Ein gemeinsames Glas Bier zum Feierabend ist für viele der Inbegriff von Geselligkeit und Genuss. Die Auflösung des Schweizer Bierkartells im Jahr 1991 führte dazu, dass zahlreiche kleine Brauereien entstanden, die eine grosse Vielfalt an Bierstilen auf den Markt bringen. Bis in die Gastronomie ist diese Vielfalt noch nicht überall vorgedrungen.
Übermorgen, am 26. April, findet der Tag des Schweizer Bieres statt und damit auch der Start in die aktuelle Biersaison. An diesem Tag, der immer am letzten Freitag im April stattfindet, öffnen zahlreiche Brauereien in der Schweiz ihre Türen. Es finden Degustationen, Fassanstiche und andere Aktionen statt.
«Die Schweiz ist ein Paradies für Biergeniesserinnen und -geniesser», sagt Carole Gröflin. Sie ist Präsidentin der Gesellschaft zur Förderung der Bierkultur GFB. Der Verein setzt sich für die Bierkultur in der Schweiz ein. Innerhalb von rund 30 Jahren stieg die Anzahl an steuerpflichtigen Brauereien in der Schweiz von 32 auf 1192. Diese Entwicklung sei hocherfreulich, sagt die Bierliebhaberin weiter. Der GFB gehören rund 400 Bierliebhaberinnen und Bierliebhaber an, die darum bemüht sind, mehr Biervielfalt sowohl an Veranstaltungen als auch in der Gastronomie einzufordern. Dies, damit das «Mir-au-Phänomen» bald der Vergangenheit angehöre. «Dieses Phänomen bedeutet: Wenn der Erste am Tisch eine Stange bestellt, sagen die anderen ‹Mir-au›», erklärt Carole Gröflin. Dies sei nicht zuletzt den fehlenden Alternativen geschuldet. Hier bestehe von Seiten der Gastronomie Handlungsbedarf.
Laut dem Schweizer Brauerei-Verband ist der Bierstil «Lager hell» mit Abstand die meistgetrunkene Biersorte in der Schweiz. Die Vielfalt wachse aber von Jahr zu Jahr. Zudem erfreuen sich alkoholfreie Biere einer grossen Beliebtheit. Da es noch nicht von allen Bierstilen eine alkoholfreie Variante gibt, wächst in diesem Bereich die Vielfalt noch weiter. Zudem meldet der Schweizer Brauerei-Verband, dass im vergangenen Bierjahr der Konsum von alkoholfreiem Bier gegenüber dem Vorjahr um knapp 5,3 Prozent zunahm. Der gesamte Bierkonsum ging jedoch um 2,5 Prozent zurück.
Carole Gröflin verortet den Rückgang damit, dass die Zeiten, in denen man sich mit «irgendeiner Pfütze» volllaufen liess, vorbei seien. «Ich denke, wir trinken heute bewusster als noch vor zwanzig Jahren. Bier ist vom Rauschmittel zum Genussmittel avanciert.» Der Stammtisch habe sich seit den Neunzigerjahren zusehends verändert. Es werde weniger, dafür tendenziell besseres Bier getrunken.
«Die Bierqualität und die Kompetenz der Konsumenten habe sich durch Initiativen wie Bier-Sommelier-Ausbildungen und die «Swiss Beer Awards» erhöht», schrieb der Schweizer Brauerei-Verband kürzlich in einer Mitteilung. Carole Gröflin, die gerade die Ausbildung zur Biersommelière gestartet hat, ist über das Interesse der Gastronominnen und Gastronomen an dieser Ausbildung erfreut. «Der Wille, die Gäste in Sachen Bier kompetent zu beraten, ist sehr gross.» Und sie hofft, dass es in Zukunft viel mehr Restaurants gibt, welche in die Vielfalt ihrer Bierauswahl investieren werden.
(Daniela Oegerli)
Man nennt es auch Hefeweizen
Als Weizenbier oder Weissbier bezeichnet man Biere, die mit mindestens 50 Prozent Weizenmalz hergestellt werden. Hopfen wird jedoch eher sparsam eingesetzt. Weizenbier ist meist obergärig gebraut und enthält viel Kohlensäure, was es erfrischend macht. In der Nase stellt man oft Bananen-Aromen sowie einen Hauch von Gewürznelken fest. Weizenbier ist vor allem im Sommer beliebt. Die Herstellung von Bier mit Weizen erfolgte bereits vor Jahrtausenden in Babylon und Ägypten.
Wozu passt Weizenbier:
Weizenbier passt besonders gut zu scharfem Essen wie Curry. In München isst man Weisswürste und Brezel zum Weissbier.
Ein leichtes Bier mit viel Geschmack
Das Pale Ale ist ein helles bis kupferfarbenes und hopfenbetontes obergäriges Bier. Für Pale Ales verwendet man hellere Malzsorten und die Bitterkeit des Hopfens fällt kräftiger aus. Die süsslichen Noten des Malzes und der bittere Hopfen sind in dieser Biersorte ausgeglichen. Ausserdem hat ein Pale Ale Aromen von Harz sowie Zitrus- und Fruchtnoten. Diese Sorte ist beliebt, weil es ein angenehmes Bier ist, dass sich gut im Sommer oder als Essensbegleiter geniessen lässt.
Wozu passt Pale Ale:
Pale Ale lässt sich gut kombinieren und passt beispielsweise zu Grilladen, Hamburgern oder anderen herzhaften Speisen.
In der Schweiz sehr gern getrunken
Amberbier hat sich in der Schweiz als Bierstil etabliert. Die Bezeichnung bezieht sich auf seine Bernsteinfarbe. Diese Biere sind süsslich oder bitter, malzbetont, weisen Karamellnoten auf und sind oft untergärig. Geschmacklich dominieren beim Amberbier eine deutlich wahrnehmbare Malznote und ein leichtes, fruchtiges Aroma. Dieses wird von einem mehr oder weniger ausgeprägten Karamellton, unterschiedlich starker Hopfenbittere und variierender Süsse begleitet.
Wozu passt Amberbier:
Amberbier passt zu Gemüsesuppen, würzigen Gerichten, mildwürzigem Halbhartkäse, weissem Fisch, Hamburger, Poulet, Karamelldesserts.
Würziges Weissbier aus Belgien
Witbier oder belgisches Weissbier weist meist eine hellere Farbe als ein bayerisches Weizen auf. Diese ist auf den hohen Anteil an hellem Malz und ungemälztem Weizen zurückzuführen. Ausserdem wird Witbier nicht filtriert, was eine starke Trübung ergibt. Im Geschmack erkennt man Witbier an einem weichen Malz-Aroma und einer dominanten Weizennote. Manche Witbiere enthalten Hafer. Oft gibt man dem Sud Gewürze wie Koriander oder Orangen- und Zitronenschalen bei.
Wozu passt Witbier:
Witbier passt sehr gut zu Meeresfrüchten. Auch zu mildem Halbhartkäse, zu Weichkäse oder zu Geflügel passt dieses helle Bier sehr gut.
Eine belgische Bierspezialität
Abteibier ist ein in belgischen Klöstern hergestelltes obergäriges Bier. In Belgien gibt es etwa 70 verschiedene Abteibiermarken. Sie entstammen den jeweiligen Gemeinden. Andere sind Kirchen, Ruinen, Heiligen oder Heiligtümern gewidmet. Dabei bleibt die Abtei, sofern sie noch fortbesteht, Eigentümerin des Rezeptes und verleiht dem Bier seinen Namen. Sehr viele der Abteibiermarken werden heute von externen Brauereien unter Lizenz gebraut.
Wozu passt Abteibier:
Abteibiere sind oft fruchtig und leicht süsslich. Sie passen unter anderem zu Desserts oder Schmorgerichten sowie zu herzhaften Braten.
Die beliebteste Biersorte
Lagerbier ist ein Bier, das bei niedriger Temperatur gebraut und gelagert wird. Diese Biere können hell, bernsteinfarben oder dunkel sein. Helles Lagerbier ist die am häufigsten konsumierte Biersorte. Der Begriff «Lager» stammt aus dem Deutschen und bedeutet «Lagerung», da das Bier vor dem Trinken gelagert wird. Lagerbier braut man mit einer «untergärigen» Hefe, die bei relativ kalten Temperaturen gärt.
Wozu passt Lagerbier:
Lagerbier hat einen süsseren und eher weichen, malzigen Geschmack. Es sollte gekühlt bei etwa 5 Grad Celsius serviert werden. Es passt zu leichten Gerichten.
Dunkles und cremiges Bier
Stoutbier ist ein aus England und Irland stammendes, obergäriges Bier. Beim Ausschenken fällt es durch seine tiefbraune, beinahe schwarze Farbe auf, die zu seiner cremig-weissen Schaumkrone kontrastiert. Der Geschmack von Stoutbier erinnert an Kaffee oder dunkle Schokolade – passend zur typischen, dunkelbraunen Stout-Farbe. Um dieses Geschmacksprofil zu erzeugen, werden bei der Herstellung häufig Röstmalze und Röstgerste zusätzlich zu normalem Malz verwendet.
Wozu passt Stoutbier:
Stout sollte man gekühlt servieren. Es passt unter anderem zu süsslichem Gemüse wie Karotten, Randen, Pilzen oder Zwiebeln aus dem Ofen.
Das bittere und herbe Bier
Das India Pale Ale oder IPA unterscheidet sich durch seinen bitteren, herben Geschmack und den höheren Alkoholgehalt vom Pale Ale. IPA sind obergärige, sehr bittere Vollbiere mit starken Hopfenaromen. Diese Biere werden im Gär- oder Lagertank kaltgehopft. Das heisst, man gibt Hopfen in den Tank, um zusätzliche Aromen ins Bier zu bringen. Das IPA vertritt einen klassischen Bierstil der US-amerikanischen Craft-Bier-Bewegung und ist mittlerweile auch in Europa sehr beliebt.
Wozu passt India Pale Ale:
India Pale Ale passt gut zu würzigen und scharfen Speisen. Ausserdem ist die Kombination mit verschiedenen Käsesorten spannend.
Belgisches Sauerbier mit Kirschen
Das Wort Kriek ist flämisch und steht für Sauerkirschen. Für ein Kriekbier wird meist ein Sauerbier mit Sauerkirschen versetzt. Das ergibt ein fruchtiges Kirschbier, das zugleich sauer, süsslich und vor allem spritzig-erfrischend ist. Daher wird zum Ausgleich oft Süsse in Form von Zucker, Sirup oder anderen Süssstoffen ergänzt. Noch heute bevorzugen die Brauer die alte Kirschenart Schaarbeek aus der Nähe von Brüssel. Ein Kirschbier wird am besten gut gekühlt getrunken.
Wozu passt Kriekbier:
Kriekbier ist ein ideales Apérogetränk. Es passt aber auch zu Vanilleglace, Fruchtsalat, Früchtequark, Muffins oder Schokoladendessert.
Die Spezialität aus dem Holzfass
Fassgereiftes Bier ist ein einzigartiger Bierstil, der in den letzten Jahren immer beliebter geworden ist. Dieses Bier wird nach traditionellen Methoden gebraut und dann in Fässern gelagert. In diesen Fässern wurden zuvor beispielsweise Whisky, Bourbon, Wein oder sogar Rum oder Tequila gereift. Der Reifungsprozess in den Fässern fügt dem Bier neue Geschmacksrichtungen und Aromen hinzu und erschafft so einen einzigartigen und unverwechselbaren Geschmack.
Wozu passt fassgereiftes Bier:
Bei der Kombination mit fassgereiften Bieren kommt es darauf an, welche Aromen das Bier aufweist. Man sollte die Biere vorher degustieren.
Martina Trottmann, warum ist vor allem in der gehobenen Gastronomie die Auswahl an Bieren so klein?
Ich kann nur mutmassen: Zum einen könnte es daran liegen, dass Bier von den Gästen nach wie vor gegenüber dem Wein als «minderwertigeres» Getränk wahrgenommen wird. Zum anderen könnte es sein, dass sich die Restaurateure selbst gar nicht bewusst sind, dass Biere ebenso tolle Speisebegleiter sind wie Weine. Sie präsentieren diese oft unter ihrem Wert. Da Biere Kohlensäure aufweisen, eignen sie sich besonders gut als Begleiter zu gehaltvollen Speisen. Das frische Prickeln putzt den Gaumen nach jedem Schluck wieder blank und macht ihn bereit für den nächsten Bissen.
Wie geht man bei der Kombination von Bier und Speisen am besten vor?
Man sollte sich zuerst fragen, ob man nach einer Begleitung oder nach einem Kontrast sucht. Oder möchte man gewisse Komponenten der Speise hervorheben? Dabei hilft es, die Kombinationen vorher zu probieren. Möchte man ein ganzes Menü begleiten, ist es wichtig, auch beim Bier eine gewisse Steigerung an Geschmack, Intensität und Alkoholgehalt zu wählen.
Welches sind die grössten Stolpersteine beim Ausschank von Bier?
Beim Offenausschank ist es die Pflege der Schankanlage und das richtige Zapfen. Wenn ich sehe, wie der Zapfhahn mit einem Lappen abgewischt und beim nächsten Bier wieder ins Glas getaucht wird, dann «gruust» es mich schon ein wenig. Beim Flaschenbier ist es die richtige Lagerung. Es muss unbedingt vor Licht und Wärme geschützt werden.
Martina Trottmann hat im Jahr 2012 in München bei der Doemens Academy die Biersommelier-Ausbildung absolviert. Gleichzeitig war sie Geschäftsführerin in einem Braugasthof im ländlichen Aargau. Seit 2019 ist sie als Redaktorin bei der Coopzeitung im Ressort «Essen & Trinken» tätig.