Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

Gastgeber mit Spezialaufgaben

Gastgewerbler sind Machertypen. Sie wollen etwas bewegen und sich engagieren. Dies oft nicht nur innerhalb des eigenen Betriebs.

  • Das Albergo Losone in Losone/TI ist nicht nur ein mehrfach ausgezeichnetes Hotel. Es ist auch ein offizielles Konsulat und zwar das des Königreichs Norwegen. (ZVG)
  • «Ich weiss noch nicht wie und wann, aber ich komme bestimmt in die Hotellerie zurück.» Romy Biner-Hauser
  • «Das Kino tut dem Hotel gut. Wir können den Gästen damit einzigartige Erlebnisse bieten.» Hannes Ingold
  • «Ich bin für die Norwegische Botschaft in Bern
    das Fenster nach Italien.» Diego Glaus
  • Ich finde, als Unternehmer muss man auch etwas
    für die Allgemeinheit tun.» René-François Maeder

Es gibt ein englisches Sprichwort, das lautet: «Wenn du über eine Aufgabe reden willst, sprich mit einem Mann. Wenn du die Aufgabe erledigt haben willst, sprich mit einer Frau.» Das Wort Frau könnte man sehr gut durch das Wort Gastgewerbler oder Gastgeber ersetzen.

Mit ihrer praktischen, zupackenden Art, ihrer hohen Dienstleistungsbereitschaft, ihrer Flexibilität, ihrer Weltoffenheit und ihrem Einfallsreichtum bereichern viele Menschen aus dem Gastgewerbe nicht nur die eigenen Betriebe. Zum Beispiel unterstützen sie soziale Projekte oder stellen selber Wohltätigkeitsevents auf die Beine. Wie etwa die Gilde etablierter Schweizer Gastronomen mit ihrem Risotto-Essen.

Seit über 20 Jahren findet immer Anfang September der Gilde-Kochtag statt, an dem schweizweit Risotto für einen guten Zweck gekocht und verkauft wird. Einige Betriebe weiten diesen Tag sogar zu einer Wohltätigkeitswoche aus. Der Erlös aus diesem Engagement kommt jeweils der Schweizerischen Multiple Sklerose Gesellschaft zu.

Im Einsatz für Kultur, Tourismus und den Berufsnachwuchs

Etliche kulturelle und sportliche Veranstaltungen basieren auf der Initiative von Hoteliers, Wirten und ihren Mitarbeitenden. Sie bereichern und prägen so das Angebot in ihren Regionen und machen diese für Touristen, aber auch für Einheimische attraktiver. Ein Beispiel für eine solche kulturelle Initiative ist «Secret Gardens». Die Open-Air-Konzertreihe bereichert seit zwei Jahren das Sommerprogramm von Lenzerheide/GR. Initiant ist Urs Auchter, Wirt des Berggasthauses Crest’ota. Der Koch und Gastgeber ist dadurch im Nebenamt zum Konzertveranstalter geworden.

Wieder andere Gastgewerbler engagieren sich intensiv in der Vereins- und Verbandsarbeit. Sie sind aus Überzeugung und Liebe zum Beruf in der Nachwuchsförderung tätig: als Ausbildner, Mentoren, Coaches, Leiter Überbetriebliche Kurse (ÜK-Leiter) und Prüfungsexperten.

Mehr politisierende Gastgewerbler braucht das Land

Es gibt auch Gastgewerbler, die sich in die Politik wagen. So wie René-François Maeder, Gemeinderatspräsident von Kandersteg/BE, und Romy Biner-Hauser, Gemeindepräsidentin von Zermatt/VS (siehe Porträts rechts). Die Hotelfach­assistentin und PR-Fachfrau sowie der Hotelier sind nicht nur beide in der gleichen Partei: Die Mitte. Sie teilen auch die Ansicht, dass sich viel mehr Berufsleute aus dem Gastgewerbe in der Politik engagieren sollten. Und zwar auf lokaler, regionaler, kantonaler und nationaler Ebene.

Biner-Hauser und Maeder nennen, unabhängig voneinander, die Bauern als Beispiel. Dieser Berufsstand schafft es, seine Interessen auf dem politischen Parkett zu vertreten. Mit professioneller Lobbyarbeit und mit Landwirten, die bereit sind, politische Ämter zu übernehmen, sich zu exponieren und sich gegebenenfalls auch unbeliebt zu machen.

Das Argument vieler Gastgeber, es fehle ihnen die Zeit zum Politisieren, lässt René-François Maeder nicht gelten: «Auch die Bauern haben lange Arbeitstage, müssen ihre Tiere zu einer bestimmten Zeit füttern und oft abends oder am Wochenende arbeiten. Trotzdem sind sie politisch aktiver als wir Gastgewerbler.» Ob man sich Zeit freischaufle, um sich politisch zu engagieren, sei eine Frage der Organisation und des Willens. «Man muss ja nicht gleich ein Gemeindepräsidium übernehmen», räumt der Hotelier aus Kandersteg ein. Es sei schon ein guter erster Schritt, in einem Gremium wie beispielsweise im Schulrat mitzuwirken.

Klar trennen und sauber bleiben

Dass selbst ein Schulratsmandat nicht immer reibungslos mit dem Job als Hotelier einhergeht, weiss Hannes Ingold. «Es kann zu unangenehmen Situationen und Diskussionen kommen, wenn die Kinder der Angestellten genau in die Schule gehen, für die man als Schulrat verantwortlich ist.»

Alle drei, Biner-Hauser, Maeder und Ingold, sind sich einig: «Man muss die Rollen klar trennen, eine saubere Linie verfolgen und im Zweifelsfall in den Ausstand treten.»

(Riccarda Frei)


Gemeindepräsidentin
Romy Biner-Hauser

«Die Hotellerie ist meine Leidenschaft», sagt Romy Biner-Hauser. Trotzdem hat sie im Januar ihre Stelle als PR-Verantwortliche der Seiler Hotels AG aufgegeben. Die gelernte Hotelfachassistentin und PR-Fachfrau war fast 30 Jahre bei der Seiler Hotels AG tätig. Seit 2017 ist sie Gemeindepräsidentin von Zermatt/VS. Diesem Amt zuliebe hatte sie ihr Arbeitspensum in der Hotellerie in den letzten Jahren massiv reduziert, bevor sie sich entschloss, sich ganz den kommunalen Aufgaben zu widmen.

«Eigentlich ist das Gemein-epräsidium ein 50-Prozent-Pensum. Aber man hat so viel Arbeit, als wäre es eine Vollzeitstelle», sagt Romy Biner-Hauser. Das Muster «Mehr Arbeit als Zeit» kennt die Die-Mitte-Politikerin aus der Hotellerie. Das ist nicht die einzige Parallele, die sie sieht. «Hotel und Gemeindeverwaltung sind Dienstleistungsbetriebe. Wer hier arbeitet, muss flexibel sein und Menschen mögen.»

Rebellischer Teenager

Auf die Idee, sich politisch zu engagieren, kam die Walliserin früh. «Ich war ein rebellischer Teenager. Mein Vater sagte: ‹Wenn du etwas verändern willst, geh in die Politik›.» Romy Biner-Hauser befolgte den Rat und betreibt nun seit über dreizehn Jahren Kommunalpolitik. Die ersten acht Jahre als Gemeinderätin mit einer 100-Prozent-Anstellung in der Hotellerie. «Ich hatte sehr tolerante Arbeitgeber. Meine Arbeitszeit durfte ich so planen, dass ich an den Gemeinderatssitzungen teilnehmen und meine politischen Aufgaben wahrnehmen konnte.» Romy Biner-Hauser war auch vier Jahre im Walliser Kantonsparlament tätig. Aus der Hotellerie gewohnt zu entscheiden, zu handeln und anzupacken, merkte sie aber rasch, dass ihr die Exekutive mehr liegt.


Kinobetreiber
Hannes Ingold

Hannes Ingold ist Gastgeber im Hotel The Hide in Flims/GR und Betreiber des dortigen Kinos. Zudem war er bis vor kurzem Schulratspräsident in Trin/GR sowie Vorstandsmitglied des Schulbehördenverbands Graubünden. «Das Wichtigste sind gute Mitarbeitende, die Fähigkeit, delegieren zu können und gutes Zeitmanagement», antwortet Hannes Ingold auf die Frage, wie er das Pensum erfüllen konnte.

Ganz ohne Interessenskonflikte ging es nicht ab. «Ich musste jeweils klären, ob eine fragende Person von mir die Antwort des Hoteliers, des Kinobetreibers oder des Schulratspräsidenten hören wollte.» Wenn man ein öffentliches Amt bekleide, sei es wichtig, die Rollen klar zu trennen. Hannes Ingold nennt ein Beispiel: «Als Hotelier wäre es mir lieber, wenn die Frühlingsferien erst nach Ostern begännen. Die Eltern der Schulkinder könnten so über Ostern arbeiten. Als Schulpräsident musste ich mich im Interesse der Familien aber für Ferien über Ostern einsetzen.» In Situationen, in denen beide Rollen unvereinbar waren, sei er als Schulpräsident in Ausstand getreten.

Martini gerührt

Weniger scharf muss Hannes Ingold die Grenze zwischen seinen Rollen als Hotelier und Kinobetreiber ziehen. Im Gegenteil, hier dürfen Synergien genützt werden. Da er eine Partnerschaft mit dem Kino Rex in Thun pflegt, kann Ingold seinen Gästen die gleichen Filme zeigen, wie die Kinos in den Städten. «Am 28. September feiert der neue James Bond in Zürich Premiere. Schon zwei Tage später ist der Film auch bei uns zu sehen», freut sich Ingold. Als Highlight wird in der Lobby des The Hide ein Aston Martin ausgestellt und an der Bar gibt es den Martini gerührt, nicht geschüttelt.


Honorarkonsul
Diego Glaus

Vor vielen Jahren hatte Diego Glaus eine norwegische Freundin. Die Beziehung endete, die Liebe zu Norwegen hingegen besteht noch immer und wurde sogar vertieft. Seit fünf Jahren ist der Tessiner Hotelier nun bereits Honorarkonsul von Norwegen. Sein Haus, das Albergo Losone in Losone/TI, dürfte das einzige Hotel in der Schweiz sein, das auch ein rechtmässiges Konsulat ist.

«Wir dienen als Anlaufstelle für Schweizer, die nach Norwegen reisen oder auswandern wollen. Vor allem aber unterstützen wir Norweger, die im Tessin oder in Norditalien leben. Bis vor kurzem stellten wir auch Pässe aus», sagt Diego Glaus. Dass er als Hotelier in seiner Region gut vernetzt ist und die Gebräuche und Mentalitäten auf beiden Seiten des Monte Ceneri kennt, ist für seine ehrenamtliche Arbeit als Honorarkonsul ein grosser Vorteil.

Abgesehen vom Support, den die norwegischen Bürger im Albergo Losone erhalten, stellt das Hotel für sie auch ein Stück Heimat dar. So finden hier beispielsweise die Clubtreffen der norwegischen Gesellschaft Tessin sowie diverse norwegische Kulturanlässe statt. Der nächste Event ist für den 23. Oktober, um 18 Uhr, geplant. Es handelt sich um die Präsentation von Kenneth Blom, dem bekanntesten zeitgenössischen Maler Norwegens. Auch zum Abstimmen treffen sich die Norweger im Albergo Losone. Es ist ihr offizielles Wahllokal.

Ob Autounfall oder gestohlenes Portemonnaie – da es sich herumgesprochen hat, dass das Konsulat im Hotel sogar an Wochenenden erreichbar ist, wenden sich auch norwegische Touristen von ausserhalb der Schweiz an Diego Glaus, wenn sie ein Problem haben. «Meist geht es darum, dass wir übersetzen und vermitteln», sagt der Hotelier, der mittlerweile gut Norwegisch spricht.


Laienrichter
René-François Maeder

Er ist seit 45 Jahren Gastgeber im Waldhotel Doldenhorn und im Landgasthof Ruedihus, beide in Kandersteg/BE. Zudem hat René-François Maeder viel Erfahrung in der Lokalpolitik. «Ich war 21 Jahre lang Gemeinderat, Gemeindepräsident und Gemeinderatspräsident in Kandersteg. Nach einer zehnjährigen Politikpause bin ich seit Januar 2021 erneut der hiesige Gemeinderatspräsident.» Maeder erklärt mit einem Augenzwinkern: «In Kandersteg ist es so: Der Gemeindepräsident hat repräsentative Aufgaben – etwa so wie die Queen. Die Arbeit macht aber der Gemeinderatspräsident. Dieser leitet die Gemeindeverwaltung und ist daher also quasi der Premierminister.»

Nicht ohne die Familie

Bevor er erneut für das Gemeinderatspräsidium kandidierte, sprach sich René-François Maeder mit seiner Frau und seinem Sohn ab. «Ohne dass mir die Familie den Rücken freihält, ginge ein öffentliches Engagement in diesem Ausmass gar nicht. Zumal ich ja auch noch Laienrichter bin.» Je nach Fall entscheidet René-François Maeder mit einem oder drei weiteren Laienrichtern und jeweils einem Juristen über Unschuld, Schuld und Strafmass.

Als Hotelier ist Maeder den Umgang mit Menschen aus verschiedensten sozialen Schichten und Kulturen gewohnt. Das kommt ihm als Politiker und Laienrichter sehr zugute. Handkehrum profitiert der Hotelier von neuen Blickwinkeln, die ihm seine Nebenberufe bieten und ermöglichen, aber auch abverlangen. «Es ist wichtig, dass wir uns auch ausserhalb unserer Branche umsehen. Gerade was Arbeitszeitmodelle, Wertschätzung der Mitarbeitenden oder politisches Lobbying betrifft, können wir uns noch einiges abschauen.»


Es gibt viele Möglichkeiten, sich zu engagieren

Für den Beruf und den Berufsnachwuchs

Die einfachste und schnellste Möglichkeit, sich für seinen Beruf stark zu machen, ist die Mitgliedschaft in einem der fünf Berufsverbände der Hotel & Gastro Union. Allein schon durch das Einzahlen des Mitgliedsbeitrags unterstützt man verschiedenste berufspolitische Massnahmen. Wer zudem einen aktiven Beitrag zur Förderung der gastgewerblichen Berufe oder des Berufsnachwuchses leisten will, hat die Möglichkeit, in den Regionalverbänden der Hotel & Gastro Union oder in den Vorständen und Fachgruppen der Berufsverbände mitzuarbeiten oder sich als ÜK-Leiter/-in oder Prüfungsexperte/-expertin einzubringen. www.hotelgastrounion.ch

Öffentliche Ämter

Viele Gemeinden in der Schweiz haben Mühe, Mitglieder für den Gemeinderat, die Leitung der Bürgergemeinde sowie Mitglieder für den Kirchen- oder auch den Schulrat zu finden. Wer sich für ein solches oder anderes Amt interessiert, meldet sich am besten im Rat- respektive Gemeindehaus seines Wohnorts.Auch politische Parteien bieten Möglichkeiten, sich lokal, regional, kantonal oder national zu engagieren.

Soziales Engagement

Essen an Bedürftige ausliefern, ältere Menschen zum Arzt fahren, Flüchtlingen helfen, sich in der Schweiz zu integrieren, Kindern aus schwierigen Verhältnissen als Götti oder grosse Schwester beistehen, Nachbarschaftshilfe leisten, als Mentor Jugendliche bei der Lehrstellensuche unterstützen: Es gibt in der Schweiz unglaublich viele Möglichkeiten, sich sozial zu engagieren oder sich für Tiere und Natur einzusetzen. Benevol ist eine Vermittlungsplattform. Sie bringt Organisationen, die freiwillige Helfer suchen, und Menschen, die sich für andere einsetzen möchten, zusammen. Auch Hilfswerke wie das Rote Kreuz oder Caritas suchen engagierte Helfer. Wer lieber etwas für die Natur tun möchte, kann sich bei Pro Natura oder WWF Schweiz für Freiwilligenarbeit melden.


Informationen

www.benevol.ch
www.redcross.ch 
www.caritas.ch
www.pronatura.ch
www.wwf.ch