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«Die Praxis soll mehr Gewicht erhalten»

Seit 100 Tagen ist Sabrina Camenzind Direktorin von Hotel & Gastro Formation Schweiz. Das neue Umfeld ist für sie inspirierend.

Sabrina Camenzind will die Innovation in der Branche fördern. (Daniela Oegerli)

Konnten Sie in der Gastronomie Platz nehmen?
Ja, ich fühle mich willkommen, und ich bin sehr gut angekommen. Die Menschen, welche in der Gastronomie und in der Hotellerie arbeiten, sind sehr herzlich. Sie gaben mir nie zu spüren, dass ich ursprünglich nicht aus der Branche bin.

Wie war die Einführung in Ihre neue Aufgabe?
Mein Vorgänger Max Züst hat mir das Gefühl vermittelt, was es heisst, Hotel & Gastro Formation Schweiz in Weggis/LU zu führen. Ich verstehe meine Aufgabe darin, die Wege für alle Beteiligten so zu bereiten, dass wir unseren Auftrag im Besten aller Sinne erfüllen können. 

Wie sind Sie von Ihrem Team aufgenommen worden?
Das Team ist motiviert und engagiert. Ich bin schon seit Jahren in der Bildungsbranche tätig und schätze das Umfeld sehr. Hier in Weggis potenzieren sich die positiven Eigenschaften der Bildung und der Gastronomie. Dieses Umfeld ist für mich sehr inspirierend.

Wie ist die Zusammenarbeit mit den Verbänden?
Die Verbände sind sehr gross und unglaublich aktiv. Sie sind in ihrer Ausprägung vollkommen unterschiedlich, und das gesamte Konstrukt ist äusserst vielschichtig. Daher ist die Zusammenarbeit mit den Verbänden anspruchsvoll. Auch hier spüre ich eine grosse Kooperationsbereitschaft und viel Engagement. Obwohl die Gastronomie und Hotellerie eine eher traditionsreiche Branche ist, herrscht Aufbruchstimmung. Der Vorstand von Hotel & Gastro Formation Schweiz hat sich Anfang Jahr neu formiert. Wir gestalten unsere Zusammenarbeit gerade neu.

Entspricht Ihre Aufgabe den Vorstellungen, die Sie vor dem Stellenantritt hatten?
Die Stelle als Direktorin von Hotel & Gastro Formation Schweiz bedeutet viel Arbeit und auch grosse Verantwortung. Ich gehe dies mit dem notwendigen Respekt, aber auch mit viel Schaffensfreude an. Als ich mich für diese Stelle beworben habe, war mir bewusst, dass ich mich mit dieser Aufgabe exponieren werde. Das muss man wollen und es auch aushalten. Ich habe einen grossen Rückhalt in meiner Familie.

Wie haben Sie sich auf diese Aufgabe vorbereitet?
Der Bewerbungsprozess begann bereits im vergangenen Juni, daher hatte ich Zeit, mich über die Branche zu informieren. Die Arbeitsstellen, die ich vor dieser hatte, sind in Sachen Komplexität, Intensität und Umfang durchaus vergleichbar.

Welche waren für Sie die wichtigsten Ereignisse in den letzten 100 Tagen?
Ich hatte viele wunderbare erste Begegnungen und konnte in alle Abteilungen Einblick nehmen. Die Hotel & Gastro Formation Schweiz übt eine vielschichtige Aufgabe aus, die sämtliche Stufen der Bildung umfasst. Es gibt viel zu tun, und ich freue mich, dass ich Teil der Weiterentwicklung der Organisation sein darf.

«Wir müssen den Wissenstransfer in der Branche neu organisieren.»
 

Zu welchen Erkenntnissen sind Sie in den letzten drei Monaten gelangt?
Mir wurde bewusst, wie gross die Hotellerie- und die Gastronomie-Branche wirklich ist. Alle sprechen meist nur vom Tourismus und blenden aus, wie wichtig die Gastronomie und Hotellerie für den Wirtschaftsstandort Schweiz ist. Ich habe eine grosse Hochachtung gegenüber der Arbeit der Gastgeberinnen und Gastgeber in den Restaurants und Hotels. Sie gehören mit zu den wichtigsten Botschafterinnen und Botschaftern unserer Gastfreundschaft. 

Was meinen Sie damit?
Die Menschen unserer Branche arbeiten oft dann, wenn die meisten anderen freihaben. Ohne diese Bereitschaft würden viele Annehmlichkeiten in der Freizeit fehlen oder gar unmöglich sein. Diese Tatsache sollte man mehr schätzen. Und unsere Branche dürfte ruhig ein wenig stolzer darauf sein.

Welche Aufgaben werden Sie in nächster Zeit beschäftigen?
Ich beschäftige mich damit, wie wir Innovation fördern können, ohne dass dies zu einem Verlust wertvoller Traditionen führt. Wie werden wir moderner, ohne unsere Werte zu verlieren?

Welche Herausforderungen sind in Zukunft die grössten für die Aus- und Weiterbildung in der Branche?
Ich denke, dass wir Wissen neu definieren müssen. Ich stelle in vielen Bereichen fest, dass man von der Theorie wegkommt und der Praxis mehr Gewicht gibt. Wir müssen die Menschen in der Branche dazu befähigen, ihr Wissen in jeder ihnen gestellten Aufgabe anzuwenden. So würde sich die Gastro- und Hotelbranche von anderen abheben.

(Daniela Oegerli)


Zur Person

Sabrina Camenzind war vor ihrem Engagement bei der Hotel & Gastro Formation unter anderem Schulleiterin in der höheren Berufsbildung und später Gesamtschulleiterin bei Wiss, einer Institution, die unter anderem die Grundbildungen in der Informatik durchführt. Die 51-Jährige ist ausgebildete Primarlehrerin, verheiratet und Mutter von 16-jährigen Zwillingen.

Mehr Informationen unter:

hotelgastro.ch