleben einsteigen wollen oder Personen über 50 Jahre. Die Kurse dauern zweimal drei Stunden, und wer sie absolviert, erhält eine Urkunde.

Ein ähnliches Projekt nennt sich «Quereinsteiger:innen» und wurde vom Zürcher Hotelier Verein sowie Hotelleriesuisse ins Leben gerufen und wird mittlerweile von der EHL Group (École hôtelière de Lausanne) unterstützt. Ziel ist es, gut ausgebildete und motivierte Berufsleute zwischen 20 und 65 zu begeistern, die Lust auf einen Einstieg in die Hotellerie haben. Der Erfolg sei überwältigend, schreibt Hotelleriesuisse auf seiner Website. Statt der erwarteten 20 bis 50 Anmeldungen musste man bei rund 500 Bewerbungen bereits einen Bewerbungsstopp verhängen.

1000 Franken Ausbildungsgebühr selber berappen?

Das sechsmonatige Ausbildungsprogramm für Küche und Réception startet am 19. April und kostet 1000 Franken. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Bei 500 Anmeldungen wird eine erkleckliche Summe in die Kassen der Initianten gespült. Während und nach der Ausbildung werden den Projektteilnehmern Löhne von 3000 bis 4000 Franken versprochen. Diese richten sich nach dem Gesamtarbeitsvertrag und entsprechen denen von Ungelernten.

Hotelberater wie Luzius Kuchen finden die Pilotprojekte «eine gute Idee, um Leute zu motivieren», schreibt «20 Minuten». Wenn da nicht die Sache mit den Löhnen wäre. Ob Informatiker oder Metallbauschlosser sich bei diesen niedrigen Verdiensten eine Zukunft in der Gastronomie und Hotellerie vorstellen können, ist mehr als fraglich.

Ein Arbeitgeber, der händeringend nach Fachkräften sucht, wird unter Umständen höhere Löhne zahlen. Was ist aber, wenn der Neueinsteiger die Stelle wechselt? Die Hotel & Gastro Union (HGU) sitzt mit Hotelleriesuisse im selben Boot und sucht nach Lösungen für den Fachkräftemangel. In der Frage, wie man zu neuen Mitarbeitenden kommt, vertritt die HGU einen klaren Standpunkt: «Die von Hotelleriesuisse und Gastro Luzern ins Leben gerufenen Projekte sind Schnellbleichen, die den Fachkräftemangel nicht beheben», sagt Urs Masshardt. Der Geschäftsführer der Hotel & Gastro Union verweist auf bereits bestehende Angebote, die Quer- und Wiedereinsteiger nutzen sollten. Ungelernte Arbeitskräfte können durch bewährte Fachkurse einen ersten Karriereschritt in der Branche machen. Beispiel sind die bekannten Progresso-Lehrgänge von der Hotel & Gastro Formation. Dabei erwerben Ungelernte nach 25 Ausbildungstagen ein branchenanerkanntes Zertifikat. Ausserdem werden die Kosten des Lehrgangs durch den L-GAV übernommen und der Arbeitgeber erhält eine Entschädigung für den Arbeitsausfall. Nach Abschluss eines Progresso-Lehrgangs können Interessenten in verkürzter Dauer sogar eine Ausbildung mit eidgenössischem Berufsattest absolvieren.

Verkürzte Grundbildung bringt's

Was Quereinsteiger mit Berufsausbildung in einer anderen Branche anbelangt: Für sie gibt es eine verkürzte betriebliche Grundbildung. Wer also schon einen Lehrabschluss oder eine gymnasiale Maturität in der Tasche hat, kann sich von mehreren Kursen der Berufsfachschule dispensieren lassen und damit die Grundausbildungsdauer verkürzen.

Fazit: Besser Hände weg von den neuen Schnellbleichen und lieber bestehende Ausbildungsangebote nutzen. Nur sie garantieren faire Löhne.

(Jörg Ruppelt)

HGU-Standpunkte Eine Serie zu sozialpolitischen Fragen und Aspekten der Aus- und Weiterbildung.


Bewährte Angebote

Ungelernten bieten sich die Progresso-Lehrgänge der Hotel & Gastro Formation (mein-progresso.ch) an. Quereinsteiger mit Berufs­ausbildung können sich bei den kantonalen Berufsbildungs­ämtern über mögliche verkürzte Aus­bildungen in der Gastro­nomie informieren. Zudem ist vorstellbar, eine Progresso-Variante für Quereinsteiger einzuführen. Anerkannten Flüchtlingen steht die Integrationslehre «Riesco» offen (hotelgastro.ch).