Die Schweiz braucht wieder mehr Regionalteams – davon ist der Berner Teamchef Patrick Ammann überzeugt. Um attraktiv zu bleiben, brauche es eine Neupositionierung.
Patrick Ammann, wie wichtig sind die Kochkunst-Regionalteams für die Schweiz?
Sie sind sehr wichtig. Die Plätze in den Nationalmannschaften sind begrenzt. Es braucht für ambitionierte Köche, die an internationalen Teamwettbewerben antreten möchten, eine Plattform. Das fördert den Zusammenhalt und Berufsstolz.
Hat die Attraktivität gelitten, seit das beste Regionalteam nicht mehr als Nationalmannschaft antritt?
Der Ansporn war gerade bei den Jungen im alten System sicher grösser. Ich finde es aber richtig, dass die Nationalmannschaft nicht mehr als Team gewählt wird. Es macht mehr Sinn, die Köche einzeln zu rekrutieren. Der Weg zur Kochnationalmannschaft ist heute dadurch vielleicht etwas steiniger, aber exzellente Köche werden ihren Weg finden. Das beweist zum Beispiel unser ehemaliges Mitglied Manu Zünd, der seit diesem Jahr in der Kochnationalmannschaft vertreten ist.
Die Regionalmannschaften fungieren als Sprungbrett für die Nationalmannschaft?
In manchen Fällen können sie ein Sprungbrett sein. Gleichzeitig sind sie aber auch eine Chance für Köche, die nicht die Zeit haben, sich als Kochnati-Mitglied auf eine WM oder Olympiade vorzubereiten. Auch die Vorbereitungen für die Regionalteams sind intensiv, aber die Hemmschwelle ist sicher etwas tiefer. Ich denke, wir werden uns künftig als Regionalteams neu positionieren müssen.
Inwiefern?
Wir müssen uns nicht nur an der WM und der Olympiade präsentieren, sondern auch an Messen und Veranstaltungen. So können wir uns positionieren und unser Netzwerk erweitern. Zudem wäre es wichtig, dass wir künftig an Wettbewerben auch warm kochen können. Derzeit ist das bei den grossen Wettbewerben leider logistisch noch schwierig. Zudem ist die kalte Show auch ein Stück Tradition. Trotzdem muss man irgendwann davon wegkommen, da ein nicht essbares Buffet einfach nicht mehr dem Zeitgeist entspricht.
Ihr eigenes Engagement für das Kochkunstteam des Cercle Bern (CCCB) war nicht ganz ohne Stolpersteine?
Das stimmt (lacht). Schon in der Lehre inspirierte mich der Erfolg der damaligen Mannschaft. Dieses Gefühl, ganz an der Spitze zu stehen, wollte ich auch einmal erleben. Leider nahm ich den Einsatz für den Cercle als junger Mann aber nicht ernst genug. Ganz los liess mich die Kochkunst aber nie, und so konnte ich an der WM in Luxemburg 2018 als Teamchef mit einem kleinen und jungen Team antreten.
Der Einsatz für ein Regionalteam bedeutet viele Trainings, wenig Freizeit und kurze Nächte. Haben Sie Ihren Einsatz jemals bereut?
Manchmal fragt man sich schon, warum man sich das antut (lacht). Vor allem, wenn es persönliche Unstimmigkeiten im Team gibt. Die langen Tage haben mich nie gestört, genauso wenig wie die kulinarischen Diskussionen. Das gehört dazu und macht letztlich auch Spass.
Der grosse Einsatz des CCCB wurde an der Olympiade 2020 mit Gold honoriert. Entschädigung für alle Strapazen?
Auf jeden Fall. In diesem Moment habe ich alles um mich herum vergessen. Gemeinsam mit meinem Team diesen Moment erleben zu dürfen, bedeutete einfach alles für mich.
Hat Sie der Einsatz als Teamchef des CCCB beruflich weitergebracht?
Es hat mir auf jeden Fall geholfen, mein Netzwerk zu erweitern. Zudem ist sicherlich auch der Respekt meiner Berufskollegen gestiegen. Ich war lange «nur» noch der Altersheimkoch, und es fiel mir schwer, mich damit abzufinden. Das Engagement hat mir weiter auch dazu verholfen, dass ich im Herbst im Cercle aufgenommen wurde.
Und inwiefern haben Sie persönlich von dieser Erfahrung profitiert?
Auch da habe ich sehr viel mitgenommen. Die Rolle als Teamchef hat mir geholfen, mich persönlich weiterzuentwickeln und meine Führungsqualitäten zu stärken. Ich musste lernen, meine Teamkollegen auch einmal zurechtzuweisen, wenn sie sich nicht an Regeln halten oder wenn ab und zu ein Spruch fällt, der politisch nicht ganz korrekt ist.
Braucht die Schweiz wieder mehr Regionalteams?
Unbedingt! Je mehr Teams, desto besser. Derzeit ist ja wieder ein leichter Aufschwung spürbar. So will etwa das ehemalige «Art-skills»-Team unter dem Namen «Swiss Culinary Creators» an der nächsten Weltmeisterschaft wieder antreten. Das freut mich sehr, denn diese Vielfalt an Teams belebt nicht nur die Schweizer Kochkunst, sondern sie hilft auch, dass der Kochberuf in der Schweiz wieder einen höheren Stellenwert bekommt.
(Interview Angela Hüppi)
Patrick Ammann ist ab Juni Leiter Küche im Alters- und Pflegeheim Beitenwil. Zuvor war er unter anderem im Elfenaupark in Bern und im Casino Bern tätig. Seit 2017 ist er Teamchef des Kochkunstteams des Berner Cercles, das an der Weltmeisterschaft in Luxemburg 2018 Silber und an der Olympiade in Stuttgart 2020 Gold erhielt.