Wenn die Mitarbeitenden Gäste nicht mehr wiedersehen wollten, schrieben sie «Keine Ostergrüsse mehr» auf die Gästekarte.
Das Grand Hotel Waldhaus Vulpera/GR brannte 1989 aufgrund einer bis heute ungeklärten Brandstiftung ab. Gerettet werden konnte unter anderem die Gästekartei mit 20 000 Karten. Diese seltene Quelle erlaubt nicht nur einen Blick auf die Gäste, sondern auch auf die Perspektive jener, welche die Karteikarten geführt hatten. Concierge und Réceptionist ertrugen ungehobeltes Benehmen der illustren und zahlungskräftigen Gäste stoisch, notierten jedoch ihre Erfahrungen auf den Karteikarten. Gäste wurden diskret beobachtet, Telefonate belauscht, passendes und unpassendes Verhalten mit spitzer Feder kommentiert.
Der Fotograf und Künstler Lois Hechenblaikner konnte Rolf Zollinger, den letzten Direktor des Waldhauses, davon überzeugen, die Karten als Buch herauszugeben. Gemeinsam mit der Kul-turwissenschaftlerin Andrea Küh-bacher rekonstruierten sie die Atmosphäre des Grand Hotels. Andrea Kühbacher verfasste die einführenden Texte und recherchierte die biographischen Daten zu den Gästen sowie zum thematischen Umfeld, wobei sie auch geheime Codes entschlüsselte.