Die Schweizer Tourismusbranche meldet einen soliden Sommer mit wieder hohen Besuchs- und Übernachtungszahlen von einheimischen und auch ersten ausländischen Gästen. Die Logiernächte werden im Vergleich zum Vorjahr ungefähr gleich eingeschätzt, auch wenn die schlechten Wetterverhältnisse die klassischen Sommer-Outdoor-Angebote deutlich beeinträchtigten.
Zum Ende der Sommerferienzeit befragte Schweiz Tourismus (ST) die Branche landesweit zu einer ersten Bilanz der Sommersaison 2021. Die Resultate dieser Umfrage zeigen eine verhaltene Zufriedenheit von zahlreichen Anbietern, da sie immerhin etwa gleich viele Gästebewegungen wie im letzten Sommer feststellen. Unterkünfte erwarten landesweit durchschnittlich ein kleines Minus von -1 Prozent für die Feriensaison. Bei den Tagesausflügen und Eintritten wird im Vergleich zur Vorjahresperiode ein kleiner Zuwachs von +1 Prozent vorausgesagt, dies vor allem dank wieder stattfindenden Veranstaltungen sowie wetterunabhängigen Aktivitäten (Museen, usw.). Damit ist der Sommer 2021 gleich schlecht wie im Vorjahr und wird insgesamt rund 40 Prozent unter dem absoluten Rekordjahr von 2019 bleiben.
Das Rückgrat des Tourismussommers 2021 bilden hauptsächlich die Schweizer Gäste. Bei den Touristinnen und Touristen aus dem Ausland handelt es sich um erste Gäste vor allem aus Deutschland sowie den Benelux-Staaten, aber auch aus Italien, Frankreich und dem übrigen Europa. Übersee-Reisende fallen an den meisten Orten nach wie vor ganz aus, einige Anbieter berichten von ersten Gästen aus Nordamerika oder den Golfstaaten. Ganz fehlen nach wie vor die asiatischen Gäste.
Das aussergewöhnlich nasse und kalte Sommerwetter schlägt sich stark auf die Gästebewegungen nieder. Fast zwei Drittel der befragten Unterkunftsanbieter geben wetterbedingte Auswirkungen wie Stornierungen oder gar nicht erfolgte Buchungen an. Herrsche kein typisches Sommerwetter, würden viel weniger spontane Aufenthalte gebucht. Noch drastischer betroffen sind die Leistungsträger im Bereich der Tagesausflüge: 78 % der Befragten bestätigen hier negative Wettereffekte. Guido Buob, Geschäftsführer Appenzellerland Tourismus AI, beschreibt seine Einschätzung: «Insbesondere im Ausflugstourismus, aber auch im Bergtourismus mit den Berggasthäusern: die Wettersituation ist dieses Jahr wichtiger als Corona».
Keine Kompensation dieser ausbleibenden Tagesausflüge in die Berge gab es bei wetterunabhängigen Attraktionen oder Erlebnissen, z.B. in Städten und Museen sowie bei Thermalbädern. Diese konnten sich trotz der Wettersituation lediglich auf dem Vorjahresniveau halten.
Der bedeutendste Markt für den Schweizer Tourismus sind und bleiben die einheimischen Gäste, auch im Jahr Zwei der Pandemie. Buchungen erfolgen wetterbedingt noch kurzfristiger und «ultraspontan». Haben sie einmal gebucht, geben diese Schweizer Gäste dann aber oft auch mehr Geld aus. «Schweizer Gäste geben mehr aus für Extras wie höhere durchschnittliche Ausgaben für Restaurant, Massagen, Spa oder Shopping», erklärt Claude Buchs, Direktor Hotel Bella Tola & St-Luc, St-Luc (VS).
Die befragten Tourismusfachleute differenzieren hier sogar nach Sprachregionen. Je nach Landesteil sind die jeweils anderen Sprachräume (Deutschschweiz, Romandie, Italienische Schweiz) meist Fokusmärkte, noch vor den europäischen Nahmärkten wie Deutschland, Frankreich, Italien oder den Benelux-Staaten. Für die Rigi Bahnen stellt Marcel Waldis, stv. CEO, fest: «Wir haben in unserer Region immer noch einen hohen Anteil an französisch-sprechenden Gäste».
Spürbar ist in der Branche wieder verstärkt die Konkurrenz der ausländischen Ferienorte, welche diesen Sommer für die Schweizer Gäste wieder erreichbarer sind als noch im Sommer 2020.
Das Wandern bildet auch diesen Sommer den Grundpfeiler der Ferienaktivitäten. 77 % der Befragten gaben an, dass die Nachfrage für Wanderungen gross sei. Dicht gefolgt jedoch von Rad-Sportarten (Mountainbike, Touren, Rennvelo etc.), die von 62 % der Befragten als wichtige Aktivität genannt wurde.
Camping ist weiterhin beliebt. Viele Camping-Anbieter profitieren von einer enormen Nachfrage, auch wenn die ungünstigen Wetterbedingungen hier für Stornierungen oder gar Schliessungen gesorgt haben.
Die Aussichten auf den Herbst sind verhalten optimistisch.spüErwartet wird besonders ein Anstieg von Seminaren und Banketten, unter der Voraussetzung, dass es zu keiner erneuten epidemiologischen Verschlechterung kommt. Andrea Sprenger, Direktorin Golfhotel Les Hauts de Gstaad & Spa freut sich: «Praktisch jede Woche September bis November ist für kleinere und mittlere Seminare gebucht». Unterkünfte gehen so von einem Plus der Übernachtungen von 2 Prozent aus (im Vergleich zum Herbst 2020). Auch im Herbst sind Ferienwohnungen Trumpf: «Gegenüber dem Vorjahr verzeichnen wir für die Monate September und Oktober 2021 aktuell ein Buchungsplus von 36 Prozent», berichtet Bianca Gähweiler, Mediensprecherin Interhome Group. In der Hoffnung auf besseres Wetter und Nachholbedarf nach dem Sommer stehen die Zeichen für Tagesausflüge im Herbst besser (+3 %).
(mm/ade)