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Ein lautes Spektakel: die Hirschbrunft

Die Gastkolumne – diese Woche von: Dario Cadonau, Gastgeber, Relais & Châteaux in Lain Hotel Cadonau, Brail

Dario Cadonau, Gastgeber, Relais & Châteaux in Lain Hotel Cadonau, Brail. (ZVG)

Für mich, der sein Hotel inmitten des schweizerischen Nationalparks hat, ist die Herbstzeit die wohl schönste überhaupt. Die weissen Berggipfel, die goldenen Wälder, das klare Licht und die Beobachtungen des Wildes im Park zählen wortwörtlich zu den Höhepunkten des Herbstes. Vor kurzem war Hirschbrunft. Es ist die Begattungs- und Paarungszeit der grossen Hirscharten im schweizerischen Nationalpark. Ein wahrhaftiges Erlebnis. Weil diese Zeit so einzigartig ist und die Gäste das Spektakel lieben, habe ich während zwei Wochenenden im Herbst ein Hirschbrunft-Package im Angebot.

Früh geht’s los in Richtung Nationalpark. Mit einem Znüni im Rucksack und warmer Bekleidung, denn die Morgenstunden sind bereits sehr kühl. Die Paarungszeit des Rotwildes hängt von verschiedenen Faktoren ab. So spielen zum Beispiel die Höhe und geografische Lage eine entscheidende Rolle für den Beginn dieser ereignisreichen Zeit. Im Engadin kann ab September mit den eindrucksvollen Tönen der Rothirsche gerechnet werden. Mehrere Wochen kämpfen und buhlen die männlichen Tiere um die Gunst der Hirschkühe, auch jetzt im Oktober kann man noch einige röhrende Hirsche hören. Beim Rotwild suchen die Hirsche das Kahlwild (Rudel bestehend aus weiblichen Tieren) auf. Dafür ist ihnen keine Strecke zu lang. Schon Ende August trennen sich die älteren Hirsche, bedingt durch ihren früher einsetzenden Hormonzyklus, von den jüngeren und machen sich auf die Suche nach den meist ebenen Waldlichtungen, wo das weibliche Rotwild zu finden ist.

Als Platzhirsch wird der Hirsch bezeichnet, der sich gegen die anderen Konkurrenten durchsetzen konnte. Anfangs drohen sich die Hirsche durch wiederholte und in der Intensität immer häufiger werdende Brunftrufe. Stärkere Hirsche duellieren sich, indem sie erhobenen Hauptes nebeneinander hergehen, dabei werden alle Muskeln angespannt, um sich bei dem Kontrahenten möglichst grossen Respekt zu verschaffen. Wenn es auch jetzt zu keiner Entscheidung kommt, bestimmen die so genannten Kommentkämpfe den Sieger. Diese gelten als ritualisierte Kämpfe, bei denen die Verletzungsgefahr sehr gering ist. Auch wenn es immer wieder zu schmerzlichen Wunden, verursacht durch die spitzen Enden des Geweihs, auf dem Wildkörper der Hirsche kommen kann. Einige können so folgenschwer sein, dass die Tiere daran verenden. Ein weiteres Erkennungsmerkmal des Platzhirsches ist, dass er dafür Sorge trägt, dass das Kahlwildrudel zusammen bleibt. Entfernt sich eine Hirschkuh zu weit vom Brunftplatz, überholt er das Stück und treibt es zu dem Rudel zurück. Bewältigt der Platzhirsch all diese Aufgaben, darf er sich zum Ende der Brunft mit mehreren weiblichen Stücken paaren. Ein wirklich glücklicher Hirsch demnach.