Vielen Jugendlichen geht es psychisch nicht gut. Ausbildner können in einem Kurs lernen, wie sie die seelische Gesundheit ihrer Lernenden stärken.
Gemäss einer Unicef-Studie hat jeder dritte Jugendliche psychische Probleme. 29,1 Prozent der Befragten haben niemanden, mit dem sie ihre Probleme besprechen können. Acht Prozent versuchten sogar, sich das Leben zu nehmen. Für die Studie wurden letzten Sommer 1097 Schweizer und Liechtensteiner Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren befragt.
Unicef, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, fordert, dass das Stigma rund um die psychische Gesundheit abgebaut und offener über Gefühle geredet wird.
Einer, der dies tut, ist Peter Roos, geschäftsführender Partner im Büro für Arbeitspsychologie und Organisationsberatung (Büro A & O) in Bern. In seinem Kurs «Gesundheitsfördernder Umgang mit Lernenden – Stärkung der psychischen Gesundheit» sensibilisiert der Psychologe Ausbildner und Ausbildnerinnen und zeigt ihnen Handlungsoptionen auf.
Peter Roos, wie steht es mit der psychischen Gesundheit der Lernenden in der Gastronomie?
Ich kenne keine branchenspezifischen Zahlen. Insgesamt wissen wir aber, dass viele junge Menschen mit psychischen Problemen zu kämpfen haben. Gemäss Bundesamt für Statistik werden im Gastgewerbe 31 Prozent der Berufslehren abgebrochen. Dies könnte darauf hindeuten, dass einiges im Ungleichgewicht ist.
Warum sind gerade die 14- bis 19-Jährigen betroffen?
Weil sie in einer verletzlichen und intensiven Lebensphase stecken. Sie sind teilweise noch in der Pubertät. Gleichzeitig befinden sie sich im Übergang von der Schulzeit ins Erwerbsleben, was eine enorme Anpassungsleistung erfordert. In dieser Zeit geschieht vieles zum ersten Mal im Leben. Zudem fehlen ihnen die nötigen Ressourcen und Strategien, um die Herausforderungen zu meistern. Diese Kompetenzen müssen Jugendliche erst noch entwickeln. In dieser anspruchsvollen Zeit der Veränderung ist es wichtig, dass Ausbildner die Lernenden gut begleiten und unterstützen.
Wie gelingt das?
Berufs- und Praxisbildner müssen realisieren, welch wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe es ist, einen jungen Menschen zu begleiten. Ausserdem muss das Thema Ausbildung im Betrieb strukturell gut verankert sein. Das heisst: Der Ausbildner hat ausreichend Zeit, sich um die Lernenden zu kümmern, und es herrschen Rahmenbedingungen, in denen Lernende weder unter- noch überfordert sind und angstfrei arbeiten können. Abwechslungsreiche Aufgaben sowie eine gewisse Fehlertoleranz geben ihnen den Spielraum, ihre Fähigkeiten auszuprobieren, eigene Ideen einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Eine vertrauensvolle, professionelle Beziehung zu den Lernenden ist die Basis, um diese auch in psychisch schwierigen Phasen begleiten zu können.
Wie erkennt ein Ausbildner eine solche Phase?
Indem er ein aufmerksamer Beobachter ist. Verändert sich das Verhalten oder die Leistung der Lernenden stark, sollte man hellhörig werden. Kommt die stets gepflegte, zuverlässige Lernende nun immer zu spät und mit fettigen Haaren zur Arbeit? Schweigt der sonst fröhlich plaudernde Lernende und zieht sich immer mehr in sich zurück? In solchen Fällen sollte der Ausbildner nicht lange warten, sondern mit dem Lernenden in Dialog treten, um die Situation zu verbessern. Zeichnet sich ein Problem ab, das nicht gemeinsam gelöst werden kann, ist es keine Schwäche, weitere Unterstützung zu holen.
(Interview Riccarda Frei)
Der Berufsverband HotelAdministration & Management Schweiz organisiert den Kurs «Gesundheitsfördernder Umgang mit Lernenden – Stärkung der psychischen Gesundheit» für Berufs- und Praxisbildende. Kursleiter ist Peter Roos. Der eintägige Kurs ist an folgenden Daten geplant: 12. Mai, 15. September und 24. November.Infos und Anmeldung unter: hotelgastrounion.ch