Der bekannteste Rotwein der Schweiz hat viele Gesichter. Doch niemals fehlt es ihm an Charakter und Eleganz.
Sie: «Holst du dir Dôle?» Er: «Nein, hol ich mir nicht mehr!» Sie: «Dann erkläre ich dir die Geschichte dieser Assemblage.»
Man schrieb das Jahr 1850, als im Wallis die ersten Dôle-Stecklinge gesichtet wurden. Es handelte sich um eine Rebsorte aus der Umgebung der Stadt Dole im französischen Jura, wo die Gamay-Rebe dominierte.
Er: «Halt inne in deiner Rede.» Sie: «Ja, ich merke, dass du nicht mehr zuhörst. Dann erkläre ich es dir anders.»
Die Szenerie um ein Glas Walliser Rotwein wirft eine Frage in den Raum, auf die es viele mögliche Antworten gibt.
Was ist ein echter Dôle?
Dôle ist so etwas wie der James Bond unter den Walliser Weinen: elegant, raffiniert und immer bereit, den Abend zu retten. Der Dôle, Spross einer Mariage zwischen Pinot Noir und Gamay, macht keine halben Sachen. Er kommt mit fruchtigen Aromen, in gut geschnittenem Anzug und mit einer Mission: die Geschmacksknospen zum Vibrieren zu bringen.
Es hilft, sich in einen Walliser Weinberg zu versetzen, wo die Trauben unter der Alpensonne reifen. Der Pinot Noir, der Ernstere der beiden, sorgt für Struktur und Eleganz. Er ist der Mann im Anzug. Der Gamay hingegen ist spassiger und fruchtiger. Mit seinen Erdbeer- und Himbeernoten gibt er den DJ. Zusammen sind sie ein Paar wie Asterix und Obelix. Seit dem Jahr 2021 sind noch weitere Rebsorten zugelassen, was dem Dôle nun eine fantasievolle Note und Persönlichkeit verleiht.
Am Gaumen lässt der Dôle niemanden im Stich. Er umschmeichelt die Geschmacksknospen mit seinen sanften Tanninen.
Geniesserinnen und Geniesser müssen keine Experten sein, um seine Frucht zu schätzen. Er trinkt sich genauso leicht wie ein Morgenkaffee, nur schmeckt er halt ein bisschen anders, eben festlicher. So kennen die Walliser zahlreiche Synonyme für ihren Dôle. Diese sind Freundschaft, Begegnung, Beisammensein, Feiern oder einfach Glouglou. Dôle ist weder kompliziert noch protzig. Um ihn macht man kein grosses Getue. So ist auch die Frage, was man dazu essen soll, ganz einfach beantwortet. Denn Dôle ist der MacGyver unter den Essensbegleitern. Hackbraten, Poulet, Käse, Pilze oder eine einfache Pizza – er ist zu vielen Gerichten ein treuer Begleiter. In der Gastronomie ist Dôle mit seinen moderaten Einkaufspreisen, meist unter 20 Franken pro Flasche, ein spannender Wein für Bankette.
Wer Geduld hat, wird belohnt. Dôle ist nicht nur der Star eines Abends. Er ist auch ein «weiser Alter». Denn er reift mit Stil – ein bisschen so wie George Clooney. Nach zwei oder drei Jahren Lagerung wird im Fass ausgebauter Dôle dank seiner Holznoten noch komplexer. Und zwar so, dass sogar ein Cornalin neidisch werden könnte.
Zurück zur Szenerie um ein Glas Walliser Rotwein. Sie: «Und, holst du den Dôle jetzt?» Er: «Ja, sehr gerne will ich von ihm kosten. Komm, lass uns anstossen!»
Auf der Website oseladole.ch sind 161 Kellereien gelistet, die Dôle keltern.
(red)
Dôle ist ein Walliser AOC-Wein aus Pinot Noir, sortenrein oder in Assemblage mit anderen roten Sorten. Dabei müssen Pinot Noir und Gamay mindestens 51 Pro-zent betragen. Der Anteil Pinot Noir muss überwiegen.
ist ein Walliser AOC-Rosé. Für die Traubenzusammensetzung gilt die gleiche Regelung wie für den roten Dôle. Dôle Blanche darf zudem mit zehn Prozent weissen Walliser AOC-Weinen assembliert werden.