Das Alphorn gilt als Nationalsymbol. Vom 27. bis 28. Juli steht es in Nendaz/VS im Rampenlicht. So populär es heute ist, das Instrument der Hirten wäre vor 200 Jahren beinahe verstummt.
Es ist ein jährlich wiederkehrender Anlass: das internationale Alphornfestival in Nendaz, an dem jeweils rund 100 Alphornbläser und -bläserinnen teilnehmen. Wie viele dieses Jahr genau dabei sind, wird feststehen, wenn die Anmeldefrist abgelaufen ist. «Zurzeit sind Westschweizer, Deutschschweizer, ein Tessiner und sieben Amerikaner angemeldet», weiss Sonia Délèze, Kommunikationsverantwortliche von Nendaz Tourisme. Bei jeder Ausgabe fänden sich auch Franzosen und Deutsche ein. Im Zentrum steht der Wettbewerb, bei dem die Bläser gegeneinander antreten. Das Besondere ist, dass sich die Jury in einem Zelt befindet und nicht sieht, wer spielt.
Das Festival-Highlight ist jedoch der Auftritt am Sonntag. Dann tragen alle Alphornbläser am Vormittag und nochmals am Nachmittag gemeinsam ein Stück vor. «Es ist ergreifend, wenn 100 Alphörner gleichzeitig spielen», freut sich Sonia Délèze.
Wie viele Besucher sich jeweils einfinden, kann sie nur schätzen: «Die Veranstaltung ist kostenlos, deshalb ist es schwierig, die genaue Zahl zu eruieren. Doch wir dürfen mit insgesamt 6000 und 10 000 Personen rechnen.» Für deren Verpflegung gibt es verschiedene Stände mit regionalen Spezialitäten wie etwa Walliser Rösti, Raclette, Älplermagronen und Polenta.
Wie gross die Wertschöpfung dieses Alphornfestivals ist, ist nicht bekannt. Doch: «Es ist für unseren Ort das Highlight des Sommers und bringt sowohl den Gastgebern als auch den verschiedenen Restaurants einen schönen Mehrwert», hält Sonia Délèze fest. Erstmals dokumentiert wurde das Alphorn hierzulande Mitte des 16. Jahrhunderts. Einst diente das Instrument der Kommunikation mit den Sennen der benachbarten Alpen und den Bewohnern unten im Tal. Zudem riefen die Sennen mit dem Spiel die Kühe in den Stall, wenn Melkzeit war.
Als sich im Laufe der Zeit die Käseherstellung immer mehr von der Alp in die Dorfmolkereien verlagerte, wurde das Alphorn um 1800 immer seltener. Dass es damals nicht komplett verschwunden ist, verdankt das Instrument dem Berner Schultheiss Niklaus von Mülinen. Er liess in den 1820er-Jahren Alphörner herstellen und verteilte sie in Grindelwald an begabte Spieler. Das Spiel des Alphorns begeisterte und wurde zur Attraktion.
Trotz seiner einfachen Bauweise ist ein Alphorn schwer zu spielen. Denn während alle anderen Blasinstrumente im Laufe der Zeit technische Weiterentwicklungen wie Grifflöcher und Ventile erfuhren, hat das Alphorn bis heute seine ursprüngliche Form beibehalten. Wie das australische Didgeridoo, indianische Bambus- und Holztrompeten sowie afrikanische Holzhörner gehören auch Alphörner zu den Blasinstrumenten aus Holz.
(Ruth Marending)