Pistor-CEO Patrick Lobsiger will das Unternehmen zur führenden Schweizer Belieferungsgrosshändlerin machen. Er verrät, wo er dabei die Hebel ansetzt.
Patrick Lobsiger, Sie sind seit April 2022 CEO der Pistor-Firmengruppe. Wie ist die Stabsübergabe von Markus Lötscher, der nach 14 Jahren als CEO zurückgetreten ist, verlaufen? Haben Sie sich gut eingelebt?
Danke der Nachfrage, ich fühle mich bei Pistor sehr wohl. Die Übergabe zwischen Markus Lötscher und mir war bestens geplant, und ich konnte mich mit vielen Mitarbeitenden, Kunden, Eigentümern und Partnern unterhalten. Das schärfte mein Verständnis für das Unternehmen und für die Herausforderungen der Zukunft. Nun bin ich voller Tatendrang und möchte die Erfolgsgeschichte fortschreiben.
Welche Herausforderungen haben Sie als CEO erwartet?
Es war wichtig, mir schnell einen Überblick zu verschaffen über die Geschäftsmodelle, die Organisation und die Mitarbeitenden. Nur so konnte ich rasch die richtigen Entscheidungen treffen. Dabei geholfen hat mir ein tolles Team, auf das ich mich verlassen kann. Ebenfalls herausfordernd sind die teils unberechenbaren, sich rasch verändernden Rahmenbedingungen, mit welchen die Wirtschaft derzeit konfrontiert ist. Was mich freut, ist, dass wir wichtige strategische Themen anschieben konnten, um Pistor fit für die Zukunft zu machen. Im Bereich der Infrastruktur bauen wir ein neues Verteilzentrum in der Ostschweiz. Und die Digitalisierung treiben wir mit unserer Online-Shop-Plattform Mercanto voran.
Welche Vorteile bringt Mercanto? Und für wen?
Die Welt wird immer digitaler. Hotels bucht man via Booking.com, Musik hört man auf Spotify. Wir wollen Pistor zukunftsweisend aufstellen und bauen deshalb unsere eigene Plattform. Mercanto ist ein digitales Warenhaus, in dem auch unsere Gastronomiekunden alles finden, was ihr Herz begehrt. Also Produkte von Pistor, aber auch Produkte von anderen Anbietern. Mit dieser «One-Stop-Shop-Lösung» möchten wir den Bestellprozess vereinfachen und mit Zusatzdienstleistungen Mehrwerte schaffen.
Was hat es mit der Erweiterung des Hauptsitzes in Rothenburg/LU und dem Neubau Sennwald/SG auf sich? Und legen Sie demnach auch personell zu?
Wir wachsen auf ganzer Linie. Nach der schwierigen Covid-Zeit haben wir letztes Jahr hohe Umsätze geschrieben, unsere Mitarbeitendenzahl sprang um zehn Prozent auf über 600. Für unser weiteres Wachstum brauchen wir vor allem eines: Platz. Als Genossenschaft planen wir langfristig und reinvestieren einen grossen Teil unserer Einnahmen, um für unsere Kunden Mehrwerte zu schaffen. So bauen wir in der Ostschweiz eine nachhaltige Verteilzentrale, was unseren Kunden in der Region schnellere Wege und mehr Liefertage beschert. Und sollte das Volk Ja sagen, erweitern wir an unserem Hauptsitz in Rothenburg unsere hoch automatisierte Logistiklösung. Dank dieser können wir bestehende operative Geschäftsabläufe optimieren und den Bereich Medizinalverbrauchsartikel weiter ausbauen.
Sie stecken für Ihr Unternehmen stets hohe Nachhaltigkeitsziele. Was ist diesbezüglich kurz- und mittelfristig geplant?
Ich bin überzeugt: Als Unternehmen haben wir gegenüber künftigen Generationen die Pflicht, nachhaltig zu handeln. Wir tun das auf verschiedenen Ebenen. Beispielsweise beziehen wir den Strom aus erneuerbaren Quellen, bauen nachhaltig, gehen gegen Food Waste vor oder vergrössern unsere Elektrolastwagen-Flotte. Alleine nächstes Jahr ergänzen acht E-Lkw unseren Fuhrpark. Im sozialen Bereich bieten wir unter anderem Schonarbeitsplätze, die Reintegrations- und Wiedereingliederungszwecken dienen, unterstützen die lokale Wintersammlung und achten auf ergonomische, sichere Arbeitsplätze.
Die Pistor AG und die SV Group haben sich für eine langfristige Partnerschaft ausgesprochen – mit welchem Ziel?
Solche Kooperationen sind wichtig, gerade in einem dynamischen Marktumfeld, in welchem wir uns bewegen. In langfristigen Partnerschaften lassen sich Kompetenzen kombinieren, innovative Dienstleistungen für die Kunden entwickeln und auf beiden Seiten nachhaltige Erfolge erzielen. Wir wollen auch in Zukunft unsere Chancen packen und zeigen, dass wir der stärkste Partner im Markt sind.
(Interview Andrea Decker)
Patrick Lobsiger verfügt über mehrjährige Berufserfahrung im Lebensmittelgrosshandel. Der 42-Jährige war als Chief Marketing & Procurement Officer bei Transgourmet tätig, davor war er CEO bei der Office-World-Gruppe und arbeitete unter anderem bei Amazon. Nach Abschluss der Berufslehre studierte Patrick Lobsiger Betriebswirtschaftslehre und absolvierte ein internationales MBA-Programm. Der gebürtige Schaffhauser lebt mit seiner Familie in Staufen/AG.