Die Sozialversicherungsspezialistin Hotela feiert ihr 75-jähriges Bestehen. Generaldirektor Michael Bolt leitet das Unternehmen seit Januar 2010.
Michael Bolt, wie feiert die Hotela ihr 75-Jahr-Jubiläum?
Michael Bolt: Bescheiden und familiär. Unsere jährliche Personalfeier wird zum Jubiläum etwas festlicher ausfallen als sonst.
Abgesehen davon, wie wird das Jubiläum noch zelebriert?
Wir publizieren eine Gazette mit der Geschichte unserer Sozialversicherung sowie vielen Zitaten und Testimonials von älteren und jüngeren Mitarbeitenden. Aber auch Kunden kommen zu Wort, die seit 1948 mit uns zusammenarbeiten wie etwa das Hotel Palace in Gstaad/BE oder das Hotel Waldhaus in Sils-Maria/GR. Zudem werden wir unsere Büros neu gestalten und einrichten. Es sollen verschiedene Begegnungszonen entstehen, die zum familiären WG-Charakter, der in unserem Unternehmen herrscht, passen. Das bestehende Mobiliar ist nicht mehr praktisch und nimmt zu viel Platz weg. Ausserdem ist es über 30 Jahre alt.
Wenn Sie auf die Geschichte der Hotela schauen, was sind die grössten Erfolge?
Für mich ist es die Tatsache, dass sich die Hotela immer an die Entwicklung der Zeit angepasst hat. Sie konnte dadurch ihr Angebot laufend erweitern.
Können Sie das etwas verdeutlichen?
Gerne. Als Erstes waren AHV und Familienzulagen die Aufgabengebiete der Hotela. Dann kamen Krankenversicherung, Unfallversicherung und die berufliche Vorsorge BVG dazu. Bei jeder Neuerung hat die Hotela die Herausforderungen in eigener Regie angepackt und selber Lösungen gefunden. Das und die Tatsache, dass wir unser eigener Risikoträger sind, machten die Hotela in der Schweiz unverwechselbar. Für unsere Kunden sind wir ein One-Stop-Shop, ein Ort, wo sie alle Dienstleistungen rund um dieSozialversicherungen aus einer Hand bekommen.
Gibt es weitere Errungenschaften, auf die Sie stolz sind?
Ich finde es toll, dass sich die Hotela für andere Branchen geöffnet hat. Zuerst für die Reisebüros, dann für das Gesundheitswesen. Das ist anspruchsvoll, aber für uns auch sehr spannend.
Ich würde eher von Sackgassen sprechen, wie es die Krankenpflegeversicherung für Einzelpersonen war. Diese Versicherung, mit der man zum Beispiel Saisonniers für 20 Franken absichern konnte, funktionierte gut, als sie noch nicht obligatorisch war. Nach dem Obligatorium waren wir in einigen Kantonen die billigste Versicherung, was zu einem Transfer der Sozialfälle von anderen Ver-sicherungen zu uns führte. Diese Entwicklung riss Millionen Franken tiefe Löcher in unsere Kasse.
Wie lösten Sie das Problem?
Meine erste Aufgabe als Direktor der Hotela bestand darin, diesen, für uns belastenden Geschäftszweig, abzusägen. Es gelang uns, eine Win-win-Situation zu schaffen, indem wir das Geschäft an die ÖKK verkauften. Diese Krankenkasse wollte in der Romandie Fuss fassen, was ihr durch diesen Kauf dann auch gelang.
Lassen Sie uns nach dem Rückblick auf die Zukunft schauen. Wie stehen Sie zur geplanten BVG-Revision?
Die geplante BVG-Revision ist ein wichtiger Punkt auf der Sozial-versicherungs-Agenda. Menschen mit einem tiefen Lohn, meistens sind das Frauen in einem Teilzeitarbeitspensum, sollen endlich auch versichert und besser fürs Alter abgesichert sein. Das Gewerbe ist gegen die Revision, was ich persönlich falsch finde. Ich kann nicht verstehen, weshalb sich das Gewerbe dagegen wehrt, zirka zwei Prozent mehr Lohnkosten zu tragen, damit auch seine Teilzeitkräfte versichert sind – aber andererseits bereit ist, massiv höhere Löhne zu zahlen, um eine vakante Stelle überhaupt noch besetzen zu können.
Was würde die BVG-Revision für die Angestellten heissen?
Bei einer Annahme der Revision könnte es sein, dass ihr Nettolohn etwas sinkt, weil sie zirka zwei Prozent höhere Beiträge in ihre Altersvorsorge einzahlen. Das ist natürlich unpopulär. Darum und weil Gewerbe und Gewerkschaften die Revision des BVG ablehnen, denke ich, dass auch das Volk mehrheitlich ein Nein in die Urne legen wird.
Und wenn das geschieht?
Dann müssen sich die Politiker etwas anderes einfallen lassen und rasch agieren. Bei der AHV-Revision hat man den Frauen versprochen, es gäbe für sie eine Verbesserung bei der zweiten Säule. Dieses Versprechen gilt es endlich einzulösen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Sozialversicherungen?
Ich wünsche mir eine langfristige Lösung. Kurzfristige Flickwerke schaden dem Vertrauen in diese Versicherungen. Es wäre wünschenswert, dass die Finanzierung über 30 bis 40 Jahre gewährleistet ist, nicht nur über zehn Jahre. An einer Erhöhung des Rentenalters für gewisse Berufe führt langfristig kein Weg vorbei.
(Riccarda Frei)