Die Kosten explodieren und die Gewinnmargen schmelzen wie Butter in der heissen Pfanne. Ist das Überwälzen der Kosten auf die Gäste die einzige Lösung?
Gemäss dem Produzenten- und Importpreisindex des Bundesamts für Statistik (BFS) vom 15. Juni 2022 sind Erdöl und Erdgas 156,8 Prozent teurer als im Vorjahr. Bei Fisch beträgt die Teuerung 8,5 Prozent, bei Fleisch 7,9 Prozent und bei Rohkaffee sogar 52,5 Prozent. Wegen des Ukraine-Krieges steigt auch der Preis für Weizen. Das ist nicht nur bei Brot und Backwaren, sondern auch bei Fleischalternativprodukten auf Weizenbasis zu spüren.
Unter dem Titel «Kostenexplosion im Griff?» hat die deutsche Fachzeitschrift für die Gemeinschaftsgastronomie «Gvpraxis» letzte Woche eine Online-Gesprächsrunde durchgeführt. Talkgäste waren Manfred Hofer, Geschäftsführer der Transgourmet GmbH, Silja Schrank-Steinberg, Gastgeberin Restaurant Hofbräukeller in München, sowie Ekkehart Lehmann, Gastronomieberater.
Hofer und Lehmann sind gelernte Köche, Schrank-Steinberg, Enkelin des legendären Wienerwald-Gründers Friedrich Jahn, führt zusätzlich zu ihrem Restaurant mit Biergarten während des Oktoberfests auch ein Zelt mit 10'000 Sitzplätzen.
Wie stark die Inflation das Gastgewerbe in Deutschland trifft, erklärt Manfred Hofer am Beispiel eines Schnitzel-Menüs. Alle Komponenten des «Schniposa»-Tellers sind heute zwischen drei bis über 250 Prozent teurer als noch vor zwölf Monaten.
Auch Silja Schrank-Steinberg hat mit der Teuerung zu kämpfen. Die Produktionskosten von Brezen, dem Verkaufsschlager im Biergarten, haben sich um 90 Prozent erhöht. «Über alle Produkte gesehen sind unsere Warenkosten im Schnitt um 23 Prozent gestiegen», sagt die Gastgeberin. Die Preise auf der Speisekarte wurden aber bloss um 7,3 Prozent erhöht. «Ich kann die Kosten nicht eins zu eins auf den Gast abwälzen, wenn ich ihn nicht verlieren will.» Die Unternehmerin hat deshalb im Betrieb nach Spar- und Optimierungsmöglichkeiten gesucht.
Um Frittieröl zu sparen, hat sie die Süsskartoffel-Pommes von der Karte genommen. «Da wir nicht mehr verschiedene Pommes frittieren, brauchen wir das Öl nicht mehr täglich zu wechseln, sondern nur noch alle eineinhalb bis zwei Tage.» Zudem wurden die Beilagen diverser Gerichte vereinheitlicht und die üppigen Portionengrössen etwas reduziert.
Silja Schrank-Steinberg ist überzeugt: «Es gibt in jedem Betrieb Potenzial für Anpassungen. Man muss sich nur trauen, mit alten Gewohnheiten zu brechen.» Die Wirtin weiss aber auch, dass sie spätestens im Herbst die Preise nochmals anheben muss. Alleine schon, weil die Backhendl fürs Oktoberfestgeschäft als Folge des gestiegenen Futterpreises, um 30 Prozent teurer sein werden als heute. Die Preise fürs Oktoberfest wird Silja Schrank-Steinberg frühestens im August berechnen, um die Warenkosten möglichst genau einschätzen zu können.
Damit ist sie ganz auf der Linie von Manfred Hofer und Ekkehart Lehmann. Beide plädieren dafür, Preise möglichst tagesaktuell zu kalkulieren und so auszuhandeln, dass Zulieferer wie auch Gastronom langfristig überleben können. «Die Teuerung ist noch gar nicht in ihrem ganzen Ausmass wahrnehmbar», warnt Hofer, «denn noch laufen Verträge, die zu tieferen Preisen ausgehandelt wurden.» Zulieferer, Wirtin und Berater sind sich einig, dass es jetzt wichtiger denn je ist, genau zu rechnen, gut hinzuschauen, bestehende Prozesse zu hinterfragen und enger mit regionalen Produzenten zusammenzuarbeiten.
Genau das macht Roni Merz, Gastronomie- und Bäckerei-Unternehmer in Chur/GR. Da er viele seiner Hauptrohstoffe seit Jahren aus Graubünden und anderen Kantonen bezieht, ist er in diesem Bereich vom aktuellen Preisanstieg nur teilweise betroffen. Anders sieht es bei der Energieversorgung aus. Weil nicht garantiert ist, dass im Winter genügend Erdgas zur Verfügung stehen wird, sucht Roni Merz derzeit nach Alternativen. Nicht in erster Linie um Geld zu sparen, sondern um den reibungslosen Betrieb der Backöfen zu sichern.
Was die Teuerung betrifft, sagt Roni Merz: «Preisschwankungen gehören zum unternehmerischen Risiko eines Betriebes.» Dennoch hat der Unternehmer bereits Anfang Jahr bei ausgewählten Artikeln die Preise angepasst. Ebenfalls angepasst hat er die Löhne seiner Mitarbeitenden. Per 1. Jan-uar hat er die Löhne um rund drei Prozent erhöht.
(Riccarda Frei)
«Wie stark bin ich von der Teuerung betroffen?» Diese Frage lässt sich mit dem individuellen LIK-Teuerungsrechner einfach beantworten.
Das Bundesamt für Statistik (BFS) gibt den Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) heraus. Dieser weist die Teuerung in der Schweizer Volkswirtschaft aus, nicht aber die Teuerung in bestimmten Haushalten. Haushalte ohne Auto sind logischerweise von steigenden Treibstoffpreisen kaum betroffen. Steigende Kaffee- und Tabakpreise wiederum können nichtrauchenden Teetrinkern ziemlich egal sein.
Um der Individualität Rechnung zu tragen, hat das BFS den LIK-Teuerungsrechner lanciert. Dieser ist online unter lik-app.bfs.admin.ch zu finden. Die Anwender und Anwenderinnen brauchen nur ihre monatlichen oder jährlichen Haushaltsausgaben in die aufgeschaltete Budgetvorlage einzutragen. Kurz darauf sehen sie in einer Grafik, in welchen Lebensbereichen sie wie stark von der Inflation betroffen sind und wie sie im Vergleich zum Schweizer Durchschnittshaushalt dastehen. Diese Erkenntnis hilft, Sparpotenziale zu erkennen.(rif)