Als Küchenchefin zieht Mia Messier mit dem Cirque du Soleil durch die Welt. Im September baut die Kanadierin ihre Küche in Zürich auf.
Hotellerie Gastronomie Zeitung: Mia Messier, waren Sie schon einmal in der Schweiz?
Mia Messier: Ja, vor zwölf Jahren. Wir gastierten damals in Zürich und Genf. Ich bin eine Liebhaberin von gut gereiftem Käse. Darauf freue ich mich schon sehr. Ausserdem bin ich gespannt, welche anderen kulinarischen Schätze es diesmal in der Schweiz für mich zu entdecken gibt.
Wie sieht Ihr Arbeitstag beim Cirque du Soleil aus?
Er beginnt damit, E-Mails zu beantworten und dem Lösen allfälliger technischer Probleme. Dann platziere ich meine Bestellungen für den aktuellen Spielort, suche nach Lieferanten, die mich an der nächsten Tourneestation versorgen können, kalkuliere Budgets, zahle Rechnungen. Kurz: Meine Hauptaufgabe ist es, sicher zu stellen, dass die Küche während der Tournee alles hat, um die verschiedenen Verpflegungsbedürfnisse unserer «Cirque du Soleil»-Truppe abzudecken. Ausserdem organisiere ich den nächsten Küchenab- und -wiederaufbau sowie den Umzug der Küche an den nächsten Spielort.
Wie darf man sich Ihre mobile Küche vorstellen?
Die Küche, mit der wir auf Tournee sind, ist ausgestattet wie diejenige eines ganz normalen Restaurants. Einzig mit dem Unterschied, dass sie innert zwei Tagen abgebaut werden kann. Für den Wiederaufbau benötigen wir jeweils vier Tage.
Beziehen Sie die benötigten Lebensmittel lokal oder bringen Sie diese mit?
Beides. Je nach Land bringe ich gewisse Produkte, die dort schwer erhältlich sind, mit. Zum Beispiel Nahrungsmittel für Allergiker und bestimmte vegetarische, vegane oder Bioprodukte. Ich arbeite aber in jeder Stadt eng mit lokalen Lieferanten zusammen. Ziehen wir weiter, nehmen wir die Trockenprodukte mit. Überzählige Frischprodukte spenden wir an wohltätige Organisationen.
Wie gross ist die Crew und wie viele Essen bereiten Sie zu?
Ich habe drei Köche, die mir von Stadt zu Stadt folgen. Einer ist aus Singapur, einer aus Neuseeland und einer aus Australien. Bei dieser Mischung ist eine internationale Küche Programm. Wir kochen pro Tag 100 bis 200 Mahlzeiten. Das hängt von den jeweiligen Einsatzplänen der Artisten und der Mitarbeitenden hinter den Kulissen ab. Insgesamt kochen wir für Menschen aus über dreissig Nationen.
Können Sie auf die kulinarischen Vorlieben so vieler verschiedener Nationalitäten Rücksicht nehmen?
Ja, denn wir pflegen eine sehr einfache, aber schmackhafte internationale Küche. Je nach Spielort bauen wir auch die dortige lokale Küche mit ein. Wir nehmen sehr gerne Menüwünsche von Artisten und anderen Mitarbeitenden entgegen. Diese Anfragen umzusetzen, ist für uns spannend und inspirierend. Ausserdem ist es ein schönes, erfüllendes Gefühl, wenn es uns gelingt, etwas so zu kochen, wie es beim Wünschenden daheim gegessen wird.
Und wie halten Sie es mit den verschiedenen Feiertagen?
Wir feiern möglichst alle religiösen und nationalen Feiertage, egal ob Weihnachten, das chinesische Neujahrsfest, Thanksgiving oder Australia Day. Wir kochen dann immer die traditionellen Gerichte, die zum jeweiligen Feiertag passen. Ich denke, es ist wichtig, solche Höhepunkte in der «Cirque du Soleil»-Familie gemeinsam zu erleben. Schliesslich sind wir alle die meiste Zeit des Jahres fern der Heimat und können an diesen speziellen Tagen nicht bei unseren Angehörigen sein.
Sie werden über einen Monat in Zürich sein. Werden Sie Berufskollegen treffen?
Das hoffe ich doch. Wenn es die Zeit erlaubt, würden meine Köche und ich gerne unsere Schweizer Berufskollegen kennenlernen und ihre Spezialitäten probieren. Vielleicht können wir ja sogar ein kleines Meeting organisieren und uns austauschen.
Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in einem klassischen Restaurant oder Hotel zu arbeiten?
Überhaupt nicht! Ich hätte immer das Gefühl, etwas zu verpassen: fremde Länder, Menschen und Kulturen sowie deren kulinarische Spezialitäten. Ich bin seit 15 Jahren mit dem Cirque du Soleil unterwegs. Ich liebe das Tournee-Leben und hoffe, dass dieses grossartige Abenteuer für mich noch viele Jahre weitergeht.
(Interview Riccarda Frei)
Mia Messier (45) hat in Montreal eine Ausbildung zur Köchin und Restaurant Managerin gemacht. Bevor sie 2003 zum Cirque du Soleil stiess, kochte sie in Bistros, als Private Chef für Cateringunternehmen, in einem Spital und in verschiedenen Hotels in Kanada und den USA. Vom 5. September bis 14. Oktober betreibt sie ihre mobile Küche in Zürich, wo der Cirque du Soleil mit «Totem» gastiert.