Relais & Châteaux hat sich in 70 Jahren in der Schweiz etabliert. Ihr Präsident spricht über aktuelle Projekte.
Laurent Gardinier, eben erst besuchten Sie als Präsident der Vereinigung Relais & Châteaux die Schweiz. Wie nahmen Sie das Land und seine Hotellerie wahr?
Der erste Schweizer Betrieb wurde im Jahr 1975 Mitglied bei Relais & Châteaux. Das ist früh, wenn man bedenkt, dass die im Jahr 1954 in Frankreich gegründete Vereinigung erst Mitte der 1960er-Jahre zu expandieren begann. Aufgrund der führenden Hotelfachschulen spielt die Schweiz eine wichtige Rolle in der internationalen Hotellerie.
Trotz der kulturellen Nähe zu Frankreich gibt es in der Romandie weniger Mitglieder als in der Deutschschweiz. Wie erklären Sie sich das?
Die Gastronomie spielt eine wichtige Rolle bei Relais & Châteaux. Diesbezüglich haben sich in der Deutschschweiz, aber auch in Deutschland und Österreich, eigenständige Stilistiken etabliert. Das erklärt die Zunahme der Betriebe in diesen Regionen.
Schweizer Gäste sind nach den USA, Grossbritannien, Frankreich und Deutschland die fünftwichtigste Zielgruppe. Wie kommt es dazu?
Schweizerinnen und Schweizer haben eine hohe Kaufkraft und sie reisen gerne. Nicht nur ins Ausland. Die 24 Schweizer Betriebe empfangen auch zahlreiche heimische Gäste.
Sie setzen Schwerpunkte. Dazu gehören die Reduktion des ökologischen Fussabdrucks, der Erhalt der Vielfalt und die soziale Verantwortung. Wie weit sind Sie mit der Umsetzung?
An der Generalversammlung im November werden wir den Mitgliedern die Aktualisierung des Manifests aus dem Jahr 2014 präsentieren. Auch haben wir unser Analyseraster erneuert, das den Mitgliedern die Umsetzung der Grundsätze in die Praxis erleichtern soll.
Was hat sich verändert?
Generell wurden viele Punkte detaillierter ausgearbeitet. Was sich seit Corona grundlegend geändert hat, ist der Begriff Notfall. Zudem sind die Betriebe durch eine zunehmende Bedeutung der Regionalität noch besser in die Region eingebunden. Auch sind wir überzeugt, dass wir daran arbeiten müssen, den CO2-Fussabdruck zu reduzieren. Die Herausforderung besteht darin, möglichst wenige Abstriche beim Komfort für die Gäste zu machen.
Flüge und Übernachtungszahlen brechen alle Rekorde. Wie ist dies mit der angestrebten Nachhaltigkeit vereinbar?
Unsere Branche setzt Mobilität voraus. Wichtig ist, den Gästen zu kommunizieren, wie wir Nachhaltigkeit leben.
Unter dem Einfluss Ihres Vaters Xavier hat sich Ihre Familie für die Hotellerie und Gastronomie entschieden. Was gefällt Ihnen an diesem Beruf?
Ich schätze die Aufgabe, das Erbe weiterzuführen. Dabei geht es unter anderem darum, die Geschichte mit der Modernität zu verbinden. Auch die menschlichen Beziehungen und der Teamzusammenhalt stehen im Vordergrund, was für den Service sehr wichtig ist. Dann ist die Unternehmensführung mit wirtschaftlichen und technologischen Herausforderungen von entscheidender Bedeutung. Dieser Beruf ist spannend, herausfordernd und überraschend, und ich habe nie das Gefühl zu arbeiten.
Wird Relais & Châteaux weiterwachsen?
Wir erhalten rund 600 Beitrittsanträge pro Jahr. Doch Wachstum ist nicht das Ziel. Aktuell liegt unser Fokus auf Indien und China. Dort wollen wir die Marke Relais & Châteaux stärken.
(pcl/gab)
Laurent Gardinier ist seitJanuar 2023 Präsident von Relais & Châteaux. Mit seinen Brüdern ist er Eigentümer des Hotels Domaine Les Crayères in Reims und des Restaurants Le Taillevent in Paris. Er studierte Politikwissenschaften, Betriebswirtschaft und begeistert sich für Literatur, Geschichte und Philosophie.