«Cuisine sans frontières» trägt mit Gastroprojekten dazu bei, Konflikte zu lösen. An der skv-Tagung «Chefs de Cuisine Suisses» gibt Geschäftsleiterin Anna Hofmann einen Einblick in die Arbeit des Vereins.
Anna Hofmann, was hat Essen mit Politik zu tun?
Willy Brandt sagte einmal: «Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.» Daran angelehnt würde ich sagen: «Essen und Trinken ist nicht alles, aber ohne Essen und Trinken ist alles nichts.» Essen ist aufgrund verschiedenster Aspekte politisch: Erstens ist Essen ein Menschenrecht, das leider nicht allen Menschen zuteil wird. Das ist ein politisches Problem. Zudem entscheiden wir bei jedem Essen, wo wir einkaufen, also wen und welches Ernährungssystem wir unterstützen. Und dann spielt Essen auch bei politischen Treffen eine wichtige Rolle: Was wird gegessen, wer sitzt neben wem, welche Entscheidungen werden während des Essens getroffen? Dafür gibt es sogar einen wissenschaftlichen Begriff: Gastro Diplomacy oder Culinary Diplomacy.
Wie kann man sich einen Einsatz von Cuisine sans frontières (Csf) konkret vorstellen?
In unseren Projekten setzen wir uns dafür ein, über gemeinsames Essen und Trinken Konflikte zu lösen und die Gemeinschaft zu fördern. So zum Beispiel in Kenia in unserem Projekt Calabash in Orwa. Dort haben wir ein Restaurant aufgebaut, das an der Grenze zwischen den verfeindeten Stämmen Pokot und Turkana liegt. Der Betrieb wird von einem lokalen Team geleitet, das sich aus Vertretern beider Stämme zusammensetzt. Sowohl Pokot wie Turkana besuchen das Restaurant. Dies trägt zu einer besseren Verständigung der verfeindeten Stämme bei, die Konflikte in der Region sind spürbar weniger geworden.
Auf welche weiteren Erfolge kann der Verein zurückblicken?
Jedes Projekt hat seine eigenen Erfolgsfaktoren. In San Josecito in Kolumbien, wo wir eine Gemeinschaftsküche aufgebaut haben, sind die Kinder seither nicht mehr unterernährt. Oder in Ecuador, wo landlose Indigene nach unserem Gastgeber-Kurs auf einem Schiff eine Anstellung in einem Hotel fanden. All dies bestätigt uns darin, weiterhin zu Tisch zu bitten, um Konflikte zu lösen und die Gemeinschaft zu fördern.
Welche Voraussetzungen sollten Köche mitbringen, welche an einem Einsatz für Cuisine sans frontières interessiert sind?
Ein Freiwilligeneinsatz bei Csf ist ein lehrreiches Abenteuer. Voraussetzungen dafür sind Offenheit, Flexibilität und echtes Interesse an anderen Kulturen. Eine praktische Veranlagung und je nach Einsatzland die entsprechenden Sprachkenntnisse sind ebenfalls wichtig. Mit dieser Ausrüstung kehren die Freiwilligen mit einem Rucksack voller neuer Erfahrungen zurück.
Mit welchen Erfahrungen zum Beispiel?
Man lernt neben unbekannten Lebensmitteln auch den gemeinschaftsfördernden Aspekt des gemeinsamen Kochens und Essens nochmals neu kennen. Zudem arbeitet man vor Ort auf Augenhöhe mit Menschen, deren kultureller
Hintergrund ein anderer ist und erhält so einen einmaligen Einblick in andere Formen des Zusammenlebens.
Welche weiteren Möglichkeiten gibt es, sich bei Csf zu engagieren?
Neben Einsätzen in Auslandsprojekten können sich Freiwillige auch in unseren Projekten in Zürich engagieren. Dort kochen wir regelmässig mit und für geflüchtete Menschen und sind immer auf der Suche nach Köchinnen und Köchen, die uns dabei unterstützen. Zudem können sich Restaurant-Teams bei uns melden, wenn sie beim Kitchen Battle antreten möchten, unserem jährlichen Fundraising-Event. Als unabhängiger und gemeinnütziger Verein sind ausserdem unsere Mitglieder sehr wichtig für uns. Man kann als Privatperson für 100 Franken im Jahr oder als Gastronomiebetrieb für 300 Franken im Jahr bei uns Mitglied werden und unsere Arbeit damit finanziell unterstützen – oder natürlich auch einfach mit einer Spende an unsere Organisation oder für ein bestimmtes Csf-Projekt.
(Interview Angela Hüppi).
20. bis 21. September 2020 Culinarium Alpinum Stans/NW
Tagungskosten
Einzeleintritt 21. September:
150 Franken für Mitglieder, 220 Franken für Nichtmitglieder.
Kombi-Eintritt beide Tage:
180 Franken für Mitglieder, 250 Franken für Nichtmitglieder.
Anmeldung und Programm
www.hotelgastrounion.ch/skv