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Rolf Caviezel: «Nur wer sät, kann auch etwas ernten»

Mit dem Projekt «Kids ab an den Herd» leistet Koch Rolf Caviezel einen Beitrag zur Förderung des Kochens in den Schulen.

Ginge es nach Caviezel, würde Kochen dem Schulfach Sport gleichgesetzt. (ZVG)

HGZ: Rolf Caviezel, worum geht es bei Ihrem Projekt «Kids ab an den Herd»?

Rolf Caviezel: Mit der Initiative wird Kindern an Schulen aufgezeigt, wie wichtig es ist zu kochen, gemeinsam zu essen und den richtigen Umgang mit Lebensmitteln zu erlernen. Dank verschiedener Partner kann ich seit geraumer Zeit Kochkurse für Kids anbieten und ihnen das Einmaleins des Kochen vermitteln. Dabei zeige ich ihnen auf, wie man mit wenig Aufwand gesunde und feine Gerichte zaubert. Dabei ist es uns wichtig, dass wir den Schülern auch im theoretischen Bereich vieles mit auf den Weg geben. So sind Themen wie Food Waste und die Wichtigkeit des Kochens mit saisonalen und regionalen Produkten immer mit einbezogen.

Was hat Sie zur Lancierung Ihres Projekts vor nunmehr sechs Jahren bewogen?

Ausschlaggebend waren die Erzählungen meines Sohns über den Kochunterricht an seiner Schule. Nachdem der Lehrer mit seinen Schülern zwei Stunden lang über die Ernährungspyramide gesprochen hatte, wurden im Anschluss Hotdogs mit Mayonnaise und Ketchup zubereitet und gegessen. In Theorie etwas lernen, das man in der Praxis verschmäht? Ich war schockiert.

Das klingt, als würden Schulen sparen wollen.

Das könnte eine Erklärung für die «billigen» Hotdogs sein. Womöglich schwingt aber auch die Überforderung mit, den unterschiedlichen Kulturen und ihren Essgewohnheiten nicht gerecht zu werden. Oder man befürchtet, die kulinarischen Bedürfnisse der Vegetarier  und Veganer nicht befriedigen zu können.

Trotzdem: So geht der Schuss nach hinten los.

Das dachte ich mir auch. Wir klagen über mangelnden Berufsnachwuchs, doch die Kinder kommen gar nicht erst in Berührung mit Lebensmitteln und dem Handwerk, etwas Feines und Gesundes daraus zu machen. Wie sollen junge Menschen in Kontakt mit Berufen rund ums Kochen kommen? Wer nichts sät, kann auch nichts ernten. Hier geht ein wichtiges Kulturgut verloren. Nicht jedes Kind hat die Möglichkeit, zu Hause mit den Eltern zu kochen, darum ist es umso wichtiger, dass die Basis einer gesunden Ernährung in den Schulen vermittelt wird. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass das Kochen und eine gesunde Ernährung dem Schulfach Sport gleichgesetzt werden sollte.

Zumal ungesundes Essen zu noch mehr Problemen führt.

Absolut. Laut Statistik sind rund  17 Prozent der Kinder und Jugendlichen in der Schweiz über-gewichtig. Seit der Pandemie und dem damit verbundenen Lockdown sind es wohl noch mehr geworden. Diesem Trend entgegenzuwirken ist eine weitere Motivation für die Initiative «Kids ab an den Herd».

Was kostet die Teilnahme?

Pro Kind und Mittagessen verlangen wir fünf Franken.

Ist das kostendeckend?

Darum geht es mir nicht. Ich möchte es Kindern aus allen sozialen Schichten ermöglichen, dem Projekt beizuwohnen und freue mich auf Schulen, die das ebenfalls so sehen und uns für das Projekt anfragen.

«Es gibt Kinder, die können ein Rüebli nicht von einer Gurke unterscheiden.»

Welche Erfahrungen zeigen sich während des Unterrichts?

Gemüse und Salat werden so gar nicht geschätzt (lacht). Grünzeug sei «wäh». Und der einzige Salat, den sie kennen, ist der Eisbergsalat, der in die Hamburger gelegt wird. Ich möchte aber gerne, dass die Kids alles mal probieren und sich dann dafür oder dagegen entscheiden. So bereiten wir vollwertige Mahlzeiten mit drei Komponenten vor – Kohlenhydrate, Gemüse und Proteine. Dann rate ich den Kids, von allem ein wenig auf den Teller zu schöpfen. Nachschlag können sie dann immer noch nehmen.

Sie haben dieses Jahr den ersten nationalen Kochtag für Kids organisiert. Erzählen Sie uns davon.

Kids zwischen sechs und dreizehn  Jahren wurden dazu aufgerufen, mit den Eltern ein Teigwarengericht mit verschiedenen Zutaten zu kreieren und das Gericht zu fotografieren. Am 30. April fanden dann in der Ostschweizer Gastronomiefachschule in St. Gallen Referate zu den Themen Ernährung für Kinder, Kochen mit Kindern und Essen als Mogelpackung statt. Im Anschluss durften vier Kinder, deren eingesandte Rezepte die Jury am meisten überzeugten, mit den Profis in der Küche von Gastro St. Gallen einen Gang umsetzen. Der Tag wurde vom Schweizer Fernsehen und der Sendung «10 vor 10» begleitet. Der nächste nationale Kochtag findet in 2023 statt.

(Interview Andrea Decker)


Zur Person

Rolf Caviezel absolvierte die Kochlehre im Gastrozen-trum St. Gallen. Nach der Lehre sammelte er Erfahrungen in diversen Sternehäusern und Hotels. Er absolvierte die Hotelfachschule Belvoirpark in Zürich und die Ausbildung als Gastronomiekoch Spital & Heim. Mit seiner Firma Freestylecooking GmbH bietet er Kochkurse über die Grundregeln der Molekularküche an und tüftelt an neuen Kochtechniken. Er ist zudem Kochbuchautor.

Mehr Informationen unter:

freestylecooking.ch