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Tödliche Bakterien

Sie flitzen durch Hotelwasserleitungen und verstecken sich im Duschkopf: Legionellen-Bakterien können eine schwere Lungenentzündung auslösen. Was kann man gegen sie tun?

Legionellen lauern in Wasserleitungen und verstecken sich in Duschköpfen. Wer sie über feine Wassertröpfchen einatmet, kann an einer schweren Lungenentzündung erkranken und im schlimmsten Fall daran sterben. (ZVG)

Seit Winterbeginn rollt eine Grippewelle nach der anderen über die Schweiz. Mit den steigenden Frühjahrstemperaturen sollte die Grippe, so vermelden es die Medien, abklingen. Anders sieht es hingegen bei einer Lungenentzündung aus, an der zwar weit weniger Menschen erkranken als an der Grippe, die aber so heimtückisch und gefährlich ist wie kaum eine andere Infektionskrankheit. Die Rede ist von der so genannten Legionärskrankheit, an der laut Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit BAG rund zehn Prozent der Erkrankten sterben.

Seit Jahren steigt die Zahl der gemeldeten Fälle dramatisch an und hat sich in fast zehn Jahren verdoppelt. 2008 zählte das BAG 244 hospitalisierte Patienten. 2017 waren es 444. Im August vergangenen Jahres titelte die Neue Zürcher Zeitung: «Die Schweiz bekommt die Legionellen nicht in den Griff». Dabei griff das Blatt eine Meldung aus Genf auf, wonach ungewöhnlich viele Patienten mit einer Lungenentzündung ins dortige Universitätsspital eingeliefert worden waren. So viele, dass bei den Ärzten die Alarmglocken schrillten. Untersuchungen ergaben, dass sich innerhalb kürzester Zeit 30 Menschen mit Legionellen angesteckt hatten.

Seit Januar 2018 sind 79 neue Fälle bekannt

Laut Statistik des BAG wurden seit Anfang 2018 bereits 79 Menschen wegen Legionellen hospitalisiert. Gegenüber dem «Blick» gestand im Januar Daniel Koch, Leiter der Abteilung für übertragbare Krankheiten beim BAG: «Wir haben die Lage nicht mehr im Griff.» Heute, zwei Monate später, schwächt Koch seine Aussage gegenüber der Hotellerie Gastronomie Zeitung zwar etwas ab, betont aber: «Die steigende Zahl an Fallmeldungen ist ein ernstes Problem. Es ist schwierig, jeweils herauszufinden, wie und wo sich die Patienten mit Legionellen angesteckt haben.» Die Legionärskrankheit sei, so der Mediziner, ein komplexes Thema.

Was sind die bekannten Fakten? Im Juli 1976 befällt eine rätselhafte Lungeninfektion mehr als 180 Menschen in einem Hotel in Philadelphia, 29 von ihnen sterben. Da viele der Erkrankten an einem Kriegsveteranen-Treffen teilgenommen hatten, erhält die Seuche den Namen Legionärskrankheit. Erst zwei Jahre später wird der Erreger der Krankheit identifiziert. Legionellen sind stäbchenförmige Bakterien, die sich sowohl im Süss- wie auch im Salzwasser aufhalten und vermehren. In geringer Anzahl kommen Legionellen auch natürlicherweise im Grundwasser vor, weshalb man sie auch im Trinkwasser in sehr kleiner Konzentration vorfindet. In grösserer Zahl können Legionellen in Kalt- und Warmwasserbehältern, in veralteten Wasserleitungen und in Verkalkungen von Duschköpfen und Wasserhähnen vorkommen. Legionellen lieben vor allem warmes Wasser. Bei mehr als 20 Grad steigt deren Vermehrungsrate kontinuierlich an und erreicht zwischen 30 und 45 Grad das Optimum. Bei einer Temperatur von 55 Grad hören sie auf, sich zu vermehren. Und ab 60 Grad kann man von einer sicheren Abtötung der Bakterien ausgehen.

Ansteckung über Atemwege

Eine Ansteckung mit Legionellen erfolgt meist durch das Einatmen von Aerosolen. Das sind feinste Wasserpartikel, in denen die Bakterien in erhöhter Konzentration vorkommen. Ein Infektionsrisiko besteht überall dort, wo sich Wassertröpfchen bilden, also bei Duschen und Wasserhahnen, Sprudelbädern, Kühltürmen, aber auch Klimaanlagen. Erste Anzeichen für eine Erkrankung sind Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Muskelschmerzen. Darauf folgen Husten und Atembeschwerden, die sich zu einer schweren, oft nicht sofort nachweisbaren Lungenentzündung entwickeln können. Wird die Legionärskrankheit nicht umgehend behandelt, kann sie zum Tod führen. Gefährdet sind vor allem ältere Menschen sowie Personen mit geschwächtem Immunsystem.

Laut dem Schweizerischen Verein des Gas- und Wasserfaches gehören Spitäler mit Intensiv-Pflegestationen zu den Orten, wo das höchste Risiko einer Ansteckung mit Legionellen besteht. Andere Spitäler, Alters- und Pflegeheime sowie Hotels werden als Risikogruppe zwei eingestuft. Hier die wichtigsten Regeln im Kampf gegen die Legionärskrankheit: Das Warmwasserspeichervolumen muss täglich während mindestens einer Stunde auf über 65 Grad erwärmt werden. Die Temperaturhaltung an den Zapfstellen, also den Wasserhahnen in jedem Zimmer, muss mindestens bei 58 Grad liegen.

Speziell für Betreiber von Hotels hat das Bundesamt für Gesundheit bereits im Jahr 2005 ein Merkblatt für Risikoreduktionen entworfen. Darin werden verschiedenste Massnahmen vorgeschlagen. Folgende sind die wichtigsten:

  • Das Warmwasser muss permanent zirkulieren und die Temperatur muss zwischen 55 und 60 Grad liegen.
  • Sicherstellen, dass das Kaltwasser im Kreislauf unter einer Temperatur von 20 Grad bleibt.
  • Hahnen und Duschen müssen frei von Verkalkungen gehalten werden.
  • Wasserwärmer sollen mindestens einmal pro Jahr einer Reinigung und Desinfektion unterzogen werden.
  • Kühltürme und Air-Conditioner-Systeme mindestens zweimal jährlich reinigen und desinfizieren lassen.
  • Sicherstellen, dass Änderungen am Leitungsnetz oder neue Installationen keine Störungen des Systems (Luft in den Leitungen) verursachen.
  • Wenn Sprudelbäder vorhanden sind: Sicherstellen, dass das Wasser kontinuierlich 0,7 bis 1,5 mg/l Chlor enthält. Messung der Konzentration dreimal täglich. Und mindestens die Hälfte des Wassers täglich erneuern.

Viele Hotel gehen mittlerweile noch einen Schritt weiter und lassen Wassertests vornehmen. «Das Legionellenproblem nehmen wir sehr ernst», sagt Heinz Brassel, Direktor vom Kongresshotel Seedamm Plaza in Pfäffikon/SZ. «Zweimal jährlich lassen wir unser Wasser von einem Labor auf Legionellen überprüfen. Darüber hinaus investieren wir massiv in die Verbesserung unserer Heisswasseranlage.

Auf Wassertests setzt auch Michael Böhler, CEO der Hotels Ambassador und Opera in Zürich. Seit sechs Jahren arbeiten seine  Hotels mit der Winterthurer Wyss Wassertechnik AG zusammen. Das Unternehmen ist auf Wasseraufbereitung und Wasserbehandlung spezialisiert und entnimmt zweimal jährlich in verschiedenen Hotelzimmern jeweils sechs Kalt- und Heisswasserproben für eine bakterielle Untersuchung. Diese wird innerhalb von 24 Stunden nach der Entnahme in einem Labor durchgeführt. Pro Probe inklusive Analyse, Auswertung und Beratung kostet das den Hotelier rund 220 Franken. «Für uns ist das eine gute Investition», so Michael Böhler. In den vergangenen Jahren habe man nur einmal einen leicht erhöhten Legionellenanteil im Warmwasser festgestellt. Dieser lag immer noch weit unter dem Grenzwert von 1000 Bakterien pro Liter, aber man habe zurückverfolgen können, dass dafür eine kurze Boilerstörung verantwortlich war.

Bis heute sind Tests auf Legionellen gesetzlich nicht vorgeschrieben. Es gelten lediglich Empfehlungen, diese vorzunehmen. Und das sollte man. In der  Checkliste für Hotels wird gewarnt: «Die Legionärskrankheit kann einem Betrieb hohe Kosten verursachen, wenn sein Wasser Legionellen enthält und damit als Infektionsquelle angesehen wird.»

(Jörg Ruppelt)


Mehr Informationen unter:

www.wyss-wassertechnik.ch