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René Schudel kocht Fünf-Franken-Menüs

Drei Gänge für fünf bis acht Franken. Geht das? Detailhändler Lidl sagt Ja und eröffnet ein Pop-up-Restaurant in der Zürcher Fraumünsterpost.

Schudel probiert’s diesmal günstig. (ZVG)

Ravioli Brasato, Pot-au-feu vom Schweizer Bio-Weiderind, Cappuccino vom Butternusskürbis – dafür bezahlt der Gast doch gern mehr. Nicht jedoch, wenn Lidl dahintersteckt. In seiner zukünftigen Filiale in der ehemaligen Zürcher Fraumünsterpost lädt der Discounter vom 13. bis 15. November in ein Pop-up-Restaurant. Hinter dem Herd steht René Schudel. Mit seiner sechsköpfigen Crew bereitet der frühere Punkte-Koch erstklassige Dreigangmenüs zu – der Gast bezahlt am Ende jedoch nur den Warenwert.

Getränke ab sieben Rappen

Für fünf Franken gibt es ein vegetarisches Menü, bestehend aus einem Fenchel-Apfel-Salat mit Feta an Honig-Rosmarin-Dressing, Tagliatelle mit Zitronenrahmsauce, Rucola und Süsskartoffelchips sowie griechischem Joghurt mit Früchten. Das Fleischmenü mit geschmorter Randensuppe, Feta-Crumble und Bresaola-Spiess, Brasato-Ravioli vom Weiderind, Nuss-Salbei-Butter mit Zitrone, Bergkäse und Knusperzwiebeln sowie einer weissen Kaffeecreme kostet acht Franken. Für ein Glas Wein zahlt man zwei bis vier Franken, Softgetränke gibt es bereits ab sieben Rappen.

Gewinn wird gespendet

Viele Produkte kommen in Bio-Qualität daher. Zudem kümmern sich acht Serviceangestellte um das Wohl der Gäste. Die Einnahmen kommen vollumfänglich der Stiftung Züriwerk zugute.

Schudel: «So ein Konzept permanent und nicht vorübergehend durchzuführen, wäre uncool. Aber hierbei geht es um einen Event für meinen Partner Lidl. Mit den Einnahmen müssen keine Löhne, keine Miete et cetera bezahlt werden.» Das müsse man klar festhalten. «Und mit dem Event will Lidl zeigen, mit wie wenig Geld man zu Hause gut kochen kann. Ich betone: zu Hause.»

(Anna Shemyakova und Benny Epstein)


Lidl macht’s wie Crissier

Kommentar von Benny Epstein, Leiter Online & Redaktor

Nach Burger-Kreationen für McDonald’s und der seit Jahren bestehenden Partnerschaft mit Lidl setzt Tausendsassa René Schudel noch einen drauf. Dreigänger für fünf Franken – geht’s noch?

Letzten Sommer stellte sich der Berner TV-Koch noch am Greenfield-Open- Air als Vorbild für Junge dar und rockte mit den Lernenden dreier Verbände der Hotel & Gastro Union (skv, sbkpv, bvr) das Backstage-Catering. Zeigte dem Nachwuchs, wie cool Gastronomie sein kann. Und nun?

Nun gibt er dem Gast das Gefühl, man könne auswärts für einen Fünfliber drei Gänge verspeisen. Wie bitte?!

Zugegeben: So dachte ich zu Beginn. Ein Fehler. Wieso soll denn das nicht okay sein? Sehr viele Spitzenrestaurants könnten ohne Finanzierung von aussen auch nicht überleben. Hier steht ein Discounter mit Promo-Absicht, im Restaurant de l’Hôtel de Ville in Crissier stehen Liebhaber dahinter.

Sie mögen den brutalen Vergleich verzeihen, aber nüchtern betrachtet, müsste der Gast in beiden Betrieben deutlich mehr bezahlen, um für die komplette Leistung aufzukommen. Aus unterschiedlichen Zwecken werden sie von aussen finanziell gestützt.

Ich behaupte sogar: Wenn ein Gast in Crissier fürs grosse Menü 390 Franken bezahlt, begreift er kaum, weshalb der fast immer ausgebuchte Betrieb von aussen noch gestützt werden muss. Bei einem Fünfliber für drei Gänge mitten in Zürich dürfte ihm das doch einleuchten. Ich lasse die Frage mal offen, welcher der beiden Betriebe realitätsnäher ist.

Und wer nun noch motzt, der Schudel halte auch für jeden Seich seinen Kopf hin, dem sei erklärt: Kochen ist nur eine von Schudels Stärken. Der Heli-Pilot, TV-Host und Feuerwehrmann ist charismatisch und kann begeistern. Diese Qualitäten bündelt er als Unternehmer. Schudel ist kein Schnurri, der nur die Glatze hinhält und kassiert. Schudel ist ein Macher. Dass er dabei hie und da aneckt, nimmt er in Kauf. Neider gibt es immer und überall.