Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

Von der Kakaobohne bis zur Tafel alles aus einer Hand

«Bean to Bar»-Schokolade ist im Kommen. Dank der Kontrolle über jeden einzelnen Produktionsschritt entstehen neue Geschmäcke, die nicht immer massentauglich sind – dafür umso spannender.

  • «Bean to Bar»-Produzenten wissen ganz genau, was in ihren Schokoladentafeln steckt. (Bild ZVG)
  • Die Kakaobohnen sind in der Schote von weisslichem Fruchtfleisch umgeben. Beides kann man auch roh essen. (Bild ZVG)

Das Untergeschoss des Volta Zentrums in Basel hält ein süsses Geheimnis bereit. Wer sich konzentriert, kann in den menschenleeren Gängen einen Hauch von Schokolade riechen. Hier entstehen die «Bean to Bar»-Spezialitäten von Chocolatier Fabian Rehmann. Der Name «Bean to Bar» sagt es schon: Von der Bohne bis zur fertigen Tafel hat Rehmann die Kontrolle über alle Produktionsschritte seiner Schokolade. Der Trend kommt aus den USA und fasst langsam auch in der Schweiz Fuss. Fabian Rehmann ist einer der Ersten, die hier «Bean to Bar»-Schokolade produzieren. Von der Idee bis zur Umsetzung dauerte es zweieinhalb Jahre: «Ich habe lange ausprobiert und viele Tests gemacht, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war.» Angefangen hat alles mit einem indischen Haushaltsgerät, das für die Herstellung von Dosa-Teig – einer Art Pfannkuchen – verwendet wird. In einer Schüssel drehen sich zwei Granitrollen und zerreiben das Mahlgut: «Für die Herstellung von Schokolade ist das perfekt.» Schwieriger wurde es, als er grössere Maschinen benötigte. Lange tüftelte er an der Technik, bis er zufrieden war. Alle Produktionsmaschinen von Rehmann sind selbst gebaut, damit die Qualität stimmt und die Schokolade auf der Zunge zergeht.

In sieben Schritten zur Tafel

Die Herstellung der «Bean to Bar»-Schokolade geschieht in sieben Schritten. Zunächst werden die Bohnen gekauft. Dafür lässt sich Fabian Rehmann Muster zukommen, mit denen er Tests durchführt. Passt das Aroma ins Sortiment, wird die Sorte aufgenommen. Rehmann bietet mehrere Herkunftskakaos der Grundtypen Trinitario, Forastero und Criollo an, wobei er das Sortiment laufend wechselt. Sind die Bohnen in der Schweiz angekommen, werden sie von Hand verlesen, um Steine und Fremdkörper zu entfernen. Es folgt die Röstung: «Dafür braucht es viel Intuition, für jede Bohne muss ein individuelles Röstprofil erarbeitet werden.» Nach der Röstung werden die Bohnen gebrochen und geschält, so dass im Endprodukt weniger als zwei Prozent Schale zu finden sind. In der Brechanlage wird der Kern der Bohne durch ein Vakuum von den leichteren Teilen getrennt.

Die Bohnen werden nun gemahlen und conchiert, so dass die Schokolade den gewünschten Schmelz erhält und sich unerwünschte Bitterstoffe sowie Nebenaromen verflüchtigen. Drei Mahlgängen unterzieht Fabian Rehmann seine Kakaos: «Das macht die Qualität aus.» So wird die Masse immer feiner, bevor sie zwischen fünf bis acht Stunden conchiert wird. Rehmann konzentriert sich auf eine besonders feine Mahlung: «Beim Conchieren besteht die Gefahr, dass sich das Aroma verflüchtigt. Der Mahlvorgang hingegen dauert teils nur wenige Sekunden.» Das Endresultat ist eine Schokolade, deren Partikel zwischen fünf und zehn Mikrometer klein sind. Die Kakaomasse wird anschliessend mindestens drei Wochen gelagert, damit sich die Aromen im Fett verankern. «Der Geschmack wird so harmonischer und runder», erklärt Fabian Rehmann.

Er ist überzeugt: «Schokolade, die in so kleinem Massstab wie bei uns hergestellt wird, ist etwas komplett anderes als industriell hergestellt Schokolade, es handelt sich dabei um einmalige Produkte.» Daher wird sich Rehmanns Produktion auch immer in einem eher kleinen Rahmen bewegen. «Das Schöne daran ist, dass die Kakaos ihren Charakter behalten können. Das Produkt muss nicht massentauglich sein», so Rehmann. In seinem Sortiment ist von fruchtig über erdig oder rauchig bis zu würzig oder blumig für jeden Geschmack etwas dabei. Für Fabian Rehmann ist klar, dass die Nachfrage nach Produkten, die regional hergestellt werden, weiterhin steigen wird. Auch in der Gastronomie beobachtet er diesen Trend: «Man versucht wieder, mehr Dinge selbst zu machen.» Seine Kuvertüre sei aber mit rund 120 Franken pro Kilo zu teuer, um sie in der Gastronomie im grossen Stil zu vertreiben. «Es wird ein Nischenprodukt bleiben, für das sich vielleicht Spitzenköche interessieren.»

Eigene Plantage in Trinidad

«Bean to Bar»-Schokolade gibt es auch bei Fabian Rehmanns Fast-Namensvetter Fabian Rimann. Der Konditor-Confiseur erweiterte seinen Betrieb in Wettingen Anfang Jahr um ein Café und stellt rund zehn Prozent seiner Produkte aus «Bean to Bar»-Kuvertüre her. Diesen Anteil will er am neuen Standort, wo genügend Platz zur Verfügung steht, ausbauen. Denn: «Mit ‹Bean to Bar›-Schokolade kann man sich massiv von der Konkurrenz abheben.» Immerhin beziehen praktisch alle Schweizer Schokoladenhersteller ihre Kuvertüre von einigen wenigen Grossfirmen. Wer die Schokolade selbst herstellt, kann ganz neue Geschmäcke erzeugen. Besonders wichtig ist Fabian Rimann dann auch die Auswahl der Bohnen. Seit rund drei Jahren besitzt er in Kooperation mit der Max Felchlin AG eine eigene Plantage in Trinidad: «So bin ich der Einzige, der mit genau dieser Bohne arbeitet.» Daneben bezieht er Bohnen aus Ländern wie Bolivien oder Jamaika.

«Genauso wichtig wie die Auswahl der Bohne ist aber das, was man daraus macht», hält er fest. Auch Rimann hat seine Maschinen gemeinsam mit zwei Maschinenbauern selbst gebaut. Einblick in das Allerheiligste seiner Schokoladenproduktion gewährt er nicht: «Das ist mein Betriebsgeheimnis.» Nur so viel verrät er: Auch bei ihm dauerte das Tüfteln lange. «Richtig gute Schokolade selbst herzustellen, ist sehr komplex. Man muss vieles ausprobieren, bis man das gewünschte Resultat erhält.»

Den «Bean to Bar»-Trend hat Fabian Rimann zum ersten Mal vor etwa neun Jahren in Nashville, Texas, gesehen. Dort wurde Schokolade mit einer kleinen Reismühle hergestellt: «Das war aber ein ziemliches Gebastel, und mir war damals schon klar: Das kann nichts Gescheites werden.» Trotzdem sah er im «Bean to Bar»-Trend Potenzial für den Schweizer Markt. «Wenn man jahrelang mit einem standardisierten Produkt arbeitet und dann den gesamten Herstellungsprozess plötzlich selbst in die Hand nimmt, ist das, als ob man eine neue Sprache zu sprechen lernt. Geschmacklich eröffnen sich einem neue Welten.» Die grosse Herausforderung dabei: konstante Ergebnisse erzielen und bestmögliche Qualität herstellen. «Die Schokolade muss auf der Zunge zerschmelzen – wenn ‹Bean to Bar›-Schokolade in diesem Bereich nicht mit der Qualität von Grossfirmen mithalten kann, hat sie keine Zukunft.»

Geschichten erzählen

Auch die Naturkostbar in Bern und Steffisburg hat sich vor einigen Jahren entschieden, auf den «Bean to Bar»-Zug aufzuspringen. Inhaber Michael Brönnimann legt grossen Wert auf die Herkunft seiner Produkte; in seinen Läden verkauft er unter anderem auch hochwertige Speiseöle, Nussmuse oder Cracker, alles in Bio-Qualität. Seine Bio-Kakaobohnen stammen aus verschiedenen traditionell wirtschaftenden Kooperativen in Lateinamerika und Madagaskar. «Sie alle haben eine besondere Geschichte, die wir durch unsere Schokolade weitererzählen», so Brönnimann. Die Bohnen werden direkt von den Bauern oder Kooperativen gekauft. Für die Bauern sei es jeweils das Schönste, wenn sie Bilder von «ihrer» Schokolade im Regal sehen oder einige Tafeln zugeschickt bekommen.

Nach dem Zerstossen werden die Kakaobohnen in Granitsteinmühlen zerkleinert. «Durch dieses schonende Verfahren entfalten sie über Stunden ihr echtes Aroma, zudem bewahrt diese traditionelle Herstellungsart alle guten Inhaltsstoffe», so Brönnimann. Übliche Praktiken wie Desodorierung, Alkalisierung, Druckbehandlung oder der Zusatz von Konservierungsstoffen und Emulgatoren haben in der Naturkostbar nichts zu suchen. Ausserdem verzichtet Michael Brönnimann auf die Röstung der Bohnen: «So erhalten wir das authentische Aroma, das durch die Röstung verloren geht.» Zugesetzt werden einzig pflanzliche Süssstoffe wie Datteln, Kokosblütenzucker oder Yacon-Wurzeln. Milch kommt keine dazu, so sind die Schokoladentafeln laktosefrei und vegan.

Begonnen hat Michael Brönnimann mit der «Bean to Bar»-Produktion, weil ihn das Konzept interessierte: «So haben wir viel mehr Einfluss auf das Endaroma. Ausserdem geschieht der gesamte Verarbeitungsprozess bei uns, wir haben die Kontrolle über jeden einzelnen Schritt.» Das Konzept kommt bei den Kunden an: «Heute wollen die Kunden wissen, woher die Produkte stammen. Viele bevorzugen Handgefertigtes anstatt industriell hergestellte Produkte von Grossfirmen.» Auch aus der Gastronomie erhält Brönnimann Anfragen. Hier eignen sich etwa Kuvertüre-Drops, die beispielsweise für Kuchen oder Trinkschokolade verwendet werden können.

Michael Brönnimann kam als Quereinsteiger in die Branche. Der gelernte IT-Techniker lief Marathons und wollte seine Leistung steigern – so kam er zur veganen Vollwert-Ernährung. Das Thema faszinierte ihn, und heute bietet er in seiner Naturkostbar selbst gesunde und vollwertige Produkte an. Die «Bean to Bar»-Schokolade passt da perfekt ins Sortiment – sie vereint Handwerk, Nachhaltigkeit und einzigartigen Geschmack.

(Angela Hüppi)


Kontakte:

<link http: www.naturkostbar.ch _blank>www.naturkostbar.ch

<link https: fabianrimann.com _blank>www.fabianrimann.com

<link http: www.fabianrehmann.ch _blank>www.fabianrehmann.ch