«Glutenfreie Gerichte sind keine Hexerei»

In vielen Restaurants fehlt ein Angebot für Menschen, die sich glutenfrei ernähren. Angela Borer von der IG Zöliakie gibt schnell umsetzbare Tipps.

Angela Borer, gibt es in der Schweizer Gastronomie derzeit genügend Angebote und Verständnis für Menschen mit Zöliakie?
Das Verständnis ist grundsätzlich da. Aber nicht alle Betriebe wissen, wie sie ein entsprechendes Angebot aufbauen können. Fehlendes Wissen führt zu Unsicherheit, daher gibt es in Sachen glutenfreie Gerichte noch viel Luft nach oben.

Nicht nur die Küche, auch der Service muss sich mit dem Angebot auskennen.

In der Schweiz ist nur ein Prozent der Bevölkerung von Zöliakie betroffen. Lohnt es sich da überhaupt, glutenfreie Gerichte anzubieten?
Es müssen ja nicht nur Menschen mit Zöliakie aus medizinischen Gründen glutenfrei essen. Auch bei Allergien, Glutensensitivität oder anderen Krankheiten kann eine glutenfreie Ernährung Symptome lindern. Restaurants sind soziale Treffpunkte. Daher finde ich, dass es dazugehören sollte, möglichst viele Menschen anzusprechen und zu integrieren.

Dass Teigwaren und Weizenbrot Gluten enthalten, wissen die meisten. Doch wo gibt es versteckte Glutenquellen?
Gluten versteckt sich zum Beispiel in Gewürzmischungen und anderen Convenience-Produkten. Die grösste Gefahr liegt allerdings nicht in versteckten Quellen, sondern in der Kontamination durch eine fehlende Trennung bei der Zubereitung: Pommes frites beispielsweise sind grundsätzlich glutenfrei, aber nicht, wenn sie im selben Öl frittiert werden wie panierte Chicken Nuggets.

Ist eine strikte Trennung, gerade in kleinen Küchen, überhaupt realistisch?
Wenn der Wille da ist, gibt es immer einen Weg. Aber natürlich, man muss sich als Betrieb fragen, was Sinn macht. In einer sehr kleinen Küche empfehlen wir beispielsweise, glutenfreie Speisen zuerst zuzubereiten und warmzuhalten, da eine komplette Trennung kaum machbar ist.

Haben Sie Tipps, wie man mit wenig Aufwand ein glutenfreies Angebot schaffen kann?
Zunächst kann man sich überlegen, welche Grundrezepte sich für alle Gäste glutenfrei herstellen lassen, beispielsweise Salatsaucen. Zudem sollte man mit glutenfreien Gewürzen und frischen Kräutern arbeiten. Generell macht es Sinn, einige komplett glutenfreie Menüs auf der regulären Karte zu haben, anstatt glutenfreie Alternativen anzubieten. So kann man etwa mit glutenfreier Bouillon arbeiten und damit das Risotto zubereiten oder ein Stroganoff statt mit Spätzli mit Reis servieren. Wenn die normale Karte eine kleine, aber feine Auswahl an glutenfreien Gerichten bereithält, muss man sich auch nicht verpflichtet fühlen, zu jedem Gericht eine glutenfreie Alternative anzubieten.

Ein neuer Lehrgang informiert Gastronomen über das ABC der glutenfreien Zubereitung von Speisen im Restaurant. (Bilder zvg)

Gibt es weitere Gerichte, die komplett glutenfrei für alle gekocht werden können?
Vor allem bei Saucen und Suppen ist ein Umdenken gefragt. Man kann beispielsweise Alternativen wie Maizena oder Reismehl zum Binden von Saucen ausprobieren.

Was ist ausserhalb der Küche wichtig?
Der Service spielt eine entscheidende Rolle, er ist die Schnittstelle zwischen Gast und Küche. Die Mitarbeitenden müssen sich mit dem Thema auskennen, damit sie die Gäste entsprechend beraten können. Zudem sollten sie in der Küche nochmals checken, ob wirklich alles glutenfrei ist, bevor sie das Gericht servieren. Die Gäste schenken dem Restaurant grosses Vertrauen, das muss man ernst nehmen. Wird beispielsweise ein normales Brotkörbchen zum glutenfreien Salat gereicht, führt das zu einem unguten Gefühl bei den Gästen.

(Angela Hüppi)


Angela Borer ist Gründerin und Geschäftsführerin von Guide Celiac sowie Vorstandsmitglied der IG Zöliakie.


Lehrgang Zöliakie

Die Hotel & Gastro Union, Guide Celiac und die IG Zöliakie der deutschen Schweiz haben gemeinsam einen Lehrgang zum Thema glutenfreie Küche entwickelt. Er besteht aus einer Online-Schulung sowie einer halbtägigen Praxisschulung. Der Lehrgang startet Ende September, die Warteliste ist ab sofort geöffnet.


Mehr Informationen unter:

guideceliac.ch/academy