Er hat in den letzten 45 Jahren die Gastronomie im Grand Resort Bad Ragaz geprägt wie niemand vor ihm. Ende Jahr geht Executive Chef Renato Wüst in Rente, aber nicht in den Ruhestand.
Renato Wüst, am 1. Januar beginnt für Sieein neuer Lebensabschnitt. Welche Pläne haben Sie?
Ich habe schon Ferien gebucht. Je einen Monat im Frühling und einen im Herbst. Meine Frau stammt aus Portugal, und wir haben viele Freunde und Bekannte dort. Diese Kontakte wollen wir vermehrt pflegen.
Viele träumen davon, ein Kochbuch zu schreiben, wenn sie pensioniert sind. Sie auch?
Auf gar keinen Fall! Es gibt schon so viele gute Kochbücher, da braucht es nicht noch eines von mir. Ich schreibe zwar gerne, aber sicher nie ein Kochbuch.
Sie gelten als sehr umtriebig. Es fällt schwer, Sie sich im Ruhestand vorzustellen. Bestimmt haben Sie auch als Rentner noch einiges zu tun.
Ja, ich bleibe dem Grand Resort Bad Ragaz auch nach meiner Pensionierung noch als Küchenbauberater erhalten. Im Mandatsverhältnis begleite ich unter anderem den bevorstehenden Umbau der Küchen in den Restaurants Olives d’Or, Zollstube und Namun. Ausserdem bin ich in der Chaîne des Rôtisseurs aktiv, und seit sieben Jahren gehöre ich in Bad Ragaz/SG dem Gemeinderat an. Dort bin ich für das Ressort Kultur und Tourismus verantwortlich, was mir sehr entgegenkommt.
Ihr letzter Arbeitstag ist der 31. Dezember. Die Silvesterparty ist somit Ihr «Grand Finale». Was darf man erwarten?
Meinen vollen Einsatz bis zum Schluss. Die grosse Silvesterparty findet erstmals im Kursaal statt. Das ist eine neue Herausforderung für uns, weil wir dort nur eine kleine Satellitenküche zur Verfügung haben. Gleichzeitig richten wir im «Hof Ragaz» ein grosses Buffet aus und auch all unsere anderen Restaurants werden voll ausgebucht sein.
Wie schwer fällt Ihnen der Abschied vom Berufsleben?
Ich habe im Alter von etwa 30 Jahren René Eglis Buch «Das Lola- Prinzip» gelesen. Seither bin ich recht gut im Loslassen. Mehr Mühe macht mir, dass ich mit der Pensionierung unweigerlich den Kontakt zu den jungen Menschen verlieren werde.
Was daran macht Ihnen Mühe?
Egal wie alt ich selber bin, in der Brigade ist das Durchschnittsalter von etwa 25 Jahren immer gleichgeblieben. Dadurch habe ich stets im Umfeld von jungen Köchen gearbeitet. Das ist fantastisch, denn so bleibt man im Denken jung. Diesen Vorteil aufzugeben, davor habe ich Respekt.
Sie haben in Ihrer Karriere 125 Lernende ausgebildet. Was ist das Wichtigste, das Sie ihnen beigebracht haben?
Arbeiten. Dem Nachwuchs das Berufshandwerk beizubringen ist wichtig, aber man muss ihn auch lehren, richtig zuzupacken. Wer arbeiten kann, hat im Beruf kaum Probleme und kommt im Leben immer irgendwie weiter.
Haben Sie noch Kontakt zu ehemaligen Lernenden?
Aber sicher. Viele ziehen in die Welt hinaus, kommen im Laufe ihrer Berufskarriere aber immer wieder mal ins «Grand Resort» zurück. Es ist ein stetiges Kommen und Gehen. Das finde ich toll.
Sie selbst sind trotz der Treue zum Grand Resort Bad Ragaz immer wieder in die Welt gezogen, um in renommierten Häusern zu arbeiten. Wie ging das?
Ich habe meine Ferien und die Umbauphasen unserer Hotels und Restaurants genutzt, um Praktika in Dubai, Hongkong, München, Abu Dhabi, Macao, St. Moritz und Bangkok zu machen. Besonders die Küche Bangkoks hat mich inspiriert. Zurück in Bad Ragaz habe ich das bestehende Konzept für ein neues Restaurant verworfen und stattdessen das thailändische Restaurant Namun lanciert.
Worauf sind Sie stolz?
Darauf, dass es mir mit den Restaurants, die ich konzipiert habe, gelungen ist, auch das einheimische Publikum anzusprechen und ins Resort zu bringen. Stolz bin ich auch, dass ich meiner Nachfolgerin, Nadine Wächter, ein tolles, gut funktionierendes, verlässliches junges Kaderteam zur Seite stellen kann.
Was werden Ihre letzten Worte als Executive Chef des Grand Resort Bad Ragaz sein?
Schaut gut zum Laden und bringt ihn weiter voran.
(Riccarda Frei)
800 Gerichte für Gäste und 150 für Mitarbeitende verantwortet er im Schnitt pro Tag.
125 Kochlernende hat er im Laufe der Jahre ausgebildet.
80 bis 100 Köche stehen je nach Saison unter seinem Kommando.
45 Jahrenarbeitet er im Grand Resort Bad Ragaz und ist damit der dienstälteste Mitarbeitende.
40 Jahre ist er demnächst verheiratet.
25 ist sein Golf-Handicap.
7 Jahre ist er bereits Gemeinderatsmitglied in Bad Ragaz.
4 bis 5 Stunden Schlaf reichten ihm aus. – Heute gönnt er sich ein wenig mehr.