Zu grelles Licht, zu enge Platzverhältnisse: Wenn das Ambiente nicht stimmt, fällt das auf. Doch was machen jene Betriebe, in denen sich Gäste wohlfühlen, eigentlich richtig?
Niemand mag es, wenn es in einer Bar zu hell ist. Nur was genau jemand unter «zu hell» oder «zu dunkel» versteht, hängt stark vom Individuum ab. Allgemeingültige Aussagen sind fast nicht möglich. Das geht aus der 2013 publizierten Studie «Psychologische Befunde zu Licht und seiner Wirkung auf den Menschen – ein Überblick» hervor. Folgen Gastronominnen und Gastronomen den Empfehlungen der Studie, tun sie gut daran, in ihrem Betrieb für Variation bei der Lichtfarbe sowie für eine stufenlose Helligkeitsregelung zu sorgen. Das ist zumindest ein Anfang. Das Licht allein erzeugt jedoch noch kein Ambiente. Dieses entsteht, wenn Licht im Kontext anderer architektonischer Elemente gesehen wird. Dazu gehören etwa der Schnitt des Raums oder die Möblierung. «Die Summe der Elemente bestimmt letztlich, wie ein Raum vom Nutzer wahrgenommen wird», halten die Autoren der Studie fest.
Bei engen Raumverhältnissen zum Beispiel kann sich die punktuelle Beleuchtung lohnen, sagt Ramon Martin, Lichtdesigner bei Mati Lichtgestaltung aus Zürich. «Der Raum rückt damit in den Hintergrund, die Atmosphäre in den Vordergrund.» Wer eine enge Möblierung grundsätzlich visuell abschwächen wolle, tue gut daran, die Beleuchtung raumbezogen zu planen. Den Fokus also mehr auf den Raum und nicht auf die einzelnen Möbelstücke zu legen. «Der Gast nimmt dadurch den Rhythmus der einzelnen Tische nicht mehr so stark wahr, der Raum wirkt offener», so Martin.
Die grösste Herausforderung bei der Ausleuchtung gastgewerblicher Räume sei es, den individuellen Ansprüchen der Menschen gerecht zu werden. «Im Restaurant begeben sich die Gäste in eine Welt der Erholung und Intimität. Das bedeutet jedoch für jeden etwas anderes», sagt Ramon Martin. Allerdings gebe es ein Bild, an dem man sich bei der Planung orientieren könne. «Der Mensch, der am Feuer sitzt, ist in Hinblick auf die Beleuchtung in der Gastronomie so das Urbild des Wohlfühlens.»
Feuer, das sind diese warmen Orange- und Rottöne. Tragen diese Farben auch zum Wohlbefinden bei? «Letztlich ist es das Zusammenspiel von Licht, Raumproportionen, Farbe und Oberflächenstrukturen, das ausschlaggebend ist», sagt Sibylle Prestel. Sie ist selbständig als Beraterin in Lichtdesign und Farbgestaltung tätig. Welche Farbe sie für einen Raum oder ein Objekt wählt, hängt von vielen Faktoren ab. Von klassischen Konnotationen wie etwa jener, dass Blau für Vertrauen stehen soll, hält sie wenig. Wichtiger ist ihr, welche Geschichte der Ort zu erzählen hat. Das zeigt sich auch beim Farb- und Lichtkonzept des Restaurants Schipfe 16 im gleichnamigen Quartier in Zürich, für das Sibylle Prestel verantwortlich zeichnet. Im 16. Jahrhundert war hier die Seiden- und Wolltuchindustrie ansässig.
«Handwerkliche Höhepunkte sind die Eichenmöbel mit Furnierornamenten sowie die rote Stoffwand-Bespannung. Die akzentuierte Lichtführung zeichnet die Materialien aus, die Leuchten von George Nelson wiederum erinnern an Seidenkokons und geben dem Gastraum ein angenehmes Ambiente», führt Prestel aus.
Eine Wissenschaft, die der Frage nachgeht, was ein angenehmes oder besser gesagt menschenwürdiges Ambiente auszeichnet, ist die Wohnpsychologie. Christina Maass-Gojny, Expertin für Wohnpsychologie, weiss, wie sich die Grundsätze dieser Wissenschaft auf die Gastronomie übertragen lassen.
(Désirée Klarer)
Die Anfang 90er-Jahre entstandene Wissenschaft befasst sich mit den psychologischen Kriterien einer menschengerechten Wohnumwelt sowie mit der Wirkung, die diese auf das menschliche Verhalten, Fühlen und Denken hat.