Kindermenükarten in Restaurants sind für gesundheitsbewusste Eltern eine Herausforderung. Die Auswahl an Speisen ist eher nach den Vorlieben der kleinen Gäste ausgerichtet. Da oft die Kinder bestimmen, welches Restaurant sie mit der Familie besuchen, richten sich die Gastronomen lieber nach deren Wünschen.
Eltern, die mit ihren Kindern ins Restaurant essen gehen, möchten in erster Linie eine entspannte Zeit erleben ohne Geschrei. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Sprösslinge oft selber aussuchen dürfen, was sie gerne essen möchten. Auf den meisten Kinder-Menükarten findet man Speisen wie Chicken-Nuggets, Pommes frites, Fischknusperli oder Schnitzel. Dass diese Gerichte ernährungstechnisch nicht unbedingt gesund sind, ist klar. Aber mit den Kindern im Restaurant über gesundes Essen zu streiten, ist ebenfalls keine Option. Das wissen Restaurateure und gestalten ihre Kinder-Menükarte entsprechend: «Pommes frites zum Beispiel bereiten die Wenigsten zu Hause zu, daher sind sie bei Kindern bei einem Restaurantbesuch auch sehr beliebt», sagt Andreas Wichert, Geschäftsführer im Restaurant Die Waid in Zürich.
Ausserdem können die Kinder viele der angebotenen Gerichte von Hand essen, was ein zusätzliches Erlebnis sei und man zuhause eventuell nicht dürfe. Auf den meisten Kinderspeisekarten findet man auch gesunde Speisen, die kindgerecht daherkommen. Und fast alle Restaurants, die Kinder gerne willkommen heissen, bieten sogenannte Räuberteller an. Diese sind dafür gedacht, dass die Kleinen von den Tellern der Erwachsenen «stibitzen» können.
Dass man in Restaurants und Hotels auf die Bedürfnisse von Kindern eingeht, hat nicht nur damit zu tun, dass man die Gäste zufriedenstellen möchte. Im Restaurant Opus in Luzern sind es auch marketingtechnische Gründe: «Bei uns werden Kinder an ihrem Geburtstag zum Essen eingeladen. Das lohnt sich für uns, weil die Kinder von ihren Eltern, Grosseltern oder Paten begleitet werden, die zahlende Gäste sind», sagt Benito Blankenagel, Betriebsassistent im «Opus». Ausserdem bestimmen oft die Kinder, wohin es zum Essen geht, und daher lohnt es sich zusätzlich, den Aufenthalt für die jungen Gäste so angenehm wie möglich zu machen.
Philipp Schneider vom Restaurant Krone Mosnang in Mosnang/SG lädt die Kinder gleich zu sich in die Restaurantküche ein.
In seinem Betrieb können Kinder Kochkurse besuchen. Diese finden im Rahmen des sogenannten Ferien(s)pass statt, der für Kinder aus Mosnang und den umliegenden Gemeinden angeboten wird. «Einige der Kinder haben den Kurs schon mehrmals besucht. Das freut uns und schafft eine Verbindung zu unserem Betrieb.» Ausserdem stellt Philipp Schneider den jungen Gästen seinen Betrieb und die verschiedenen Gastronomieberufe vor.
Auch Nadja Schuler vom Hotel zum Hirschen in Villigen/AG bringt den Kindern die Freude an gesundem Essen mittels Kochkursen näher. «Kinder, die kochen, essen auch besser», zeigt ihre Erfahrung. Sie bietet Kurse zu verschiedenen Themen an wie das Dekorieren von Torten. Oder sie orientiert sich an der jeweiligen Saison, und die Kinder bereiten diverse Leckereien zu, die sie mit nach Hause nehmen dürfen. Dabei lernen die Kinder auch, wie man mit einem Messer umgeht oder welche Früchte und welches Gemüse gerade Saison haben. «Es gibt Kinder, die meine Kurse seit Beginn, das heisst, seit 2021 regelmässig besuchen», freut sich Nadja Schuler. Neben den Kochkursen führt sie zusammen mit ihrem Geschäftspartner Stephane Wirth das Hotel zum Hirschen.
(Daniela Oegerli)
Kathrine Berger, Sie haben die Plattform Food4family ins Leben gerufen. Nach welchen Kriterien suchen Sie die Restaurants aus?
Dazu gehört unter anderem, dass die Eltern und Kinder freundlich begrüsst werden. Zudem stehen Beschäftigungsmöglichkeiten zur Verfügung und die Infrastruktur sollte kinderfreundlich sein.
Legen Sie auch Wert auf die Auswahl der Speisen?
Für die Zertifizierung müssen mindestens drei Kindermenüs im Angebot sein. Dabei sollte Gemüse im Menü inbegriffen sein oder dazu bestellt werden können.
Ungesunde Speisen wie Chicken Nuggets oder Pommes frites sind auf den meisten Kinder-Menü-Karten zu finden. Warum ist das so?
Viele Eltern legen Wert auf eine gesunde Ernährung, was zuweilen für Spannungen am Esstisch zuhause sorgt. Daher entsprechen die Kinderklassiker in den Restaurants einem Bedürfnis der kleinen Gäste.
Ist es schwierig, Restaurants zu finden, die kinderfreundlich sind?
Als ich vor 17 Jahren mit meinem Projekt begann, war das Bewusstsein in der Gastronomie, dass auch Familien gerne auswärts essen, nicht ausgeprägt. Das hat sich glücklicherweise geändert.
Wie kinderfreundlich schätzen Sie die Restaurants in der Schweiz im Allgemeinen ein?
Grundsätzlich äussert sich niemand in der Gastronomie gegen Familien, aber es bekennt sich auch kaum jemand dazu. Viele fürchten sich davor, andere Gäste zu vergraulen. Das hat auch etwas mit unserer Mentalität zu tun. In anderen Ländern wäre ein Gastroführer wie meiner nicht nötig, weil Kinder einfach dazugehören.
Durch ihre persönlichen Erfahrungen als Mutter und auf der Suche nach passenden Lokalen für die ganze Familie entstand bei Kathrine Berger die Idee zu der Website Food4family.
Welches ist dein Lieblingsrestaurant?
Viele der befragten Kinder, welche in der Stadt leben, nannten Pizzerien, Kebab-Lokale oder McDonald’s als ihr Lieblingsrestaurant. Daneben wurden auch Sushi-Betriebe oder hochpreisige Restaurants wie das «Clouds» in Zürich oder das Restaurant Schloss Wülflingen in Winterthur/ZH genannt. Einige Kinder, die auf dem Land zuhause sind, besuchen mit ihren Eltern regelmässig das Restaurant im Dorf, in dem sie leben. Andere nannten Restaurants, die sie von den Familienfeiern kennen. Grundsätzlich sind bei allen Kindern italienische oder Fast-Food-Restaurants sehr beliebt. Da wird Essen serviert, welches zuhause nicht oder selten auf den Tisch kommt.
Wenn du im Restaurant selbst aussuchen darfst, was bestellst du am liebsten?
Die Lieblingsspeisen der Kinder, wenn sie im Restaurant bestellen dürfen, sind Pizza, Spaghetti oder Chicken Nuggets mit Pommes frites. Nur ein Kind gab an, dass es immer etwas anderes bestelle. Ein Gericht, das nie fehlen darf, ist das Dessert. Eines der befragten Kinder bestellt im Restaurant am liebsten Gummibärchen. Die meisten kinderfreundlichen Restaurants bieten daher auch eine sehr umfangreiche Dessertkarte für Kinder an.
Welches ist dein Lieblingsessen, wenn du zuhause isst?
Beim Essen zuhause nennen die Kinder häufiger gesunde Speisen wie Salat, Gemüse oder Suppen. Sehr beliebt sind auch Crêpes. Einige nannten Gerichte, die im Herkunftsland ihrer Eltern zubereitet werden, wie kolumbianische oder thailändische Spezialitäten. Jedoch sind auch zuhause Pizza und Spaghetti hoch im Kurs.
Bestellst du im Restaurant auch etwas Gesundes, wenn es deine Eltern möchten?
Etwa die Hälfte der Kinder gehorcht den Eltern und bestellt auch etwas Gesundes wie Salat zur Vorspeise oder Gemüse als Beilage. Die anderen geniessen die Freiheit, das zu bestellen, worauf sie gerade Lust haben.
Damit es dir nicht langweilig wird, während deine Eltern am Essen sind, magst du es, wenn dir Papier und Farbstifte angeboten werden?
Vor allem die jüngeren Kinder schätzen es, wenn sie sich am Tisch mit Zeichnen beschäftigen können. Die älteren Kinder, etwa ab der vierten Klasse, besitzen häufig bereits ein Handy und vertreiben sich die Zeit damit. Ein paar wenige Kinder brauchen keine Spielsachen, weil sie sich gerne am Tisch mit den Erwachsenen unterhalten.
Falls im Restaurant eine Spielecke mit Büchern und Spielen vorhanden ist, nutzt du diese, um dich zu beschäftigen?
Ein grosser Teil der befragten Kinder nutzt die Spielecke nicht oder nur selten. Dabei unterscheiden sich die Kinder, die in der Stadt leben, nicht von denjenigen auf dem Land. Einige der befragten Schülerinnen und Schüler bringen selber Spielsachen mit. Die vierte Klasse aus der Primarschule im Zürcher Weinland äusserte folgende Wünsche zum Angebot: «Wir würden uns über Comics, Lego, Monopoly oder andere Brettspiele freuen. Ausserdem wäre es toll, wenn sich draussen ein Spielplatz mit einer Schaukel, einer grossen Rutschbahn oder einem Trampolin befinden würde.»
Und was sagen die Eltern zum Angebot für Kinder in Restaurants?
Einige der Lehrpersonen, die selber Eltern sind, erachten das Angebot an Speisen für Kinder in den Restaurants als gut. Da sie selber beispielsweise selten bis nie Chicken Nuggets oder Pommes frites zubereiten, ist es für sie in Ordnung, wenn ihre Sprösslinge «Ungesundes» im Restaurant bestellen. Viele Eltern möchten den Restaurantbesuch geniessen und sich nicht mit den Kindern über gesundes Essen streiten. Für Kathrine Berger von Food4family (siehe Interview rechts) ist es wichtiger, dass die Restaurants flexibel sind. Für die Eltern sei es nicht so wichtig, was auf der Karte steht. Vielmehr dürfe es keine Rolle spielen, wenn die Kinder früher als die Eltern essen möchten oder wenn die Familie einen speziellen Tisch wünscht, von dem aus sie die Spielecke oder den Spielplatz im Blickfeld hat. Kathrine Berger gab aber auch zu bedenken, dass die Preise für Kindermenüs zum Teil sehr hoch seien und das Familienbudget zu sehr strapazieren.
Für diese Umfrage hat diese Zeitung Zweit- bis Fünftklässler aus Schulen im Zürcher Weinland sowie der Innenstadt von Winterthur befragt. Insgesamt sechs Klassen haben die Fragen beantwortet. Die Kinder aus dem Weinland haben die Umfrage gemeinsam mit der Lehrperson im Klassenrat beantwortet. Die Kinder in Winterthur antworteten individuell via einer App auf einem Pad.