Marc Gay vertritt die Schweiz dieses Jahr an den World Skills im Beruf Restaurant Service. Für sein Ziel trainiert er hart.
Die Welt von Marc Gay dreht sich zurzeit um ein Thema: «Seit eineinhalb Jahren stehe ich auf, und ich denke an die World Skills, nachdem ich in der Nacht von ihnen geträumt habe», erzählt er. Sein Trainingsplan bis zum Stichtag im September steht fest: selbständiges Training zuhause oder im Ausbildungszentrum Wäbi in Wädenswil, Trainingstage mit Coach Noemi Zoss-Kessler, Mentaltraining sowie verschiedene Stages im In- und Ausland.
Um sich ideal auf die Trainingszeit und auf den Wettbewerb vorzubereiten, nahm er sich nach den Swiss Skills ein Jahr Zeit, um die Welt zu entdecken und Englisch zu lernen. Ein halbes Jahr arbeitete er in Irlands Hauptstadt Dublin im neu eröffneten Restaurant D’Olier Street. «Es war meine erste Erfahrung in einem Fine-Dining-Restaurant, und ich konnte sehr viel lernen», erzählt der 21-Jährige. Weiter ausbauen konnte er die Erfahrungen dann während drei Monaten im Zwei-Sterne-Restaurant Atera in New York. Ende Jahr kam der Schweizer Meister aus dem französischsprachigen Wallis mit fliessendem Englisch zurück aus Amerika.
«So haben auch Noemi und ich eine gemeinsame Sprache gefunden», erzählt er an einem Samstag in Weggis/LU. Die beiden absolvieren einen Trainingstag in den Räumen der Hotel & Gastro Formation. Ein Flambé nach dem anderen bereitet Marc Gay unter den Augen seiner Coach zu. Sie greift da und dort korrigierend ein und gibt Tipps, wie das Filet und das Bœuf Stroganoff besser gelingen.
Zu jedem Rezept, das er übt, macht sich der World-Skills-Kandidat anschliessend Notizen für sein «lebendes Dokument», das ihn immer begleitet und mit jeder Einheit weiterwächst. Die Rezepte im Skills-Buch, auf dem der Wettbewerb aufgebaut ist, hat Marc Gay alle schon einmal geübt. «Jetzt muss ich viel Arbeit im Kopf machen, mir die Rezepte und Prozesse einprägen.»
Für diese Kopfarbeit, für den Umgang mit Nervosität und dem Druck schätzt der 21-Jährige auch das Training mit seinem Mentalcoach. Genauso wichtig, um die Motivation aufrechtzuerhalten, seien aber regelmässige Ruhepausen. «Einen Tag in der Woche versuche ich, komplett abzuschalten. Ich mache dann etwas mit der Familie und Freunden, gehe skifahren oder wandern.»
Marc Gays Coach Noemi Zoss-Kessler kann nachfühlen, wie es ihrem Schützling aktuell geht. 2013 wurde sie an den World Skills in Leipzig (DE) Berufsweltmeis-terin. Nach Shania Colombo ist Marc Gay der zweite Kandidat, den sie an die World Skills begleitet. Auch nach der Geburt ihrer Tochter im vergangenen Jahr war für die ÜK-Instruktorin klar, dass sie weiterhin als Coach tätig sein möchte. «Die Wettbewerbe sind meine grosse Leidenschaft», sagt sie. Auf Marc Gay kommen jetzt noch einige intensive Monate zu. «Er ist aber schon an einem sehr guten Punkt angelangt, und wir liegen gut in der Zeit.»
Einer der Höhepunkte, die noch auf den Walliser zukommen, wird ein fünfwöchiges Stage in Hongkong sein. «Ich freue mich, die asiatische Kultur kennenzulernen, zu sehen, wie die Menschen dort leben und arbeiten.» Nach Hongkong wird ein intensives Training mit Gästen folgen. Wenn er auf den Trainingsplan schaue, werde er manchmal schon etwas nervös, sagt Marc Gay. «Ich vertraue aber auf Noemi und unseren Plan und weiss, dass wir im September bereit sein werden.»$
Am 10. September geht es los. Die World Skills werden dieses Jahr im französischen Lyon ausgetragen. Mit dem Auto sind es nur drei Stunden von Marc Gays Heimatort. Die Schweizer Delegation werde gross und viele Augen auf ihn gerichtet sein. «Im Mentaltraining muss ich darauf hinarbeiten, dass ich die Zuschauer nicht als Stressfaktor sehe, sondern als Motivator.» Die Nähe habe aber auch grosse Vorteile: «Meine Familie und Freunde werden alle dabei sein können. Das freut mich sehr.»
(Alice Guldimann)
Marc Gay (21) machte seine Ausbildung zum Restaurantfachmann im Hôtel Restaurant La Porte d’Octodure in seiner Heimat Martigny-Croix/VS. Der Servicemeister 2021 gewann ein Jahr später die Swiss Skills und sicherte sich so sein Ticket für die Berufsweltmeisterschaft.
Mehr Informationen unter: swiss-skills.blog