Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

René Meier «Wir müssen endlich wieder stolz sein»

Obwohl er Fussballprofi hätte werden können, hat Küchenchef René Meier den Schritt in die Gastronomie nie bereut. Doch er wünscht sich mehr Zusammenhalt in der Branche.

René Meier ist nicht nur in der Küche für seine Gäste da. (ZVG)

René Meier, als Küchenchef in einem Betagtenzentrum haben Sie ein turbulentes Jahr hinter sich. Wie hat sich die Coronakrise auf Ihre tägliche Arbeit ausgewirkt?
Als Betagtenzentrum gehören wir zum Hochrisikogebiet. Insgesamt ist unser Arbeitsalltag aufgrund der verschärften Hygienevorschriften etwas aufwendiger geworden. Aber diesen Aufwand nehmen wir gerne auf uns. Und wir sind dankbar, dass wir überhaupt noch arbeiten können – vielen Berufskollegen ist das ja leider nicht mehr möglich.

Ihnen ist es wichtig, von Tisch zu Tisch zu gehen und mit den Bewohnern persönlich zu sprechen. Ist das derzeit überhaupt noch möglich?
Das Restaurant ist zwar zu, dennoch sehe ich die Bewohner auf meinen Rundgängen durchs Haus. Da spüre ich derzeit sehr viel Dankbarkeit und Wertschätzung für unsere Arbeit. Für die Bewohner ist die Situation nicht einfach, da sie kaum mehr soziale Kontakte haben. Da werden kurze Gespräche umso wichtiger.

Nimmt das Essen in dieser schwierigen Zeit einen noch wichtigeren Platz ein?
Auf jeden Fall. Das Essen ist der Höhepunkt im Heimalltag. Traditionelles, gutbürgerliches Essen ist ein Anker in dieser schwierigen Zeit und weckt schöne Erinnerungen. Derzeit gibt es ab und zu ein zusätzliches Dessert zur Aufmunterung, da wir leider auch alle Feste und Apéros absagen mussten. Schon vor der Corona-Krise ging es an Ihrem Arbeitsplatz turbulent zu und her, da die gesamte Küche umgebaut wurde. Ich habe schon an vielen Orten gekocht, aber während des Umbaus kochten wir in einem Container, das war schon speziell. Aber auch spannend, da wir auf sehr engem Raum funktionieren mussten. Das Warenlager richteten wir beispielsweise in der Tiefgarage ein.

Was waren die wichtigsten Änderungen nach dem Umbau?
Wir haben nun die Möglichkeit für Front Cooking, was vor den Coronamassnahmen auch rege genutzt wurde. Dort haben unsere Köche alle Freiheiten und können ihre Kreativität voll ausleben. Zudem haben wir auf «Cook & Chill» umgestellt. Von montags bis mittwochs produzieren wir Menüs soweit wie möglich vor. So können wir uns später ganz auf die Qualität und das Finish konzentrieren.

«Die Gastronomie ist die beste Lebensschule überhaupt.»

 

Seit 40 Jahren arbeiten Sie in der Gastronomie. War schon immer klar, dass Sie diesen Weg einschlagen möchten?
Überhaupt nicht. Eigentlich hätte ich mit 16 einen Fussballvertrag bei Neuchâtel Xamax unterschreiben können. Doch mein Vater wollte, dass ich zuerst eine Berufslehre absolviere. Ich wollte Hochbauzeichner werden, fand aber keine Lehrstelle. Über einen Job in einer Beiz im Dorf kam ich schliesslich zur Kochlehre.

Trauern Sie der Fussballkarriere jemals nach?
Nein, ich bereue nichts. Die Gastronomie ist die beste Lebensschule. Man hat mit so vielen Mentalitäten zu tun und lernt nie aus. Ich kann heute sagen, dass ich wahrscheinlich alles gemacht habe, was man in der Gastronomie machen kann. Ich habe in Fünf-Sterne-Betrieben und in der Spitzengastronomie gearbeitet, war an der Bar und im Service sowie als Geschäftsführer tätig. Ich habe für AC/DC, Santana und DJ Bobo gecatert und viele Kontakte geknüpft. Diese Erfahrungen möchte ich nicht missen.

Sie sind seit 12 Jahren im Zentralvorstand der Hotel & Gastro Union tätig. Für welche Themen setzen Sie sich ein?
Ich finde es schade, dass so viele Nicht-Mitglieder von Errungenschaften wie dem L-GAV und den fast kostenlosen Weiterbildungen profitieren, ohne sich selbst zu engagieren. Früher gehörte die Mitgliedschaft einfach dazu, alle unsere Vorbilder waren dabei. Der Zusammenhalt war extrem stark.

Woran liegt der kontinuierliche Mitgliederschwund?
Sicher weiss ich das auch nicht. Aber ich denke, viele haben schon alles, sie müssen nicht mehr darum kämpfen. Dass es heute wenige sind, die sehr viel bewegen, ist den andern nicht bewusst. Ich hoffe, dass wir hier wieder zu mehr Bewusstsein und Zusammenhalt finden. Und zu mehr Berufsstolz, der fehlt in der Schweiz leider ein wenig. Da könnten wir uns eine Scheibe von unseren österreichischen Nachbarn abschneiden.

Ist dieser Berufsstolz in der Krise besonders wichtig?
Absolut. Wir müssen jetzt unbedingt verhindern, dass gute Leute in andere Branchen abwandern. Nur gemeinsam können wir etwas bewegen und die Wertschätzung für unsere wichtigen Berufe fördern.

(Interview Angela Hüppi)


Zur Person

René Meier ist eidg. dipl. Küchenchef im Betagtenzentrum Viva Luzern Dreilinden. Zuvor war er unter anderem bei der SV Group und dem Jugenddorf Knutwil sowie nebenbei bei Casino Luzern Catering tätig. Seit vier Amtsperioden engagiert er sich im Zentralvorstand der HGU, zuletzt als Vize-Präsident.