1969 betrat zum ersten Mal ein Mensch den Mond. Weltweit verfolgten Millionen den historischen Augenblick am Fernseher. Die Frisco in Goldach/SG zündete daraufhin eine eigene «Rakete».
Nicht nur die Mondlandung prägte das Jahr 1969. Im August desselben Jahres fand in den USA das legendäre Woodstock-Festival statt. In Frankreich übernahm Georges Pompidou das Amt des Staatspräsidenten. Das Zweite Deutsche Fernsehen ZDF strahlte die erste Hitparade aus. Bis zum Jahr 2000 sollten 368 Sendungen folgen. In der Schweiz prägten hingegen zwei grosse Unfälle die ersten Monate des Jahres. Nach kurzer Betriebszeit ereignete sich im Reaktor Lucens in Lucens/VD ein schwerer atomarer Zwischenfall. Bei Problemen mit dem Kühlsystem kam es zu einer partiellen Kernschmelze. Dann folgte das zweite Unglück. In der schweizerischen Sprengstofffabrik Dottikon, der «Pulveri», die heute als Ems-Dottikon firmiert, ereignete sich eines der grössten Explosionsunglücke der Schweiz. 18 Menschen verloren ihr Leben.
Was für ein Segen muss in dieser überschatteten Zeit die Erfindung der Raketen-Glace von Frisco gewesen sein. Aufgrund der ersten bemannten Mondlandung von Apollo 11 mit Neil Armstrong an Bord lancierte das Unternehmen, das mittlerweile zum britisch-schweizerischen Joint-Venture-Unternehmen Froneri in Goldach/SG gehört, die Wasserglace-Rakete.
Die Spuren der damaligen Frisco-Glacemanufaktur gehen auf das Jahr 1886 zurück. Damals wurde in Rorschach die Konservenfabrik Bernhard & Co. gegründet. 1916 übernahm der ehemalige Angestellte Etienne Perret die Anlagen. Weil es während des Zweiten Weltkriegs schwierig war, Rohstoffe für Konserven zu beschaffen, entschied die Geschäftsleitung, mit der Herstellung von Tiefkühlprodukten ein zweites Standbein aufzubauen. 1942 gründeten die Aktionäre die Frisco Kühlobst & Gemüse AG. 1960 brachte Frisco die erste Glace auf den Markt. In den 1960er- und 1970er-Jahren verdreifachte sich der Glaceabsatz. Dies auch dank der «Rakete».
Wer genau die zündende Idee für den Lutscher hatte, ist nicht überliefert. Unverkennbar aber ist der dreistufige Aufbau, der an die Saturn-V-Rakete Apollo 11 erinnert: Orange, Ananas und eine mit Schokolade umhüllte Spitze. «Die Grundrezeptur ist seit 50 Jahren dieselbe geblieben», erklärt Lisa Possiel von Froneri Schweiz. Allerdings wird seit über zehn Jahren auf künstliche Farbstoffe verzichtet.
«Die ‹Rakete› ist auch nach über 50 Jahren unsere meistverkaufte Glace», freut sich Lisa Possiel. Erhältlich ist sie einerseits im Detailhandel und an Kiosken, andererseits aber auch in Gastronomiebetrieben wie etwa in Badibeizen, Tankstellenshops und weiteren Restaurants. «Wir verkaufen viele Raketen-Glacen über unseren ‹Out of Home›-Kanal an die Gastronomie», ergänzt Lisa Possiel.
(Ruth Marending)